Manchmal machen Knirpse genau das Gegenteil von dem, was man gerade von ihnen erwartet. In fünf Situationen zeigen wir, wie die Kommunikation mit Kindern besser klappt
von Beatrice Sobeck, 11.09.2018
Im Garten steht der Kinderpool und läuft gerade mit Wasser voll. Das Kind nimmt den Schlauch und spritzt wild um sich.
Mama ruft:
Aah! Spritz nicht mit dem Wasser!
Das macht das Kind (2):
Es spritzt mit dem Wasser.
Das sagt Sabine Schäfer, Erziehungsberaterin bei der Caritas in Berlin und Referentin von "Kess-erziehen"-Kursen:
"Erwachsene formulieren unerwünschtes Verhalten oft in Verneinung. Sie benutzen die Wörter 'nein' und 'nicht' und erwarten das entsprechende Verhalten beim Kind. Es passiert aber meist das Gegenteil.
Der Grund: Im Gehirn des Kindes entsteht durch das Gesagte ein Handlungsablauf. Das Kind entwickelt zunächst ein Bild vom Wasserspritzen. Dann muss das Gehirn das Gegenteil des Bildes entwickeln – also nicht mit dem Wasser zu spritzen. Ein komplexer Vorgang, der bei kleinen Kindern etwas länger dauert. In der Zeit haben sie ihr erstes Bild ausgeführt – und Mama ist pitschnass."
Besser:
"Sagen Sie konkret, was das Kind machen soll", rät Schäfer. In unserem Beispiel wären das etwa Sätze wie: "Mach das Planschbecken voll!" oder "Gieße den Rasen!"
Chaos im Kinderzimmer. Es ist mal wieder Zeit, für Ordnung zu sorgen.
Papa sagt:
Räum jetzt dein Zimmer auf!
Das macht das Kind (4):
Spielt weiter. Oder es schiebt lediglich ein paar Sachen auf die Seite.
Das sagt Sabine Schäfer:
"Die Ansage ist zu unkonkret, das Kind weiß gar nicht genau, was es machen soll. Bei Eltern stößt das häufig auf Unverständnis, denn schließlich hat das Kind ja auch alles ausgeräumt. Das hängt mit den Fähigkeiten zusammen. Ausräumen können Kinder schon sehr früh. Nur andersherum fehlen oft noch die Fertigkeiten. Die Kleinen brauchen Hilfe."
Besser:
Das Projekt Aufräumen in kleine Handlungen übersetzen – etwa: "Die Plastiksteine kommen in die blaue Box, die Bücher stellst du in dieses Regal."
Die Familie will die Großeltern besuchen. Alle sind fertig, es kann losgehen. Da fällt dem Kind ein, dass der Teddy mit muss.
Mama sagt:
Hol deinen Teddy!
Das macht das Kind (3):
Rennt los – und kommt nicht wieder.
Das sagt Sabine Schäfer:
"Das Kind freut sich auf seine Großeltern und läuft auch sofort los, um den Teddy zu holen. Doch im Kinderzimmer angekommen, wird das Bild von Oma und Opa plötzlich von anderen Spielsachen überlagert: Da liegt Puppe Anna ganz nackt im Bettchen. Sie muss erst zugedeckt werden. Die Fähigkeit, sich in andere hineinzuversetzen – also in die Eltern, die warten, entwickelt sich erst mit dreieinhalb Jahren."
Besser:
Erinnern Sie das Kind liebevoll an den Ausflug zu Oma und Opa und fragen Sie, ob es den Teddy gefunden hat. So wird das eigentliche Bild wieder aktualisiert, und das Kind erinnert sich, was es eigentlich holen wollte.
Die Familie sitzt am Samstagmorgen beim Frühstück zusammen und denkt darüber nach, was man am Sonntag machen könnte.
Papa sagt:
Am Sonntag gehen wir ins Freibad.
Das macht das Kind (3):
Freut sich, läuft in den Flur und zieht schon mal seine Sandalen an.
Das sagt Sabine Schäfer:
"Kinder entwickeln erst zwischen drei und sechs Jahren ein grobes Zeitgefühl. Je jünger sie sind, desto stärker leben sie im Augenblick. Deshalb hört das Kind auch nur Freibad und erwartet, dass es sofort losgeht. Die Einschränkung‚ 'am Sonntag' kann es nicht einordnen und reagiert entsprechend enttäuscht, wenn es nicht gleich losgeht."
Besser:
Eltern können die Zeitspanne leicht übersetzen, zum Beispiel indem sie sagen: "Du musst noch einmal schlafen, dann gehen wir ins Freibad", empfiehlt die Expertin. Für Vorhaben, die weiter in der Zukunft liegen, eignen sich leichte Zählsysteme, etwa Aufkleber für den Kalender. Auf diese Weise bekommen Kinder das Gefühl, aktiv am Geschehen beteiligt zu sein und die Situation kontrollieren zu können.
Nach dem Abendessen darf das Kind noch spielen. Dann ist es Zeit, ins Bett zu gehen.
Mama sagt:
Mein Schatz, wir gehen jetzt Zähne putzen, ja?
Das macht das Kind (3):
Schüttelt den Kopf und spielt weiter.
Das sagt Sabine Schäfer:
"Fragen lassen immer eine Wahlmöglichkeit zu. Es ist sehr unwahrscheinlich, dass ein Kind sein Spiel fürs Zähneputzen beendet."
Besser:
Dem Kind eine begrenzte Wahlmöglichkeit anbieten, deren Ziel dennoch das Zähneputzen ist. Beispiel: "Du kannst jetzt fünf Minuten spielen (Uhr mit Signal stellen), und dann putze ich deine Zähne."
Als Alternative bieten Sie an: "Ich putze jetzt deine Zähne, und du darfst danach fünf Minuten spielen (Uhr mit Signal stellen)." "Dieses Angebot sollten Eltern allerdings sparsam einsetzen. Zu viel Auswahl zu oft angewendet, überfordert Kinder schnell", erklärt die Erziehungsberaterin.