Logo der Apotheken Umschau

Manchmal haben es Babys so gar nicht eilig, auf die Welt zu kommen. Das muss nicht immer gleich ein Problem bedeuten. Deshalb gibt es von medizinischer Seite aus eine Art Stufenplan für diese Situation. Ab 40 Schwan­gerschafts­wochen (SSW) werden Mutter und Baby engmaschiger untersucht – ungefähr alle drei bis fünf Tage. Ab der 41. SSW kann eine Einleitung ange­boten, ab der 41. SSW und drei Tagen sollte sie empfohlen werden.

Warum wird die Geburt eingeleitet?

Ab der 42. SSW sprechen Fachleute von Übertragung. Dann wird den Eltern eine Einleitung dringend nahegelegt. So ergab eine Studie, dass sonst das Sterberisiko für das Kind steigt. Es kann zum Beispiel zu einer Fehlfunktion der Plazenta kommen, in der Folge wird das Ungeborene nicht mehr ausreichend versorgt.

Es gibt aber auch andere Gründe für eine Einleitung – Fälle, in denen das Kind unter Umständen auch vor dem errechneten Geburtstermin zur Welt gebracht werden muss. Etwa, wenn die Geburt 24 Stunden nach einem Blasensprung nicht beginnt und so das Infek­tionsrisiko steigt. Oder wenn die Mutter eine Bluthochdruckerkrankung hat. Manchmal wächst das Baby nicht mehr oder die Herztöne werden schlechter.

Komplikationen für Mutter und Kind abwenden

Eine Sache steht immer klar im Fokus, wenn die Geburt künstlich in Gang gebracht wird: Es geht darum, das Risiko für Komplikationen bei Mutter und Kind zu senken. Daher müssten immer die Vor- und Nachteile einer Einleitung abgewogen werden, erklärt Hebamme Manuela Rauer-Sell vom Deutschen Hebammenverband in Karlsruhe. Prinzipiell gelte: „Je länger die Schwangerschaftsdauer, desto reifer das Kind. Ein reif geborenes Kind kann sich gut an das Leben außerhalb der Gebärmutter anpassen.“ Allerdings: „Auch Wunscheinleitungen sind ab 39 Schwangerschaftswochen möglich. Studien haben gezeigt, dass das für die Gesundheit von Mutter und Kind nicht schlechter ist als Warten“, sagt Prof. Dr. Sven Kehl, Gynäkologe am Universitätsklinikum Erlangen. Er ist Koordinator der Behandlungsleitlinie zur Geburtseinleitung, die den aktuellen Wissen­sstand zusammenfasst und einordnet.

Viele Frauen fürchten eine Einleitung, etwa aus Sorge, dass ein Kaiserschnitt nötig wird. Kehl: „Eine große Studie mit mehr als 6000 Frauen hat aber gezeigt, dass eine Geburtseinleitung nicht häufiger zum Kaiserschnitt führt, sondern wohl möglicherweise sogar seltener.“ Die eine richtige Methode zur Einleitung gibt es nicht. Immer spielt die individuelle Situation von Mutter und Kind eine Rolle. Und jede Methode kann Nebenwirkungen haben, über die Ärztin oder der Arzt aufklärt.

Die Geburt eingeleiten – fünf Wege:

Eipol-Lösung

69398705_21eeb8f942.IRWUBPROD_A584.jpg

Bei diesem Verfahren wird der untere Teil der Fruchtblase von der Gebärmutter gelöst. Dazu führt die Gynäkologin oder die Hebamme einen oder zwei Finger durch den Gebärmutterhals bis zur Fruchtblase und löst diese mit einer Drehbewegung von der Gebärmutter. Das soll das Hormon Prostaglandin freisetzen, das dafür sorgt, dass der Muttermund weich wird und sich öffnet. „Manche Frauen berichten, dass sie die Eipollösung als unangenehm bis schmerzhaft empfunden haben“, so Hebamme Rauer-Sell. Laut der Behandlungsleitlinie kann dieses Verfahren Frauen als Möglichkeit zur Einleitung angeboten werden.

Öffnung der Fruchtblase

69398729_8023755787.IRWUBPROD_A584.jpg

Bei der sogenannten Amniotomie wird ein kleines Loch in die Fruchtblase gepikst, sodass das Fruchtwasser abgeht – das ist normalerweise der Startschuss für das Baby. Diese Methode ist laut Leitlinie aber nicht als alleinige Methode zur Einleitung der Geburt geeignet. „Die Fruchtblase wird nur dann geöffnet, wenn der Muttermund schon offen und man während der Geburt unter Zugzwang ist“, betont Kehl. Denn mit der Öffnung der Fruchtblase steigt das Infektionsrisiko.

Ballonkatheter

69398717_d06dc4e9ec.IRWUBPROD_A584.jpg

Ein Katheter wird eingeführt und mit Flüssigkeit gefüllt. Das übt Druck auf den Muttermund aus und soll dadurch Hormone freisetzen, die den Gebärmutterhals weicher machen und dafür sorgen, dass er sich öffnet. Laut Leitlinie kann der Katheter auch bei verschlossenem Muttermund eingesetzt werden. Nach einem Blasensprung sollte der Ballonkatheter allerdings wegen des möglichen Infektionsrisikos nicht zur Anwendung kommen.

Medikamente

Zur Geburtseinleitung stehen verschiedene Medikamente zur Verfügung. Sie werden je nach Mittel per Tropf in die Vene, als Tablette oder vaginal, zum Beispiel als Gel oder Zäpfchen verab­reicht. Zu möglichen Komp­likationen kann eine zu starke Wehentätigkeit gehören: Die Wehen kommen dann zu oft oder sind zu kräftig. In solchen Fällen kann ein wehenhemmendes Medikament gegeben werden.

Andere Verfahren

Eine berühmt-berüchtigte Methode ist ein Wehencocktail mit Rizinusöl. Sowohl Rauer-Sell als auch Kehl raten dringend ab: Er ist schwer zu dosieren und kann gefährlich sein. Rizinusöl wirkt abführend und regt auch die Gebärmutter an, sich zusammenzuziehen. Ist der Muttermund noch nicht geöffnet, besteht die Gefahr, dass die Geburt trotz heftiger Wehen nicht losgeht. Dass sich das Baby mit Sex, Spaziergängen, einem heißen Bad oder einer Fuß­massage locken ließe, ist wissenschaftlich nicht belegt.

50469533_90f2e56541.IRWUBPROD_5HRB.jpeg

Geburtsschmerz lindern: Die PDA

Wenn der Schmerz bei der Geburt nicht mehr auszuhalten ist, kommen verschiedene Methoden zur Linderung in Frage. Die wichtigsten im Überblick zum Artikel


Quellen:

  • Deutsche, Österreichische und Schweizerische Gesellschaft für Gynäkologie und Geburtshilfe: Geburtseinleitung. Leitlinie: 2020. (Abgerufen am 12.12.2023)

  • Schwarz C, Weiss E, Loytved C et al.: Fetale Mortalität bei Einlingen ab Termin – eine Analyse bundesdeutscher Perinataldaten 2004–2013. In: Zeitschrift für Geburtshilfe und Neonatologie 01.01.2015, 219: 81-86
  • Grobman WA, Rice MM, Reddy UM et al.: Labor Induction versus Expectant Management in Low-Risk Nulliparous Women. In: NEJM 09.08.2018, 379: 513-523
  • Institut für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen : Wenn die Geburt des Babys auf sich warten lässt. https://www.gesundheitsinformation.de/... (Abgerufen am 12.12.2023)
  • Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung: Geburtseinleitung und Wehenmittel. https://www.familienplanung.de/... (Abgerufen am 09.01.2024)