Welcher Brei-Typ ist mein Baby?
Babys Ernährung folgt laut Experten einem ausgeklügelten Plan. Lästig nur, wenn die Zwerge oft ihre eigenen Vorlieben entwickeln. Wie sie trotzdem satt werden

Wenn Ihr Kleines unkonzentriert ist, kann das Essen auch etwas länger dauern
Zwischen Theorie und Praxis liegen oft Welten. Das gilt auch für die offiziellen Empfehlungen zur Einführung von Beikost. Sie dienen Eltern als Orientierung und sollen das Essverhalten der Kinder von Anfang an in gesunde Bahnen lenken und damit auch helfen, Übergewicht vorzubeugen. So enthält der Fahrplan für die Beikost viel Obst und Gemüse, Getreide, Fleisch und idealerweise einmal pro Woche Fisch. Das Tempo der Beikost-Einführung richtet sich danach, ob das Kind die Zutaten gut verträgt und ob es das Angebotene auch essen mag.
Beikost ergänzt das Stillen
Das Baby wächst und wird mobiler. Die Muttermilch allein liefert dann nicht mehr genügend Energie und Nährstoffe. Vor allem Eisen wird über die Milch nicht mehr ausreichend zugeführt. Deshalb und um das Baby an das Essen der Großen heranzuführen, bekommt es ab einem gewissen Zeitpunkt Beikost. Nach und nach ersetzen drei Breimahlzeiten das Stillen oder das Fläschchen mittags, nachmittags und abends. Mutter- oder Säuglingsmilch gibt es weiterhin nach Bedarf morgens, zwischendurch und nachts.
Eins nach dem anderen gibt der Plan vor
Gestartet wird mittags mit Gemüsebrei, und zwar frühestens mit Beginn des fünften und spätestens mit Beginn des siebten Lebensmonats. Anfangs bieten Eltern nur eine neue Zutat pro Woche an, zum Beispiel erst Möhre. Eine Woche später kommt die Kartoffel dazu und nach einer weiteren Woche Fleisch. Alles gekocht und püriert. Dann können Eltern auch andere milde Gemüse wie Brokkoli, Pastinake, Zucchini, Fenchel, Kürbis, Süßkartoffel und Kohlrabi anbieten. Die frühere Empfehlung, verschiedene Gemüsesorten nur sehr langsam einzuführen, um Allergieentwicklungen gegen Nahrungsmittel vorzubeugen, ist widerlegt.
Ist die Mittagsmahlzeit etabliert, folgt nach einem Monat abends ein Milch-Getreide-Brei und wieder einen Monat später nachmittags ein Getreide-Obst-Brei. Ob Eltern den Brei selbst kochen oder industriell gefertigte Gläschen verwenden, ist Geschmackssache. Ab zehn Monaten können Kinder mit vom Familientisch essen.
In der Realität halten sich Babys selten an Pläne
So weit die Theorie. Doch oft klappt es nicht wie gewünscht, und das Baby lehnt den Brei ab, was manche Eltern zur Verzweiflung treibt. Besonders häufig trifft man auf drei Typen von Essens-Ausreißern: den Süßschlemmer, der am liebsten nur Obstbrei essen würde. Den Kaufaulen – er ernährt sich auch mit zehn Monaten fast ausschließlich von Milch. Und den Ungeduldigen, er überspringt die Breiphase und will am liebsten sofort am Familientisch mitessen. Prompt sorgen sich die Eltern, ob ihr Kleines genug oder das Richtige zu essen bekommt, beobachtet Ernährungswissenschaftlerin Maria Flothkötter aus Bonn. Sie rät Eltern, die Umstellung auf feste Kost entspannt anzugehen: "Lassen Sie sich und dem Kind Zeit. Beim Essen geht es nicht nur um Nahrungsaufnahme – es soll auch Spaß machen!"
"Gerade beim ersten Kind ist die Erwartungshaltung der Eltern sehr hoch", sagt Hebamme Sabine Drexl aus Beilngries bei Ingolstadt. Wer sonst keine Erfahrung mit Babys hat, vergleicht es mit anderen. Doch ein Baby wird nicht besser oder weiter entwickelt sein, wenn es früher isst als andere.
"Das eine ist eher neugierig und experimentierfreudig, während das andere vorsichtig ist und mehr Zeit braucht. Deshalb ist Essenlernen auch ein sehr individueller Prozess, bei dem jede Familie ihren eigenen Weg finden muss", bestätigt Kinderarzt Edwin Ackermann aus Tönisvorst. Er weiß es aus eigener Erfahrung. Seine beiden älteren Kinder hatten ein komplett gegensätzliches Essverhalten. Deshalb ermutigt er Eltern dazu, mehr ihrem Bauchgefühl und ihrem Kind zu vertrauen, und den Brei-Fahrplan nicht als Dogma zu betrachten, sondern als das, was er ist: eine Empfehlung.
Bevor das Essen in Ihrer Familie zum Problem wird, tauschen Sie sich mit Ihrem Kinder- und Jugendarzt oder Ihrer Hebamme aus. Sie kennen bestimmt eine Lösung.
Die Brei-Typen


Der Kaufaule
Mit Mühe und Not probiert das Baby ein paar Löffelchen Brei. Dann quengelt es so lange, bis Mama doch wieder stillt oder ein Fläschchen zubereitet. Daran trinkt sich das Kleine satt.
Ideen, die helfen können:
Stillfrequenz: "Wurde das Baby oft angelegt, ist es nur kleinere Portionen gewohnt und auch schneller satt", sagt Maria Flothkötter. Also lieber eine kurze Pause einlegen und dann noch einen Brei-Versuch starten.
Ruhe bitte: Manche Kinder lassen sich leicht ablenken und verunsichern. Den Brei am besten immer am selben Ort füttern und möglichst ohne Radio, TV und Smartphone.
Mama macht mal Pause: Auf Veränderungen reagiert so manches Baby irritiert. Von Mama gab es immer Brust oder Flasche? Das soll auch so bleiben. Für den Übergang kann es hilfreich sein, wenn Papa das Füttern mit dem Löffel übernimmt oder die Oma oder eine Freundin.
Selbst löffeln: Vielleicht mag Ihr Baby auch selbst einen Löffel in die Hand nehmen und ausprobieren, wie man damit isst, während Sie es füttern.
Vormachen: Verabreden Sie sich zum Breiessen mit anderen Müttern. Manchmal weckt die Gesellschaft anderer Kinder bei Tisch Babys Appetit.

Der Süßschlemmer
Die Vorliebe für Süßes ist angeboren. Leider ist aber der Gemüse-Kartoffel-Fleisch-Brei die wichtigste Mahlzeit, weil er Nährstoffe wie Eisen, Folsäure, Kalzium, Magnesium, Vitamin B und Omega-3-Fettsäuren liefert. Die kann der süße Obst-Getreide-Brei nicht bieten.
Ideen, die helfen können:
Durchhalten: Neue Lebensmittel müssen immer wieder angeboten werden, bis Babys sie akzeptieren. Zehn bis 15 Mal sind normal, Konsistenz und Geschmack sind ja neu für das Kind.
Gut beobachten: Manchmal liegt es gar nicht am Gemüse, sondern das Baby ist noch nicht so weit. Zeigt es gar kein Interesse am Essen oder hat sich der Zungenschiebereflex noch nicht zurückgebildet, geben Sie ihm noch ein bisschen Zeit. Das Baby muss sich erst daran gewöhnen, vom Löffel zu essen.
Der Süßtrick: Manche Eltern mischen eine kleine Portion Obst unter das Gemüse, damit es etwas milder schmeckt. Das sollte aber die Ausnahme bleiben.

Der Ungeduldige
Das Baby will schon mit sechs oder sieben Monaten am Familientisch mitessen. Geradezu typisch für Babys, die ihren älteren Geschwistern nacheifern.
Ideen, die helfen können:
Locker bleiben: Wenn das Kleine die Lebensmittel gut verträgt, kann es tatsächlich gleich am Familientisch mitessen. Sogar Butterbrot darf es probieren. Heute geht man davon aus, dass Vielfalt beim Essen vorteilhaft ist.
Ungewürzt: Salz und scharfe Gewürze sind während des Kochens erst einmal tabu. Stellen Sie Salz, Pfeffer und Gewürze mit auf den Tisch, damit sich die anderen ihr Essen selbst würzen.
Weich gekocht: Wichtig ist, dass Kartoffeln, Gemüse, Fleisch oder Nudeln weich genug sind und das Essen abgekühlt ist. So kann das Kleine Nudeln und Möhre leicht selbst essen ohne sich zu verschlucken.