Logo der Apotheken Umschau

Mit dem Hit „If you believe“ gelang Sasha, 52, Ende der 1990er-Jahre der Durchbruch. Im Mai 2024 geht er mit seinem Bühnenprogramm „This is my time – Die Show“ wieder auf Tour. Gemeinsam mit seiner Frau Julia Röntgen hat er zudem gerade ein Kinderbuch mit dazu passendem Liederalbum herausgebracht. Im Interview spricht Sasha über den Erfolg mit seiner Musik, eine komplette Erschöpfung und seine neue Rolle als Vater.

Hallo Herr Röntgen-Schmitz – oder soll ich lieber Sasha sagen? Gar nicht so einfach bei Ihnen!

Sasha: Ja, fürchterlich ist das! Das sind die Geister, die ich rief. Ich dachte damals, dass es eine super Idee ist, sich als Musiker nur einen Vornamen zu geben – so wie Madonna oder Prince. Mir fiel nichts Besseres ein, also habe ich meinen eigenen Namen genommen. Aber der ist jetzt auch nicht so toll.

Finden Sie?

Sasha: Na ja, geht so. Jedenfalls habe ich mir die Chance verbaut, dass man mich siezen kann. Mir fällt das immer bei gemeinsamen Projekten mit anderen Künstlern auf. Da werden alle mit vollem Namen vorgestellt und dann komme ich: Sasha. Ohne Nachname. Schon irgendwie traurig.

Na gut, Herr Röntgen-Schmitz …

Sasha: Im Ernst: Ich finde das wirklich schön. Deshalb bin ich auch so happy, dass ich den Namen meiner Frau annehmen durfte. Der Name Röntgen geht ja auf die Abstammungslinie des berühmten Wilhelm Conrad Röntgen zurück, der die Röntgenstrahlen entdeckt hat. Ich habe mir also quasi einen Adelstitel dazugeheiratet. Und mal ehrlich: „Herr Röntgen-Schmitz“ – das klingt doch wirklich sehr gut, oder?

Absolut! Und ein bisschen so, als ob der Sasha aus der „Bravo“ inzwischen erwachsen geworden wäre.

Sasha: (lacht) Stimmt. Und jetzt bin ich in der Apotheken Umschau. Ich komme wohl so langsam in das Alter, wo man von mir keine Liebestipps mehr, sondern Gesundheitstipps haben will.

Trauern Sie der Zeit manchmal hinterher, als die Mädchen kreischend am roten Teppich standen, als Sie vorbeiliefen?

Sasha: Ach, da schlagen zwei Herzen in meiner Brust. Klar war ich stolz damals. Aber man hatte als Posterboy auch nicht nur gute Karten. Es gab auch viel Schubladendenken und ich wurde mit meiner Musik nicht immer ernst genommen in der Szene.

Mein bester ­Gesundheitstipp: Glücklich sein. Ich glaube, wenn der Kopf gesund ist, hat man ganz gute Chancen, dass sich auch der Körper wohlfühlt.

Bei den Fans waren Sie jedenfalls richtig ­angesagt in den 1990ern!

Sasha: (lacht) Ja. Und das war auch eine wilde, aufregende Zeit. Ich wollte als junger Mensch nichts liegen lassen und habe jede Chance wahrgenommen, erfolgreich zu sein. Aber ich bin wie eine Maschine da durchmarschiert. Außen immer tough, aber innen hat es gebröckelt. Es hat eine Weile gedauert, bis ich gemerkt habe, dass ich ganz schön ausgewrungen war zu der Zeit.

Was meinen Sie damit genau?

Sasha: Ich war komplett erschöpft. Ich fühlte mich energetisch total ausgelaugt.

Ein Burn-out?

Sasha: Vielleicht. Damals kannte ich den Begriff noch nicht. Glücklicherweise. Wenn es für so etwas einen Namen gibt, schaltet sich ja oft die Rübe ein, und dann macht man sich noch mehr Gedanken über alles.

Woran haben Sie erkannt, was los ist?

Sasha: Ich habe gemerkt, dass etwas ist, aber ich habe das nie ausgesprochen. Aber irgendwann habe ich dann einen Bekannten auf einer Veranstaltung getroffen. Er schaute mir in die Augen und meinte: „Dir geht es nicht gut, oder?“ Erst da habe ich mich getraut, mir auch selbst mal diese Frage zu stellen. Und ich konnte sie nur mit „Nein“ beantworten. Mir ging es gar nicht gut.

Können Sie sich erklären, was diese Erschöpfung bei Ihnen ausgelöst hat?

Sasha: Es war sicher ganz viel Überarbeitung. Fünf Jahre Dauer-Promo. Ich war nur unterwegs: USA, Thailand, ganz Europa. Und das war ja auch alles toll. Aber irgendwann wurde aus dem „Yeah“ so ein „Muss“ – und dann fing plötzlich alles an, schwer zu werden.

Ich habe so viel Verständnis bekommen. Das hat mich bestätigt. Dass man offen damit sein kann, wenn es einem nicht gut geht. Und dass man dadurch keine Schwäche zeigt, sondern Stärke.

Was haben Sie dann getan?

Sasha: Die Bremse gezogen. Ein Jahr lang. Ich brauchte Zeit, um zu reflektieren: Was finde ich eigentlich gut an meinem Leben, was nicht? Interessanterweise ging es mir schon besser, als ich mir eingestanden hatte, eine Auszeit zu brauchen.

Das allein hat schon geholfen?

Sasha: Ja, ich war ziemlich schnell wieder cool. Dick Brave ist übrigens während dieser Pause entstanden. Eine Kunstfigur, die nichts mit Sasha zu tun hatte. Ich wollte etwas machen, an dem ich nur Spaß habe, ganz ohne Erfolgsdruck, ohne Marketing. Ich hab also mal kurz ein anderes Leben gelebt. Das war offenbar therapeutisch genug.

Haben Sie damals darüber nachgedacht, sich professionelle Hilfe zu suchen?

Sasha: Nein. Heute wäre das wahrscheinlich anders. Vielleicht nehme ich mir sogar demnächst einen Therapeuten, einfach nur, um zu reden. Es ist doch eine gute Sache, seinen Shit loszuwerden, damit der einem nicht ständig vor der Haustür rumliegt.

Ziehen Sie heute eher die Reißleine, wenn es Ihnen zu viel wird?

Sasha: In der Theorie ja. Aber in der Praxis ist es dann doch oft nicht umsetzbar. Und darin liegt natürlich die Gefahr.

Ihre Tour im Dezember haben Sie aus gesundheitlichen Gründen abgesagt …

Sasha: Ja. Ich hatte einen schweren Atemwegs­infekt und eine beginnende Lungenentzündung. Mein Arzt hat mir klargemacht, dass ich so auf keinen Fall auf Tour gehen kann. Also mussten wir sie schweren Herzens auf Mai 2024 verschieben. Aber ich habe so viele tolle Zuschriften bekommen, so viel Verständnis. Das hat mich bestätigt. Dass man offen damit sein kann, wenn es einem nicht gut geht. Und dass man dadurch keine Schwäche zeigt, sondern Stärke.

Sie sind heute verheiratet und haben einen fünfjährigen Sohn. Ein Grund mehr, auf sich aufzupassen?

Sasha: Bevor ich Vater wurde, habe ich über meine Endlichkeit nie groß nachgedacht. Aber wenn ein Kind unterwegs ist, fragt man sich schon: Wie alt werde ich sein, wenn er Abitur macht? Werde ich noch mitkriegen, wenn er so spät wie ich heiratet? Natürlich will ich meinen Sohn noch lange begleiten. Ich bin ja ein ziemlich alter junger Vater.

Ein Grund, warum ich lange Zeit dachte, dass ich nicht unbedingt Vater werden muss, war die Angst vor der Verantwortung.

Stresst es Sie, heute nicht mehr nur die Verantwortung für sich selbst, sondern auch noch die für ein Kind zu tragen?

Sasha: Das hat mich vor allem im Vorfeld gestresst. Ein Grund, warum ich lange Zeit dachte, dass ich nicht unbedingt Vater werden muss, war die Angst vor der Verantwortung. Aber mittlerweile habe ich die Erfahrung gemacht: Familie funktioniert irgendwie ganz gut von alleine. Das hätte ich tatsächlich nie gedacht.

Das hatten Sie sich anders vorgestellt?

Sasha: Ich hatte vor der Geburt unseres Sohnes oft Panik und dachte: „Hoffentlich bin ich ein guter Vater!“ Ich habe auch jede Menge Ratgeber gelesen. Aber dann liegt da plötzlich dieses kleine Knäuel auf deiner Brust und es macht Schnips und alles, was du dir vorher überlegt hast, ist weg. Und du denkst dir: Ja, genauso soll es sein!

Dann waren Ihre Sorgen unbegründet.

Sasha: Na ja. Ich merke immer noch, dass es Phasen oder Situationen gibt, die mich panisch werden lassen. Und es ist gar nicht so sehr das Aufpassen beim Fahrradfahren, sondern es sind eher Fragen wie „Erziehe ich richtig?“ oder „Was muss ich tun, damit aus meinem Sohn ein anständiger Kerl wird?“.

Sie haben mit Ihrer Frau gerade das ­Kinderbuch „Toto und der Mann im Mond“ geschrieben und ein passendes Liederalbum veröffentlicht. Viele Ihrer damaligen Fans dürften heute ­selber Eltern sein und fallen vermutlich jetzt wieder genau in Ihre Zielgruppe …

Sasha: Ja! Das ist tatsächlich so. Die Fans sind mit mir erwachsen geworden und viele haben heute selber Kids. Und an dieser Lebenswelt bin ich jetzt ganz nah dran. Eines der wichtigsten Dinge bei der Entwicklung meines Liederalbums war für mich übrigens, dass man die Songs in Dauerschleife erträgt. Noch mal und noch mal (lacht)! Ich kenne das ja selbst: Nach dem dritten Mal „A Ram Sam Sam“ in Folge wirst du als Elternteil verrückt!