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Bei der Vorsorgeuntersuchung U3 zwischen der vierten und fünften Lebenswoche hört Kinder-und Jugendärztin Dr. Petra Zieriacks eine Frage von Eltern mit Säuglingen besonders oft: "Wie viel Spuckerei ist eigentlich noch normal?" Viele Mütter und Väter seien extrem beunruhigt über die Häufigkeit, mit der ihre Babys spucken würden, sagt die Pädiaterin aus Bergisch Gladbach. Kein Wunder: Wenn ein kleiner, zarter Körper rhythmisch zusammenzuckt und scheinbar die ganze Milchmahlzeit wieder herausbefördert, sieht das erst mal bedrohlich aus. Dennoch kann die Expertin meis­tens beruhigen: "Solange ein Baby weiter zunimmt, sich gut ent­­wickelt und fröhlich ist, muss man sich normalerweise ­keine Sorgen machen."

Nimmt das Baby zu, ist Spucken meist harmlos

Grund für das Spucken ist fast immer die besondere Anatomie von kleinen Säuglingen: Bei ihnen ist der Schließmechanismus zwischen Speiseröhre und Magen noch nicht vollständig ausgereift. "­Gerade bei sehr gierig trinkenden ­Babys schwappt dann schon mal ein bisschen Milch wieder nach oben", erklärt die Expertin. Aufmerksam werden sollten Eltern dagegen, wenn ihr Baby in den ers­ten Lebenswochen schwall­artig und im hohen Bogen kurz nach den Mahlzeiten erbricht. Nimmt das Kind außerdem nicht zu, obwohl es eigent­lich einen großen Appetit hat, ist es quengelig und schlapp, kann das ein Hinweis auf eine Erkrankung sein, die im frühen Säuglingsalter auftritt: der Magen­pförtnerkrampf. Etwa drei von 1000 Kindern sind davon betroffen.

Magenpförtnerkrampf: Verengung am Magenausgang

"Tatsächlich ist diese Krankheitsbezeichnung etwas missverständlich", findet Dr. Petra Degenhardt, Kinderchirurgin am Klinikum Westbrandenburg, Standort Potsdam und Vorstandsmitglied der Deutschen Gesellschaft für Kinder­­chirurgie in Berlin. Beim Magenpförtnerkrampf handelt es sich nämlich nicht um ­einen Krampf im eigentlichen Sinne, sondern um ein Zuviel an Muskelgewebe am Magenausgang. Mediziner sprechen daher lieber von einer sogenannten hypertrophen Pylorusstenose, ­einer Verengung am Magenausgang. Die Muskulatur (auch Magenpförtner genannt) zwischen dem Magen und dem Zwölffingerdarm ist so sehr verdickt, dass die Nahrung nicht ungehindert in den Darm weiter­transportiert werden kann.

Die Folgen: Die Kinder erbrechen im hohen Schwall, verlieren schnell an Gewicht und Flüssigkeit. Da die Muskeln sich trotz Engstelle weiter zusammenziehen, um den Nahrungsbrei weiter zu transportieren, kann man bei manchen Kindern sogar wellenförmige Bewegungen des Magens von außen auf dem Bauch beobachten.

Ursachen und Auslöser noch unklar

Die Symptome treten bereits in den ersten sechs Lebenswochen auf, Jungen sind fünfmal häufiger betroffen als Mädchen. Bei Kindern aus Asien und Afrika kommt die Erkrankung im Gegensatz zu Nord- und Westeuropäern sehr selten vor. Warum das so ist und welche Ursachen und auslösenden Faktoren es für eine Pylorusste­nose gibt, ist weitestgehend unklar. "Experten diskutieren noch, inwieweit die Gene tatsächlich eine Rolle spielen", sagt Degenhardt.

Diagnostiziert wird die Eng­stelle am Magenausgang mit einer Ultraschalluntersuchung. Manche Kinderärztinnen können die Wand­dicke des Ringmuskels mit einem Ultra­schallgerät direkt in ihrer Praxis vermessen, andere über­weisen die Kinder zur weiteren Abklärung an Spezialisten oder ins Krankenhaus. Nur sehr selten ist eine Röntgen­untersuchung nötig.

Betroffene Babys verlieren viel Flüssigkeit

"Das Gefährliche an der Erkrankung ist, dass die Babys in kürzester Zeit sehr viel Flüssigkeit und Elektrolyte verlieren", sagt ­Petra Zieriacks. Das mache sich dann schnell auch in ­einer Verschlechterung ihres Allgemeinzustands bemerkbar. "Im schlimms­ten Fall können die Kleinen austrocknen", warnt Zieriacks. Für Babys sei das eine lebensbedrohliche Situation.

Eine zügige Behandlung ist deshalb extrem wichtig. "Bei der Pylorusstenose ist immer eine Operation notwendig", sagt Petra Degenhardt. In der Regel werde bereits am Tag nach der Diag­nose operiert. "Geht es den Kindern aller­­dings bereits sehr schlecht, müssen sie vorher erst zu Kräften kommen und werden aufgepäppelt, zum Beispiel mit Elektrolytlösungen", erklärt die Expertin.

So läuft die Operation ab

Bei dem Eingriff wird die Muskulatur am Magenausgang längs geteilt, ohne dabei die Magenschleimhaut zu verletzen. Der Chirurg oder die Chirurgin zieht den Muskelring auseinander und vergrößert auf ­diese Weise den Durchmesser am Magenausgang (­siehe Infografik). Dadurch kann die Nahrung wieder ungehindert weitertransportiert werden. Der Eingriff erfolgt über ­einen kleinen Schnitt am Nabel oder mit­hilfe der Schlüssellochmethode, also über kleinste Öffnungen in der Bauchdecke. Welche Technik zum Einsatz kommt, hänge in ers­ter Linie von der Erfahrung des oder der Operierenden ab, keine Methode habe aber entscheidende Vor- oder Nachteile gegenüber der anderen, sagt Degenhardt.

Grafik: Die Operation beim Magenpförtnerkrampf. Zum Vergrößern des Bildes bitte auf die Lupe klicken.

Grafik: Die Operation beim Magenpförtnerkrampf. Zum Vergrößern des Bildes bitte auf die Lupe klicken.

Babys geht es meist schnell besser

Die Operation dauert in der Regel eine gute halbe Stunde und stellt für Kinderchirurgen und -chirurginnen einen Routine­-Eingriff dar. "Meist können die Kinder schon nach wenigen Stunden wieder Nahrung zu sich nehmen", erklärt Degenhardt. Zwei bis drei Tage nach der Operation dürfen die meis­ten ­Babys wieder nach Hause. "Bis auf eine minimale Narbe am Bauch spüren die Kinder von ihrer Pylorus­stenose normalerweise nie wieder etwas", sagt die Chirurgin.

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