Bach-Blüten: Harmonie für Körper und Geist?
Vor allem Schwangere und Mütter setzen gerne auf alternative Heilmethoden wie die Bach-Blütentherapie. Wie sie funktioniert und was Wissenschaftler daran kritisieren

Auch bei Kindern sollen die Bach-Blüten-Essenzen gegen Beschwerden helfen
Doldiger Milchstern, Gelbes Sonnenröschen, Tausendgüldenkraut – so wohlklingende Namen haben die Pflanzen, die Edward Bach für seine Blütentherapie verwendete. Der britische Arzt entwickelte die von Homöopathie und Psychoanalyse inspirierte Lehre Anfang des zwanzigsten Jahrhunderts. Die Bach-Blütentherapie geht davon aus, dass jeder Krankheit eine Störung des seelischen Gleichgewichts zugrunde liegt. Die Harmonie im Organismus können laut Bach Essenzen aus verschiedenen Pflanzen wiederherstellen, die jedoch nicht zu den Heilpflanzen zählen. Er fand 38 Mittel, die er in sieben Gruppen einteilte. Ihnen ordnete er folgende Gemütszustände zu: Depression, Angst, Interesselosigkeit, Einsamkeit, übertriebene Fürsorge, Überempfindlichkeit und Unsicherheit.
Bach-Blüten-Theorie: Schwingungen im Wasser
Die Pflanzenteile für seine Essenzen sammelte Bach zu festgelegten Tageszeiten an genau definierten Orten. Anschließend legte er sie in Quellwasser und stellte sie für eine bestimmte Zeit in Sonnenlicht oder kochte sie aus – je nachdem, ob es sich um die Blüten oder beispielsweise die Rinde der Pflanze handelte. Das Wasser nimmt nach Bachs Vorstellung dabei die Schwingungen der Pflanze auf. Nachdem er die Pflanzenteile aus dem Wasser entfernt hatte, konservierte er die Essenz mit Alkohol. Anschließend verdünnte er sie – ähnlich wie in der Homöopathie – stark mit Wasser. Nach diesem Prinzip werden die Bach-Blütenessenzen auch heute noch hergestellt. Vor ihrem Einsatz soll sie der Anwender dann sogar noch weiter mit Wasser und Alkohol verdünnen.
Weil bei der Bach-Blütentherapie kleine Mengen Alkohol aufgenommen werden, sollten Schwangere, Stillende sowie Mütter, die die Tropfen bei ihren Kindern einsetzen wollen, vorher einen Arzt konsultieren. "Schwangeren würde ich empfehlen, sich die Mischung in der Apotheke mit Essig konservieren zu lassen", rät Kinder- und Jugendärztin Dr. Helena Biermann-Franke. Als Alternative sind die Bach-Blüten jeweils auch als Globuli erhältlich.
Verschiedene Einsatzmöglichkeiten
Nach Bachs Theorie beeinflussen die Essenzen den Gemütszustand des Betroffenen und stellen die aus dem Gleichgewicht geratene seelische Harmonie wieder her. Ihr Einsatz kann drei verschiedene Ziele haben: Bei der präventiven Anwendung soll der Charakter generell gestärkt oder ausgeglichen werden. Liegen dagegen schon persönliche Krisen oder psychische Probleme vor, können die Mittel laut Bach helfen, diese zu beheben. Ist die seelische Harmonie wiederhergestellt, werden nach seiner Lehre außerdem die Selbstheilungskräfte des Körpers aktiv. Zur Behandlung von Krankheiten und psychischen Störungen sollte die Bach-Blütentherapie jedoch nur unterstützend zur konventionellen Medizin eingesetzt werden.
Die Kinder- und Jugendärztin Dr. Helena Biermann-Franke hat damit gute Erfahrungen gemacht. "Bach-Blüten helfen nicht bei jedem, aber gerade bei Kindern sind sie oft hilfreich", sagt sie. Vor allem gegen Ängste, Schlafstörungen oder emotionale Probleme hätten sich die Mittel in ihrer Praxis bewährt. "Ein Beispiel sind auch Affektkrämpfe bei Kleinkindern", sagt sie. Dabei schreit das Kind stark, hält die Luft an – oft, bis es ohnmächtig wird. Das sieht besorgniserregend aus, ist aber in der Regel nicht gefährlich.
Es gibt keine klassische Behandlungsmethode dagegen. Der behandelnde Arzt beruhigt die Eltern und weist sie darauf hin, aufzupassen, dass sich das Kind bei einem solchen Anfall nicht verletzt. Wird das Kind älter, werden die Krämpfe seltener und klingen irgendwann von selbst ab. "Mit einer Bach-Blütenbehandlung geht die Anzahl der Affektkrämpfe oft rascher zurück", so Biermann-Franke. Trotzdem ist sie der Ansicht: "Bach-Blüten sind keine Wundermittel – aber man kann sie zur Unterstützung einsetzen, insbesondere, wenn die Patienten sehr unter ihren Problemen leiden und es keine andere Behandlungsmethode gibt."
Die Mittel sind frei in der Apotheke erhältlich und können je nach Bedarf selbst zusammengestellt werden. "Wenn sie nicht wirken, muss es nicht immer an der Methode liegen, sondern kann auch in der Auswahl der Blüten begründet sein", sagt Biermann-Franke. Dann solle man sich an einen Experten wenden. "Als Betroffener hat man manchmal nicht den notwendigen Abstand, um die am besten passenden Blüten auszusuchen. Viele Mütter stellen dann fest, dass zu ihrem Kind ,fast alle Blüten' passen würden. Oft ist es außerdem notwendig und hilfreich, seine Einstellungen und sein Verhalten zu überdenken", erklärt sie. Zur Bach-Blütentherapie gehört daher eine ausführliche Beratung, in der Biermann-Franke mit den Eltern die Situation des Kindes insgesamt bespricht.
Zusätzlich zu den 38 Essenzen, die jeweils aus nur einer Pflanze gewonnen werden, gibt es die sogenannten Notfall-Tropfen. Sie bestehen aus fünf verschiedenen Pflanzen-Essenzen und sollen bei Unfällen vor Schock und Panik schützen sowie in Angst- und Stresssituationen entspannen. Auch bei Insektenstichen können sie eingesetzt werden. Vorsicht: Die Tropfen sind kein Ersatz für übliche Maßnahmen der Ersten Hilfe.
Die 38 Bach-Blüten und ihre Anwendungsgebiete:
1 Agrimony (Odermennig)
Negative Ausgangshaltung: "harmoniesüchtig", schiebt Sorgen und Probleme weg und versucht, dabei eine fröhliche Fassade aufrecht zu erhalten
Entwicklungsmöglichkeit: bessere Konfliktfähigkeit, Meinungsverschiedenheiten und Problemen einen angemesseneren Stellenwert einräumen
2 Aspen (Zitterpappel)
Negative Ausgangshaltung: unbegründete und nicht genau beschreibbare Ängste und Ahnungen
Entwicklungsmöglichkeit: bewussterer und realistischerer Umgang mit der eigenen Sensibilität
3 Beech (Rotbuche)
Negative Ausgangshaltung: überkritisch und kleinlich gegenüber anderen, dadurch verletzend und sich selbst isolierend
Entwicklungsmöglichkeit: tolerantere Einstellung, mehr Einfühlungsvermögen, akzeptieren, dass sich Menschen unterschiedlich verhalten
4 Centaury (Tausendgüldenkraut)
Negative Ausgangshaltung: Willensschwäche, Nachgiebigkeit und Selbstaufgabe für andere
Entwicklungsmöglichkeit: lernen, auf die eigenen Bedürfnisse Rücksicht zu nehmen, "Nein" zu sagen
5 Cerato (Bleiwurz)
Negative Ausgangshaltung: geringes Selbstvertrauen, ständiges Orientieren an anderen, auch gegen die eigene Überzeugung
Entwicklungsmöglichkeit: mehr auf sich selbst vertrauen und eigenständig Entscheidungen treffen
6 Cherry Plum (Kirschpflaume)
Negative Ausgangshaltung: ständige innere Anspannung, Angst vor einem plötzlichen Kontrollverlust oder einer Kurzschlusshandlung
Entwicklungsmöglichkeit: Gelassenheit und innere Entspannung, mehr Kraft und Mut
7 Chestnut Bud (Knospe der Rosskastanie)
Negative Ausgangshaltung: häufiges Wiederholen der gleichen Fehler, innere Hast und fehlendes Verarbeiten von Erfahrungen
Entwicklungsmöglichkeit: Erlebnisse besser verarbeiten, Schlüsse daraus ziehen und umsetzen
8 Chicory (Wegwarte)
Negative Ausgangshaltung: ungefragtes Einmischen in Angelegenheiten anderer und Erwarten von Dankbarkeit, besitzergreifendes Verhalten
Entwicklungsmöglichkeit: Zuwendung zu anderen mit gleichzeitigem Respektieren ihrer Wünsche
9 Clematis (Gemeine Waldrebe)
Negative Ausgangshaltung: unaufmerksames, abwesendes und antriebsloses Verhalten, Konzentrationsprobleme
Entwicklungsmöglichkeit: bewussteres Leben im Hier und Jetzt, verbesserte Fähigkeit, Ideen und Träume umzusetzen
10 Crab Apple (Holzapfel)
Negative Ausgangshaltung: "Ordnungsfimmel", überreagieren auf Unordnung, Gefühl, körperlich oder seelisch beschmutzt zu sein
Entwicklungsmöglichkeit: besserer Bezug zum Körper, andere Perspektive rückt die Zusammenhänge ins richtige Licht
11 Elm (Englische Ulme)
Negative Ausgangshaltung: plötzliches Zweifeln an seinen Fähigkeiten, Überforderung
Entwicklungsmöglichkeit: realistischere Sicht auf sich selbst und die Probleme
12 Gentian (Bitterer Enzian)
Negative Ausgangshaltung: pessimistische und zweifelnde Einstellung, teils sogar zelebrieren der mutlosen Haltung
Entwicklungsmöglichkeit: optimistischer in die Zukunft sehen, Existenz von Konflikten akzeptieren
13 Gorse (Stechginster)
Negative Ausgangshaltung: Hoffnungslosigkeit, Resignieren, innere Aufgabe – häufig aufgrund von chronischen Krankheiten
Entwicklungsmöglichkeit: die Situation rückt in ein neues Licht und eine hoffnungsvollere Perspektive entsteht
14 Heather (Heidekraut)
Negative Ausgangshaltung: Selbstbezogenheit, will ständig im Mittelpunkt stehen, spricht nur von sich, auf der Suche nach Zuwendung
Entwicklungsmöglichkeit: sich und seine Probleme weniger wichtig nehmen und sich besser in andere einfühlen können
15 Holly (Stechpalme)
Negative Ausgangshaltung: häufiges und oft grundloses Verletztsein, Neid, Misstrauen und Verdächtigen anderer
Entwicklungsmöglichkeit: nicht immer alles auf sich beziehen, sich zurücknehmen, anderen etwas gönnen
16 Honeysuckle (Geißblatt)
Negative Ausgangshaltung: lebt in der Vergangenheit, hat Probleme, sich von ihr zu lösen
Entwicklungsmöglichkeit: trotz Verbundenheit mit Vergangenem in der Gegenwart leben
17 Hornbeam (Hainbuche)
Negative Ausgangshaltung: morgendliches Gefühl der Überforderung mit den Aufgaben des Tages, obwohl sie dann doch bewältigt werden
Entwicklungsmöglichkeit: besserer Lebensrhythmus, mehr geistige Wachheit, Lust anzupacken
18 Impatiens (Springkraut)
Negative Ausgangshaltung: nervöse und ungeduldige Persönlichkeit, ständiges Antreiben
Entwicklungsmöglichkeit: geduldigeres und zurückhaltenderes Verhalten, mehr Verständnis für und Kooperation mit anderen
19 Larch (Europäische Lärche)
Negative Ausgangshaltung: fehlendes Selbstvertrauen, Minderwertigkeitsgefühle
Entwicklungsmöglichkeit: angemessenerer Umgang mit Rückschlägen, mehr Tatkraft und Selbstwertgefühl
20 Mimulus (Gefleckte Gauklerblume)
Negative Ausgangshaltung: viele Ängste vor alltäglichen Dingen, daher schüchtern und wenig aktiv sein
Entwicklungsmöglichkeit: besserer Umgang mit der eigenen Sensibilität, mehr Gelassenheit und Tatkraft
21 Mustard (Ackersenf)
Negative Ausgangshaltung: wiederkehrende plötzliche und grundlose Phasen von Traurigkeit und Bedrückung
Entwicklungsmöglichkeit: gefestigtere und stabilere Persönlichkeit, mehr Heiterkeit und Zuversicht – auch in negativen Phasen
22 Oak (Eiche)
Negative Ausgangshaltung: starkes Pflichtbewusstsein, Durchhalten trotz Erschöpfung und Kraftlosigkeit
Entwicklungsmöglichkeit: mehr Kraft und Stärke, aber auch die eigenen Bedürfnisse und die persönliche Leistungsgrenze erkennen lernen
23 Olive (Ölbaum)
Negative Ausgangshaltung: völlige Erschöpfung, oft aufgrund starker Überforderung, Drang danach, nichts mehr tun zu müssen
Entwicklungsmöglichkeit: Erholung und neue Kraft, lernen, die Energiereserven besser einzuteilen
24 Pine (Gemeine Kiefer)
Negative Ausgangshaltung: ständige Schuldgefühle und Vorwürfe gegenüber sich selbst, fortwährendes Entschuldigen bei anderen
Entwicklungsmöglichkeit: realistischere Sicht auf Verantwortlichkeiten, Fehler zugeben, ohne sich selbst schlechtzumachen
25 Red Chestnut (Rote Kastanie)
Negative Ausgangshaltung: übermäßige Sorge um andere, dabei sich selbst vernachlässigen, starke Verbundenheit mit einer anderen Person
Entwicklungsmöglichkeit: lernen, auch auf sich selbst zu schauen und sich von anderen besser abzugrenzen
26 Rock Rose (Gelbes Sonnenröschen)
Negative Ausgangshaltung: häufig auftretende und auch durch geringfügige Anlässe ausgelöste Panikattacken
Entwicklungsmöglichkeit: besserer Umgang mit Krisen und mit der eigenen geringen nervlichen Belastbarkeit, mehr Gelassenheit
27 Rock Water (Felsquellwasser)
Negative Ausgangshaltung: Perfektionismus und hohe Selbstdisziplin, ungeachtet der persönlichen Grundbedürfnisse wie Essen und Schlafen
Entwicklungsmöglichkeit: Berücksichtigung der eigenen Bedürfnisse, geringere Fixierung auf Aufgaben, realistischere Ansprüche an sich selbst
28 Scleranthus (Einjähriger Knäuel)
Negative Ausgangshaltung: Unausgeglichenheit, launische und sprunghafte Persönlichkeit
Entwicklungsmöglichkeit: ausgeglichenere Grundhaltung, mehr Sicherheit und Entscheidungsfreude
29 Star of Bethlehem (Doldiger Milchstern)
Negative Ausgangshaltung: ein Schock wurde noch nicht verarbeitet und bedrückt den Betroffenen noch immer
Entwicklungsmöglichkeit: mehr Kraft, das Erlebnis kann besser verarbeitet werden
30 Sweet Chestnut (Esskastanie)
Negative Ausgangshaltung: Verzweiflung und Ausweglosigkeit aufgrund einer stark überfordernden Situation
Entwicklungsmöglichkeit: neue Zuversicht und Hoffnung, Ausweg aus der belastenden Situation
31 Vervain (Eisenkraut)
Negative Ausgangshaltung: übertriebenes Engagement, Fanatismus, andere werden überrollt, man selbst überlastet sich
Entwicklungsmöglichkeit: Einsatz in vernünftigerem Maß, weniger verbissen, lernen, Kräfte ökonomischer einzuteilen
32 Vine (Weinrebe)
Negative Ausgangshaltung: starke Dominanz, unbedingter Wille, sich durchzusetzen, Probleme mit Autoritäten
Entwicklungsmöglichkeit: gesünderer Umgang mit Autorität und Ehrgeiz, mehr Rücksichtnahme und Vertrauen in andere
33 Walnut (Walnuss)
Negative Ausgangshaltung: erhöhte Sensibilität und Verunsicherung in Zeiten eines persönlichen Umbruchs oder Neubeginns
Entwicklungsmöglichkeit: lernen, sich selbst treu zu bleiben und seinen Weg selbstbewusst zu verfolgen
34 Water Violet (Wasserfeder)
Negative Ausgangshaltung: Isolieren von der Umwelt, macht Dinge nur mit sich selbst aus, hat Probleme, Verantwortung abzugeben, wirkt arrogant
Entwicklungsmöglichkeit: mehr Aufgeschlossenheit und Vertrauen gegenüber anderen
35 White Chestnut (Rosskastanie)
Negative Ausgangshaltung: unaufhörliches Gedankenkreisen, Grübeln über bestimmte Situationen
Entwicklungsmöglichkeit: Wiedererlangen der inneren Ruhe, geordnetere und zielgerichtetere Gedanken
36 Wild Oat (Waldtrespe)
Negative Ausgangshaltung: Unzufriedenheit mit dem Leben, Gefühl der Ziel- und Sinnlosigkeit oder Überforderung durch die vielen Möglichkeiten
Entwicklungsmöglichkeit: sein Potential einschätzen lernen, ein Ziel finden und mit vollem Einsatz darauf hinarbeiten
37 Wild Rose (Heckenrose)
Negative Ausgangshaltung: Teilnahmslosigkeit, Resignation und Schicksalsergebenheit, obwohl die Situation nicht ausweglos ist
Entwicklungsmöglichkeit: Neue Motivation, Tatkraft und Lebensfreude
38 Willow (Gelbe Weide)
Negative Ausgangshaltung: Machtlosigkeit, Verbitterung, Gefühl, dem Schicksal ausgeliefert zu sein, Neid gegenüber "vom Schicksal begünstigter"
Entwicklungsmöglichkeit: erkennen der eigenen Verantwortung für sein Leben und der Möglichkeit, sein Schicksal zu lenken
Kritik: Gesunde brauchen nichts einzunehmen
"Dass Bach-Blüten und andere alternative Heilmittel so beliebt sind, liegt daran, dass sie im Ruf stehen, natürlich zu sein und keine Nebenwirkungen zu haben", sagt Prof. Edzard Ernst, der als Arzt früher selbst Patienten homöopathisch behandelt hat und 1993 von der Peninsula Medical School zum weltweit ersten Professor für Komplementärmedizin berufen wurde. Doch ihr Nutzen ist laut Ernst fraglich: "Alle aussagekräftigen Studien haben gezeigt, dass es keine Wirksamkeit gibt."
Unter einer aussagekräftigen Studie versteht er eine sogenannte randomisierte kontrollierte Studie, bei der die Teilnehmer per Zufallsprinzip verschiedenen Gruppen zugeordnet werden: zum Beispiel nimmt die eine Gruppe das Mittel ein, das getestet werden soll und die Vergleichsgruppe nimmt entweder ein Mittel mit bekannter Wirksamkeit oder ein Scheinmedikament (Placebo) ein. Bei Bach-Blüten konnte in solchen Studien bisher nur ein sogenannter Placebo-Effekt nachgewiesen werden: Das Mittel ist so wirksam, wie ein Präparat, dass keinen Wirkstoff enthält. Im Vergleich zu Patienten, die gar nicht behandelt werden tritt bei einer solchen Scheinbehandlung ein messbarer, wenn auch vergleichsweise geringer, Effekt ein.
Dem Patienten die Wahrheit sagen
Ernst und sein Team haben viele Studien zu Bach-Blüten geprüft und einige selbst verfasst. Er hält die Mittel für wirkungslos – und unter Umständen für problematisch: "Wenn sie bei ernsten Erkrankungen eingesetzt werden, bleiben diese vielleicht unbehandelt", sagt er. Doch was spricht dagegen, die Mittel zum Beispiel bei Unwohlsein oder Stress anzuwenden? "Wenn jemand Symptome hat, kann man die auch regulär behandeln.", sagt Ernst. "In anderen Fällen braucht man nichts einzunehmen." Baue man als Arzt auf den Placebo-Effekt, müsse man seinen Patienten über die Wirksamkeit des Medikaments belügen. "Dem Patienten die Wahrheit zu sagen, gehört aber zu ärztlichen Ethik", so Ernst.
Wie viele andere ist Ernst jedoch der Meinung, dass die konventionelle Medizin einiges von den sehr beliebten alternativen Heilmethoden lernen kann. Denn in konventionellen Therapieformen kommt die therapeutische Beziehung oft zu kurz. Sie ist jedoch sehr wichtig für den Behandlungserfolg. Diese Beziehung intensiv aufzubauen ist ein essentieller Bestandteil der meisten alternativen Heilmethoden – und damit einer der Gründe dafür, dass viele sie als hilfreich empfinden. "Da kann sich die konventionelle Medizin noch eine Scheibe abschneiden", sagt Ernst.