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Baby Led Weaning – was ist das?

Baby Led Weaning (BLW) ist eine Form, wie man Beikost einführen kann und heißt frei übersetzt „vom Baby geleitete Entwöhnung“. Entwöhnung bezieht sich dabei auf Mutter- oder Flaschenmilch. Das Baby steuert also den Übergang von Milchmahlzeiten zur Familienkost weitgehend selbst. Es isst beim BLW vom Familientisch, was es kann und möchte, statt mit extra zubereitetem Brei gefüttert zu werden. Zusätzlich wird es gestillt oder bekommt die Flasche. Das Konzept gibt es etwa seit der Jahrtausendwende. Es stammt von der britischen Hebamme und Stillberaterin Gill Rapley.

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Wann kann das Baby mit BLW starten?

„Wir empfehlen die Beikosteinführung frühestens mit Beginn des fünften, spätestens mit Beginn siebten Monats“, erklärt Monika Cremer vom Netzwerk Gesund ins Leben, das zum Bundeszentrum für Ernährung gehört. Diese zeitliche Empfehlung gelte für die Beikost allgemein.

Die individuelle Entwicklung und Bereitschaft des Kindes geben den konkreten Zeitpunkt vor. Um selber feste Nahrung zu essen, muss das Baby motorisch etwas weiter sein, als wenn es mit Brei gefüttert wird: es muss das Essen greifen und halten, in den Mund stecken, kauen und schlucken können. Deshalb beginnt die Beikosteinführung nach dem Konzept Baby Led Weaning meist etwas später. Ob Brei oder feste Kost: „Wichtig ist, die Signale des Kindes wahrzunehmen und zu überlegen: Ist es bereit zu essen?“, betont die Expertin. Gute Anhaltspunkte geben die allgemeinen Beikost-Reifezeichen.

Typische Beikost-Reifezeichen

  • Das Baby kann den Kopf halten und mit etwas Hilfe aufrecht sitzen – beim Sitzen braucht es beim BLW etwas mehr Ausdauer als beim Brei essen.
  • Das Baby schiebt Nahrung nicht mehr mit der Zunge aus dem Mund.
  • Der Säugling kann sich Dinge in den Mund stecken.
  • Das Baby zeigt Interesse daran, was Eltern oder Geschwister essen.
  • Es öffnet den Mund, wenn der Löffel kommt.

Was müssen Eltern beim Baby Led Weaning beachten?

Wichtig ist eine ruhige und harmonische Atmosphäre am Familientisch, sagt Jule Michel, Beauftragte für Stillen und Ernährung des Deutschen Hebammenverbands. Sie betont: „Essen darf Spaß machen.“ Außerdem kommt es auf ein ausgewogenes und vielfältiges Angebot an Lebensmitteln an. Die sollte das Baby gut greifen und mit der Zunge zerdrücken können.

„Wer sich unsicher ist, kann sich bei den Fahrplänen zur Einführung von Breikost inspirieren lassen bezüglich geeigneter Lebensmittel und der Gewichtung der Nährstoffgruppen.“ Dort findet man auch Hinweise über die Mengen, die Babys in etwa essen. Und natürlich wird daneben weiter gestillt oder die Flasche gegeben. Egalob püriert oder stückig: Die Beikost ergänzt zunächst die Milchmahlzeiten und ersetzt sie nicht. „Gerade beim Baby Led Weaning nimmt das Kind erstmal wenig Energie über die Familienkost auf, deshalb bleiben die Still- oder Pre-Nahrungsmahlzeiten besonders wichtig.“

Des Weiteren sollte darauf geachtet werden, dass das Baby aufrecht sitzt. Und nie alleine essen lassen, sondern immer unter Kontrolle, um Verschlucken soweit es geht vorzubeugen.

Unbedingt beachten:

Einige Lebensmittel sind für Babys nicht geeignet. Dazu gehören: Honig und Ahornsirup, ganze Nüsse, Beeren, Trauben, Stücke von rohem, hartem Obst und Gemüse sowie Kirschen, rohe tierische Produkte, gesalzene oder gezuckerte Lebensmittel und scharfe Speisen.

Was sind die Vorteile des Baby Led Weaning?

Entscheidungen darüber, was und wieviel gegessen wird, liegen beim BLW stärker beim Kind. Das Baby kann Lebensmittel auf eigene Faust erkunden. Wer seinem Kind selbst Breimahlzeiten zubereitet, statt ihnen ein Gläschen zu geben, spart sich mit BLW zudem wahrscheinlich Zeit. Expertin Cremer betont, dass es egal ob beim Füttern von Brei oder beim BLW wichtig sei, auf die Hunger- und Sättigungssignale des Kindes achten. Das Kind entscheidet, wie viel es essen möchte. Das stärkt die Selbstregulationsfähigkeit und fördert ein gesundes Essverhalten.

Welche Risiken bestehen beim BLW?

Was als Vorteil des Konzepts gilt, kann gleichermaßen auch ein Nachteil sein: Wenn das Baby selbst entscheidet, was es isst, kann es sein, dass es von manchen Lebensmitteln zu wenig zu sich nimmt und demzufolge nicht ausreichend Nährstoffe bekommt. Im schlimmsten Fall droht eine Unterernährung.

Das Angebot an Lebensmitteln kann außerdem sehr unterschiedlich sein, da Familienkost in jeder Familie anders aussieht und auch schmeckt. Ungeeignet für Babys sind etwa zu fettige, salzige und süße Lebensmittel. Monika Cremer vom Netzwerk Gesund ins Leben rät Eltern, die die Beikost mit BLW beginnen wollen, das mit dem Kinderarzt oder der Kinderärztin zu besprechen und sich etwa zum Nährstoffbedarf beraten zu lassen.

Oft besteht auch die Sorge, dass Babys sich beim BLW leichter verschlucken. Die ist wohl unbegründet: „Studien haben gezeigt, dass Kinder beim Baby Led Weaning zwar etwas häufiger beim Essen würgen, aber sich nicht häufiger verschlucken“, sagt Jule Heike Michel und erklärt: Viele Kinder würgen am Anfang – egal, ob sie das Essen mit Brei oder mit festerer Nahrung lernen. „Würgen steht noch vor dem Verschlucken und schützt sogar davor.“

Ist eine Kombination aus Brei und fester Kost sinnvoll?

Eine Mischung aus Brei und fester Nahrung – diese Kombination gibt es wohl in vielen Familien ganz automatisch. Weil das Baby vielleicht nach dem Brei auch ein Stückchen Brot möchte. Oder an anderen Tagen gar nichts Festes zu sich nehmen mag. All das sei völlig okay, sagt Michel. „Wichtig ist, die Bedürfnisse des Kindes wahrzunehmen und auch zu schauen, was für die jeweilige Familie passt.“ Und wie es im Leben mit Kindern oft ist: Vorlieben und Abneigungen sind nichts für die Ewigkeit.


Quellen: