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Der Blutzucker ist wahrscheinlich einer von vielen Werten, um die man sich vor einer Schwangerschaft so gut wie keine Gedanken macht – sobald das Baby im Bauch wächst, jedoch umso mehr. Denn dann kann der Blutzuckerspiegel steigen. Das macht erst mal keine Beschwerden, zieht aber Risiken für Mutter und Kind nach sich. Seit 2012 ist daher das Screening auf Schwangerschaftsdiabetes mittels Glukosetoleranztest in Deutschland Kassenleistung.

Die Zahl der betroffenen Frauen steigt. Vor zehn Jahren bekamen laut Robert Koch-­Institut (RKI) rund 4,6 Prozent der Frauen, die im Krankenhaus entbunden hatten, die Diagnose Gestationsdiabetes – so lautet der medizinische Fachbegriff. 2021 waren es bereits 8,5 Prozent. In der Erhebung des RKI zeigen sich zudem regionale Unterschiede. So waren etwa in Mecklenburg-Vorpommern 2021 deutlich mehr Schwangere betroffen als im Bundesdurchschnitt, nämlich zehn Prozent.

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Risiken durch Diabetes

Das hat mehrere Ursachen: Zum einen sind viele Schwangere heute älter als früher. Mit dem Alter steigt das Risiko, einen Schwangerschaftsdiabetes zu entwickeln. Ein weiterer Grund ist das Gewicht – mehr Kilos auf der Waage ­bedeuten häufig auch einen höheren Blutzuckerspiegel. „Die Schwangeren werden wie die gesamte Bevölkerung immer übergewichtiger“, sagt Dr. Katharina Laubner, Oberärztin der Endokrinologie und Diabetologie am Universitätsklinikum Freiburg. Und weil dank des Screenings immer mehr Schwangere getestet werden, gibt es außerdem mehr Diagnosen als noch vor einigen Jahren.

Der sogenannte Glukosetoleranztest zwischen der 24. und 27. Schwangerschaftswoche ist wichtig – um Gestationsdiabetes entweder auszuschließen oder frühzeitig und gut zu behandeln. Dafür sollten Schwangere ein wenig Zeit mitbringen. In der Frauenarztpraxis gibt es ein großes Glas Wasser, in dem 50 Gramm Traubenzucker aufgelöst wurden, zu trinken. Nach einer Stunde wird Blut abgenommen und der Zuckerwert bestimmt. Liegt er über 200 Milligramm pro Deziliter (11,2 Millimol pro Liter), steht die Diagnose Schwangerschaftsdiabetes. Bei über 135 Milligramm pro Deziliter folgt ein weiterer Test, meist in einer diabetologischen Praxis. Unter ­diesem Grenzwert gibt es Entwarnung.

Medikamente nicht zwingend erforderlich

Die Behandlung während der Schwangerschaft ist individuell. Etwa eine von drei Frauen benötigt eine Behandlung mit dem Hormon ­Insulin, das den Blutzuckerspiegel senkt. Es muss täglich unter die Haut gespritzt werden. So lange, bis die Wehen einsetzen. Die meisten Frauen aber können ihre erhöhten Blutzuckerwerte auch ohne Spritzen senken, indem sie auf ihre Ernährung achten und sich mehr bewegen.

Das bedeutet zum Beispiel: Weißmehlprodukte, Fertiggerichte, Süßigkeiten und gesüßte ­Getränke meiden. Sie lassen den Blutzucker rasch ansteigen und fördern die Gewichtszunahme. Je höher der Body-Mass-Index (BMI) – also das Verhältnis von Körpergewicht zur Körpergröße im Quadrat – vor der Schwangerschaft ist, desto weniger Kilos sollten mit Baby im Bauch hinzukommen. Gut zu wissen: ­„Abnehmen wird in der Schwangerschaft nicht empfohlen“, sagt Prof. Dr. Sandra Hummel, leitende Wissenschaftlerin für den Forschungsbereich „Lifestyle, Übergewicht und epigenetische Prägung bei Typ-1- und Gestationsdiabetes“ am Helmholtz Zentrum München. Bei starker Gewichtszunahme aber auf jeden Fall mit der Ärztin oder dem Arzt sprechen.

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Neben der Ernährung wichtig: bewegen! So viel und so oft wie möglich. „Spaziergänge, Nordic Walking oder Schwimmen sind absolut empfehlenswert“, betont Diabetologin Katharina Laubner. Auf Leistungssport oder risikoreiche Sportarten sollten Schwangere dagegen besser verzichten. Mit zu hohen Blutzuckerwerten steigt das Risiko etwa für Frühgeburt oder Kaiserschnitt. Schwangere mit Gestationsdiabetes gelten daher als Risikoschwangere. Auch Geburtsverletzungen, wie etwa ein Dammriss, sind wahrscheinlicher. Das liegt zum ­Beispiel daran, dass die Babys der betroffenen Frauen meist schwerer sind. Auch empfehlen Mediziner bei Schwangerschaftsdiabetes häufig die Bauchgeburt – einen Kaiserschnitt.

Nach der Gebut gleich stillen

Ob eine vaginale Geburt dennoch möglich ist und wie es nach der Entbindung weitergeht, sollten betroffene Frauen frühzeitig in der ­Geburtsklinik besprechen. Spezialisiert auf Risikoschwangere und Frühgeburten sind Perinatalzentren der Versorgungsstufe 1 oder 2. Dort können Frauen mit Schwangerschaftsdiabetes und ihre Neugeborenen gut versorgt werden.

Kolostrum gewinnen vor der Geburt

Bei Schwangerschaftsdiabetes können die Babys nach der Geburt leicht unterzuckern und brauchen in den ersten 30 Minuten Nahrung. Am besten Kolostrum, die sogenannte erste Milch.

Wenn möglich, können betroffene Frauen ab der 37. Schwangerschaftswoche täglich Kolostrum ausstreichen, einfrieren und zur Entbindung mit in die Klinik bringen. Wichtig: Beraten lassen, etwa von der Hebamme oder Stillberaterin. Auch viele Geburtskliniken bieten eine Beratung zur Kolostrumgewinnung an.

Das ist auch deshalb wichtig, weil Babys von Müttern mit Diabetes nach der Geburt leichter unterzuckern und rasch Nahrung brauchen – am besten gleich Muttermilch. Häufig dauert es aber ein bisschen, bis das Stillen klappt. In manchen Fällen kann es daher sinnvoll sein, schon vor der Geburt die sogenannte erste Milch (Kolos­trum) auszustreichen und mit in die Klinik zu bringen (siehe Kasten). In der Regel reguliert sich der Blutzuckerspiegel des Babys in den ersten Lebenstagen. „Kinder von Müttern mit Gestationsdiabetes haben aber langfristig ein erhöhtes Risiko für Übergewicht, Typ-2-Diabetes und die damit ein-hergehenden Gefahren wie Herz-Kreislauf-Erkrankungen“, erklärt Sandra Hummel.

Das Gleiche gilt für die Mütter: Meist normalisieren sich die Blutzuckerwerte nach der Geburt, aber das Risiko für gesundheitliche Folgen bleibt erhöht. Laut der Leitlinie, nach der sich Ärztinnen und Ärzte bei der Behandlung von Gestationsdiabetes richten, entwickeln mehr als 35 Prozent der betroffenen Frauen in den ersten zehn Jahren nach der Geburt Diabetes Typ 2. Somit steigt auch ihr Risiko für Herzerkrankungen und Schlaganfall. Und die Gefahr ist größer, beim nächsten Kind wieder Schwangerschaftsdiabetes zu bekommen.

Diabetestest auch nach der Geburt

Deshalb ist die Nachsorgeuntersuchung so wichtig. Dafür wird der Blutzucker der Mutter sechs bis zwölf Wochen nach der Geburt mit einem weiteren Glukosetoleranztest überprüft. Dieser Test ist allerdings aufwändiger, die Frauen müssen dafür etwa zwei Stunden einplanen und nüchtern in die Praxis kommen. Laut dem Wissenschaftlichen Institut der niedergelassenen Diabetologen machen diesen Check aber nur 40 Prozent der ­betroffenen Frauen. Warum? „Wenn das Baby erst mal da ist, gerät der Schwangerschaftsdiabetes oft in Vergessenheit“, so Katharina Laubner. Sie sieht hier auch die niedergelassenen Gynäkologinnen und Gynäkologen in der Pflicht. Sie könnten mit ­Betroffenen noch vor der Geburt einen Termin zur Blutzuckerkontrolle danach vereinbaren. Auch Hebammen könnten daran erinnern oder die Geburtsklinik eine Information ins U-Heft der Kinder legen.

Sandra Hummel betont mit Blick auf die Gesundheit vor allem die Bedeutung des Stillens: „Es ist einer der wenigen Faktoren, von denen wir wissen, dass er einen schützenden Effekt hat, sowohl für die Mutter als auch für das Kind.“

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Quellen:

  • RKI: Prävalenz Gestationsdiabetes. https://diabsurv.rki.de/... (Abgerufen am 27.09.2023)
  • DDG, DGGG: S3-Leitlinie Gestationsdiabetes mellitus (GDM), Diagnostik, Therapie und Nachsorge 2. Auflage. https://register.awmf.org/... (Abgerufen am 27.09.2023)
  • Berufsverband der Frauenärzte: Schwangere mit Diabetes: Patientinneninformation klärt über vorgeburtliche Erstmilchgewinnung für Neugeborene auf. https://www.bvf.de/... (Abgerufen am 27.09.2023)
  • diabinfo Das Diabetesinformationsportal: Wie wird Schwangerschaftsdiabetes behandelt?. https://www.diabinfo.de/... (Abgerufen am 27.09.2023)
  • Bundeszentrale für politische Bildung: Übergewicht. https://www.bpb.de/... (Abgerufen am 27.09.2023)
  • destatis Statistisches Bundesamt: Zahl der Woche. https://www.destatis.de/... (Abgerufen am 27.09.2023)
  • winDiab: GestDiab – das Register zu Diabetes in der Schwangerschaft Machen Sie mit!. https://www.windiab.de/... (Abgerufen am 27.09.2023)
  • AOK: Schwangere in MV erkranken häufiger an Diabetes. https://www.aok.de/... (Abgerufen am 27.09.2023)