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Heidrun Neff liebt ihre Pfingstrosen: „Sie sind bestimmt schon 15 Jahre alt. Jedes Jahr blühen sie wieder, wunderschön.“ Vom Frühling bis in den Herbst hinein ist die 57-jährige Sachbearbeiterin jeden Tag in ihrem Garten im schwäbischen Heidenheim: „Da gibt es immer etwas zu tun: Laub zusammenrechen, Gemüse einpflanzen und nach den Blumen gucken.“ Mit ihrem Hobby ist Neff nicht alleine. Umfragen zufolge werkeln mehr als acht Millionen Menschen in Deutschland mehrmals wöchentlich im Garten.

Wie wirkt sich Gärtnern auf die Gesundheit aus?

Wenn es nach Dr. Stephan Kress geht, dürften sich ruhig noch mehr Menschen im Garten betätigen. „Gartenarbeit ist etwas sehr Gesundes“, sagt der Internist und Diabetologe, der das Diabeteszen­trum am Vinzentius-Krankenhaus in Landau leitet. Studien belegen, dass Menschen, die gärtnern, im Durchschnitt zufriedener sind. Die Arbeit im Grünen kann die Stimmung verbessern, Stress lindern und sogar gegen Depressionen und Ängste helfen.

„Ein Garten ist wie eine eigene kleine Welt, die einen die großen Probleme mal vergessen lässt“, erklärt Kress. Zudem erlebe man die Jahreszeiten viel bewusster. So geht es auch Heidrun Neff, bei der vor vier Jahren Typ-2-Diabetes festgestellt wurde. „Die Arbeit im Garten entschleunigt. Man denkt an etwas anderes und freut sich am Erfolg“, sagt sie. In ihrem Garten baut sie unter anderem Tomaten, Bohnen, Paprika und Mais an. „Das schmeckt total super und man kann sich auch mal spontan einen Salat machen“, erzählt sie. So gelingt es ihr leichter, sich gesund zu ernähren.

Wie beinflusst Gärtnern den Blutzucker?

Auch die Extra-Portion Bewegung beim Gärtnern tut der Gesundheit gut. „Gartenarbeit ist eine wechselvolle Tätigkeit mit Bewegungen, die sehr intensiv sein können“, sagt Kress. Er ist Vorsitzender der Arbeitsgruppe „Diabetes, Sport und Bewegung“ bei der Deutschen Diabetes Gesellschaft.

Umgraben, die Hecke schneiden, Unkraut jäten — das ist ganz schön anstrengend. Kein Wunder, dass da bei vielen Hobbygärtnerinnen und -gärtnern die Pfunde purzeln. Das hilft, Diabetes vorzubeugen — beziehungsweise ihn in den Griff zu bekommen.

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Gesund Gärtnern: So geht‘s

Jetzt ist draußen richtig viel zu tun. Wir haben die wichtigsten Tipps, um dabei das Verletzungsrisiko zu minimieren. zum Artikel

Plus: Bei der Gartenarbeit werden viele unterschiedliche Muskelgruppen trainiert. Menschen, die sich Insulin spritzen und bei denen die Gefahr einer Unterzuckerung besteht, empfiehlt Kress, vorher ihren Blutzucker zu checken. „Idealerweise liegt er zwischen 140 und 180 mg/dl (7,8—10 mmol/mol). Dann hat man Puffer nach unten und nach oben“, sagt der Diabetologe. Bevor man zu Gartenschere und Harke greift, sollte man außerdem grob überlegen: Wie lange möchte ich im Garten arbeiten? Und: Was gibt es zu tun? Ob man intensiv umgräbt oder hier und da Verblühtes abzwickt, kann für den Blutzucker nämlich durchaus einen Unterschied machen.

Wie oft eine Pause einlegen?

Damit man vor lauter Werkeln nicht die Zeit vergisst, empfiehlt Yvonne Häusler, Diabetesberaterin (DDG) aus Berlin, sich alle zwei Stunden einen Wecker oder den Timer auf dem Handy zu stellen und gegebenenfalls den Blutzucker zu messen: „Vielleicht darf ich mir dann ja einen Keks oder ein Stück Obst gönnen?“ Letzteres wächst womöglich ohnehin im Garten.

Von den eigenen Bäumen und Sträuchern naschen und dabei das bisherige Werk betrachten: „Es ist wichtig, dass man nicht nur arbeitet, sondern zwischendurch auch genießt“, sagt Kress. Heidrun Neff liebt es, auf ihrer Terrasse zu sitzen und zu bewundern, was im Garten alles grünt und blüht. Pausen sollte man außerdem nutzen, um zu trinken – insbesondere im Sommer, wenn man viel schwitzt.

Wie schützt man sich vor zu viel Sonne?

Vorsicht ist auch vor zu viel Sonne geboten. Pralle Mittagshitze sollte man im Sommer meiden und anstrengende Arbeiten besser früh am Morgen oder abends durchführen. Um einen Sonnenbrand oder -stich zu vermeiden, empfiehlt Häusler, stets einen Hut und lange, luftige Kleidung zu tragen. „Was nicht bedeckt ist, muss man gut eincremen“, fährt sie fort. Je nach Hauttyp rät sie zu Sonnencreme mit Lichtschutzfaktor 30 bis 50 (regelmäßig nachcremen!).

Welche Kleidung eignet sich am besten?

Hat ein langjähriger Diabetes die Nerven geschädigt, spürt man Hitze, Kälte oder auch Verletzungen vielleicht nicht mehr so gut. Zudem heilen Wunden bei Menschen mit Diabetes oft schlechter. Sie müssen also besonders gut auf sich achten – und auf die richtige Ausrüstung: Feste Gartenhandschuhe schützen, vor allem, wenn es Stachliges zu schneiden gibt.

Heidrun Neff, 57, liebt ihren Garten. Er hilft ihr auch, den Blutzucker stabil zu halten.

Heidrun Neff, 57, liebt ihren Garten. Er hilft ihr auch, den Blutzucker stabil zu halten.

Welche Schuhe eignen sich am besten fürs Gärtnern?

Gutes Schuhwerk ist bei der Gartenarbeit unverzichtbar. Wander- oder spezielle Arbeitsschuhe seien gut geeignet, sagt Häusler, die auch als Wundassistentin arbeitet. Am Klinikum Berlin Mitte hat sie schon einige behandelt, die sich — etwa mit dem Spaten — am Fuß verletzt haben: „Wichtig ist, dass die Schuhe geschlossen sind und eine feste Sohle haben.“ Sandalen seien tabu, insbesondere wenn Nerven und Gefäße bereits geschädigt sind. Steinchen oder kleine Äste könnten zwischen die Zehen geraten und scheuern. Damit man auch an einem langen Gartentag keine Druckstellen oder Blasen bekommt, müssen die Schuhe gut passen. Expertin Häusler empfiehlt, sich am Abend die Füße genau anzuschauen — und den Körper auf Zecken abzusuchen.

Hobbygärtnerin Heidrun Neff stellt sich am Ende des Tages gerne unter ihre Gartendusche, inmitten von Grün: „Das tut so gut, wenn man verschwitzt und müde ist.“

Gärtnern auch ohne eigenen Garten?

Gemeinschaftsgärten in städtischen Regionen bringen Menschen mit dem gleichen Hobby in Kontakt. Übersicht und Adressen finden Sie hier.

Schrebergärten sind nicht spießig, sondern in! Darum ist es gar nicht so leicht, eine Parzelle zu bekommen. Schauen Sie trotzdem beim örtlichen Kleingartenverein vorbei. Manche haben Gemeinschaftsflächen, die von allen genutzt werden können. Vielleicht sucht auch jemand Unterstützung bei der Pflege seiner Parzelle?

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Quellen:

  • Ambrose G, Das K, Fan Y et al. : Is gardening associated with greater happiness of urban residents?, A multi-activity, dynamic assessment in the Twin-Cities region, USA. In: Landscape and Urban Planning 01.06.2020, 198: 103776
  • Soga M, Gaston K J, Yamaura Y: Gardening is beneficial for health, A meta-analysis. In: Preventive Medicine Reports 01.03.2017, 5: 92-99