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Egal, wo sie sitzen: Schmerzen sind doof. Und in der Schwanger­schaft ganz besonders. Denn schnell mal zur altbewährten Schmerztablette greifen, geht nicht. Schließlich sind die Kreisläufe von Mutter und Kind über die Nabelschnur miteinander verbunden. Und das heißt: Fast alles, was die Schwangere zu sich nimmt, kommt in irgendeiner Form auch beim Baby an und kann auch hier Nebenwirkungen verursachen. "Man behandelt tatsächlich immer zwei Menschen in der Schwangerschaft, auch wenn eigentlich nur die Mutter das Medikament braucht", erklärt Prof. Dr. Christof Schaefer, Kinder- und Jugendarzt und ehemaliger ärztlicher Leiter des Pharmakovigilanz- und Beratungszentrums für Embryonaltoxikologie an der Charité Universitätsmedizin in Berlin.

Frauen mit Kinderwunsch oder Schwangere sollten sich einen Medikationsplan geben lassen

Laut Arzneimittelreport 2021 der Barmer nehmen etwa 30 Prozent der Frauen vor einer Schwangerschaft regelmäßig Medikamente ein. Das Problem: Viele wissen nicht genau, ob die Arzneimittel im Falle einer Schwangerschaft dem Ungeborenen Schaden könnten. Tatsächlich bekamen im Jahr 2018 663 von rund 66.500 Barmer-Versicherten mit Entbindung im Jahr 2018 versehentlich sogenannte Teratogene während des ersten Trimesters verordnet. "Der Schutz des ungeborenen Kindes muss schon vor der Schwangerschaft beginnen. Dazu sollte die Gesamtmedikation junger Frauen grundsätzlich auf kindsschädigende Risiken geprüft werden. In der Schwangerschaft kommt ein Medikamenten-Check zu spät, um das ungeborene Kind vor Schäden zu schützen", zitiert die Barmer den Autor des Arzneimittelreports, Prof. Dr. Daniel Grandt, Chefarzt am Klinikum Saarbrücken. Im Zweifel sollten Frauen sich eine Liste mit allen verordneten Medikamenten geben lassen und diese mit Frauenärztin oder -arzt oder Apotheker:in durchsprechen.

Viele Schwangere sind unsicher

Blöd nur, dass es gerade in der Schwanger­schaft besonders häufig irgendwo spannt und zwickt. Das zusätzliche Gewicht verursacht oft Rückenschmerzen, die Hormone begünstigen Kopfweh. Jetzt ein Schmerz­­mittel nehmen? Viele Schwangere sind da un­­sicher. Das beobachtet auch Christiane Tremel, Leiterin einer Apotheke in Dornburg-Camburg. Sie rät den Frauen: "In jedem Fall zuerst Rücksprache mit der Frauen­ärztin halten." Aber auch in der Apotheke können werdende Mütter nach­fragen, was sie nehmen dürfen.

Fest steht: Besser ist es, ohne Medikamente auszukommen, aber: "Wenn eine Schwangere Schmerz­mittel wirklich braucht, dann ist es sinnvoll, dass sie sie auch nimmt", sagt Schaefer. Denn wer permanent starke Beschwerden habe und entsprechende Botenstoffe ausschütte, tue dem Kind im Mutterleib keinen Gefallen. "Auch für das Ungeborene können starke unbehandelte Schmerzen der Mutter Stress bedeuten", erklärt der Me­diziner. Sehr starke Schmerzen können sogar Opioide erfordern. "Sie sollten in der Schwanger­schaft zwar sparsam eingesetzt werden, aber der Embryo verträgt es normalerweise gut, wenn sie in Ausnahmefällen verwendet werden", sagt Schaefer.

"So viel wie nötig, so wenig wie möglich"

Grundsätzlich sollten Schwangere Schmerzen solange wie möglich mit alternativen Maßnahmen lindern. Helfen sanfte Mittel nicht, gilt für Medikamente: "So viel wie nötig, so wenig wie möglich", sagt Apothekerin Tremel. Das Problem ist nämlich: Ab welcher Menge und über welchen Zeitraum die Arzneimittel das Un­geborene beeinflussen, darüber ­können Forscher nur spekulieren. Medikamentenstudien werden an Schwangeren aus ethischen Gründen nicht durchgeführt – man will nicht mit der Gesundheit des ungeborenen Babys experimentieren. Wissenschaftler können also keine der sonst üblichen klinischen Studien zurate ziehen, sie müssen sich auf Beobachtungsdaten aus dem klinischen Alltag verlassen.

Fünf sanfte Tipps gegen Schmerzen

1. Pfefferminzöl
Bei Spannungskopfschmerzen das Öl aus der Apotheke einfach auf Schläfen und Stirn auftragen. Wichtig: Nur verdünnt anwenden, sonst brennt es auf der Haut!

2. Bewegung
Manchmal reicht schon ein Spaziergang, um sich wieder besser zu  fühlen. Auch spezielle Übungen beim Physiotherapeuten sind effektiv. Am besten den Frauenarzt nach einer Verordnung fragen!

3. Massagen und Akupressur
Schmerzen sind oft die Folge von Verspannungen. Viele Physiotherapeuten bieten Massagen in Seitenlage oder auf Liegen mit Bauchloch an. Bis zu zehn Behandlungen zahlt die Krankenkasse, wenn sie ein Arzt verschreibt.

4. Wärme und Kälte
Je nach Beschwerden können Kälte oder Wärme Schmerzen lindern. Da Wärme Wehen auslösen kann, Körnerkissen und Wärmflasche nicht direkt auf den Bauch legen. Vorsicht bei Wärmepflastern: Ihre Wirkstoffe gelangen über die Haut in den Körper und sind für Schwangere oft tabu.

5. Entspannung
Schmerzen und Stress treten oft zu­sammen auf. Ein angenehm warmes Bad (zwischen 32 und 37 Grad), Atemübungen oder ein Nachmittag auf der Couch lassen einen wieder runterkommen.

Eine Orientierung für die gängigsten Wirkstoffe

"Es kommt darauf an, die Mittel, ihre Dosierung und ihre Einnahme­dauer bewusst auszuwählen", erklärt Chris­tof Schaefer. Dann ließen sich Schmerzen während der Schwangerschaft gut behandeln – und das Baby im Bauch bekomme kaum etwas davon mit. Daher: die Einnahme von Schmerzmitteln immer vorher mit dem Gynäkologen oder der Gynäkologin abstimmen. Als Orientierung gilt für die drei gängigsten Wirkstoffe:

  • Paracetamol
    Bei akuten Schmerzen oder Fieber und wenn sanfte Methoden nicht helfen, nehmen Schwangere am ehesten den Wirkstoff Paracetamol. Er gilt verantwortlich eingesetzt als nicht bedenklich für Mutter und Kind. Das heißt, der Wirkstoff sollte so kurz wie möglich und in der niedrigsten wirksamen Dosis eingenommen werden.
  • Ibuprofen
    Benötigen Schwangere einen Schmerz- und Entzündungshemmer aus der Gruppe der NSAR (nichtsteroidale Anti­rheumatika), eignet sich am besten Ibuprofen. Ab der 28. Schwangerschaftswoche sollten Ibuprofen und andere NSAR nicht mehr genommen werden, da diese dann zu Herz- und Nieren­problemen beim Kind führen können. Auch für diesen Wirkstoff gilt, dass er nur so kurz wie möglich eingenommen werden sollte. Ab der 28. Woche auch keine Salben/Gele verwenden, die einen Wirkstoff der NSAR-Gruppe ­­enthalten.
  • Acetylsalicylsäure (ASS)
    Diesen Wirkstoff meiden (besser ist Paracetamol). Ab der 28. Schwangerschaftswoche darf ASS als Schmerz- und Fiebermittel gar nicht mehr verwendet werden. Dann steigt das Risiko für schwere Komplikationen bei Mutter und Kind. Ausnahme: eine vom Arzt angeordnete, vorbeugende Behandlung, um etwa eine Prä­eklampsie zu vermeiden. In diesem Fall wird ASS so niedrig dosiert, das es als unbedenklich gilt.

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