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Der Kopf brummt, die Nase ist verstopft. Eine Erkältung macht auch vor Schwangeren nicht halt. Wie einfach wäre es jetzt, eine Schmerztablette zu nehmen oder ein Schnupfenspray – doch ist das erlaubt? Welche Medikamente dürfen werdende Mütter nehmen – und welche nicht? Ist eine Kopfschmerztablette schon schädlich für das Ungeborene oder das Läusemittel, mit dem die ganze Familie ­behandelt werden muss? „In der Schwangerschaft grundsätzlich auf Medikamente zu verzichten wäre falsche Vorsicht“, sagt Dr. Wolfgang Paulus, Leiter von Reprotox, der Beratungsstelle für Medikamente in der Schwangerschaft und Stillzeit an der Universitätsklinik Ulm. „Für fast alle Erkrankungen gibt es für die Schwangerschaft verträg­liche Medikamente.“ Bei Fragen rund um die Medikamenteneinnahme in der Schwangerschaft helfen die Beratungsstellen Embryotox an der Charité Berlin sowie Reprotox in Ulm weiter.

Hier werden ständig wissenschaftliche Daten und Informationen zu Arzneimitteln geprüft. Bei den meisten Wirkstoffen wissen die Expertinnen und Experten dort, ob sie für Schwangere geeignet sind. Die genaue Prüfung ist wichtig, denn nicht jedes Mittel ist für das Baby unbedenklich: „In der Schwangerschaft durchläuft das Ungeborene sensible Entwicklungs- und Reifungsprozesse. Manche Medikamente können diese negativ beeinflussen und Fehlbildungen verursachen“, sagt Apothekerin Dr. Katja Renner aus Wassenberg.

Im ersten Schwangerschaftsdrittel können schädigende Medikamente Fehlbildungen einzelner Organe auslösen, die jetzt angelegt werden. Später können sie die kindlichen Organe noch so schädigen, dass diese nicht richtig funktionieren, etwa das Gehirn. „Das Risiko für einen Schaden steigt, je höher die eingenommene Dosis ist“, erklärt Paulus.

Schwangere sollten außerdem immer mit ihrer Ärztin oder ihrem Arzt klären, ob sie ein Medikament brauchen und welches – nicht nur bei akuten Beschwerden, sondern auch bei chronischen Erkrankungen: „Wird die Erkrankung der werdenden Mutter unzureichend behandelt, entwickelt sich das Ungeborene möglicherweise ungenügend“, sagt Wolfgang Paulus. Sprechen Sie auch mit Ihrer Ärztin oder Ihrem Arzt, wenn Sie Präparate oder Nahrungsergänzungsmittel nehmen möchten, die ohne Rezept zu haben sind. Auch diese sind nicht immer unbedenklich für das Baby. Dazu zählen auch pflanzliche Arzneimittel: „Pflanzlich bedeutet nicht automatisch, dass die Mittel keine Wechsel- oder Nebenwirkungen haben“, betont Experte Paulus. „Für die meisten pflanzlichen Präparate gibt es kaum Daten zur Anwendung in der Schwangerschaft. Sie sind also nicht unbedingt erprobten synthetischen Wirkstoffen vorzuziehen.“ Ob pflanzlich oder synthetisch: Sprechen Sie vor der Einnahme eines Medikaments immer mit Ihrer Ärztin oder Ihrem Arzt. Was gilt für einzelne Beschwerden in der Schwangerschaft? Ein Überblick:

Schmerzen

Bei Schmerzen und Fieber ist Paracetamol das Mittel der Wahl: über einige Tage bei bis zu 2000 Milligramm täglich – nach ärztlicher Rücksprache. Beachten Sie die Dosierungsangabe. Länger und in hohen Dosen sollten es Schwangere nicht nehmen. Bei Migräne ist der Wirkstoff Suma­triptan, nach Rücksprache mit dem Arzt, erlaubt. „Bei leichten Kopfschmerzen können auch ätherische Öle wie Pfefferminz oder Lavendel oder ein Entspannungsbad helfen“, sagt Katja Renner. Acetylsalicylsäure (ASS), Ibuprofen oder Diclofenac dürfen in den ersten zwei Schwangerschaftsdritteln vorübergehend eingenommen werden. Ab der 28. Schwangerschaftswoche sind sie tabu, dann steigt das Risiko für Komplikationen bei Mutter und Kind.

Husten, Schnupfen, Halsweh

Inhalationen mit Salz oder mit Thymian-Öl können lästigen Schleim lösen. Benutzen Sie dafür ein Inhala­tionsgerät oder einen elektrischen ­Inhalator aus der Apotheke. Auch Schleimlöser mit dem Wirkstoff Ambroxol sowie mit Thy­mian-Extrakten sind erlaubt. Bei starkem Hustenreiz dürfen Schwangere Hustenblocker mit Dextromethorphan nehmen, so Paulus. Eine Schnupfennase lässt sich erst einmal mit einer Kochsalzlösung zum Inhalieren, Nasenspray mit Meer­-
wasser oder Dexpanthenol behandeln oder mit salzhaltigen Präparaten zum Spülen der Nase. Auch abschwellende Nasensprays (etwa mit Xylometazolin oder Oxymetazolin) sind für Schwangere okay, solange sie sie kurzfristig und mit maximal dreimal täglich ­einem Hub pro Nasenöffnung anwenden. In hoher Konzentration könnten die Wirkstoffe im Blut die Gefäße verengen und die Versorgung des Kindes gefährden. „Das ist nicht zu befürchten, wenn sie über die Nase und in moderater Dosis genommen werden“, betont Paulus. Bei Halsschmerzen eignen sich Gurgellösungen mit desinfizierenden Substanzen wie Hexetidin oder Dequa­li­nium­chlorid.

Kopfläuse und Würmer

Das hat gerade noch gefehlt: Das Kita-­Kind kommt mit Läusen oder Würmern nach Hause, die ganze Familie muss behandelt werden. Schwangere dürfen rezeptfreie Läusepräparate mit Dimeticon anwenden (ärztlich oder von Apotheke beraten lassen). Gegen Würmer helfen die Wirkstoffe Mebendazol und Pyrviniumembonat. „Frauen sollten sie jedoch erst nach nachgewiesener Wurmerkrankung und vom Arzt verordnet nach dem ersten Schwangerschaftsdrittel nehmen“, so Experte Paulus.

Blasenentzündung

Brennen beim Wasserlassen: Das ist wahrscheinlich eine Blasenentzündung. Lassen Sie die Symptome gleich bei Ihrer Frauenärztin oder Ihrem Frauenarzt abklären. Gegen leichte Beschwerden hilft es manchmal schon, viel zu trinken. Nehmen die Beschwerden zu und tritt Fieber auf, kann ein Antibiotikum nötig werden. „Penicilline wie Amoxicillin oder Cephalosporine wie Cefuroxim gehören zu den Antibiotika der Wahl in allen Phasen der Schwangerschaft. Eine kindliche Schädigung durch ­diese Antibiotika ist ausgeschlossen, auch wenn mehrfach in der Schwangerschaft behandelt werden muss“, beruhigt Paulus.

Wassereinlagerungen in den Beinen

Die Hormonumstellung in der Schwangerschaft führt meist zu Wassereinlagerungen im Gewebe, vor allem nach langem Stehen oder Sitzen. Von Medikamenten rät Paulus in diesem Fall ab. Kompressionsstrümpfe lindern die Beschwerden, ein Rezept dafür kann Ihre Ärztin oder Ihr Arzt ausstellen. Das hilft auch: die Beine kalt abbrausen und immer wieder hochlegen, falls keine Herz-Kreislaufprobleme dagegen sprechen.

Unruhige Beine/ Restless-Legs-Syndrom

Das Restless-Legs-Syndrom trifft häu­fig auch Schwangere. Es verursacht Schmerzen, Unruhe und Missempfindungen in den Beinen, manchmal auch in den Armen, oft verbunden mit schlechtem Schlaf und starkem Bewegungsdrang. Die verfügbaren Wirkstoffe sind jedoch in der Schwangerschaft tabu. Sanfte Bewegung, ­Yoga und Massagen können die Symptome lindern, ein warmes Bad am Abend sowie ein dunkles und gut gelüftetes Schlafzimmer gegen die Schlafstörungen helfen. Manchmal ist auch ein Eisenmangel der Grund für die Symptome – wird dieser behandelt, nehmen sie ab.

Depressionen

Antidepressiv wirkende Substanzen wie Sertralin und Citalopram sind in der Schwangerschaft erlaubt. Für die letzten Wochen vor der Geburt gilt: Die Dosis sollte in Abstimmung mit der Frauenärztin oder dem Frauenarzt möglichst auf ein Minimum reduziert werden, um Komplikationen beim Neugeborenen zu vermeiden. Renner betont: „Psychiaterin, Frauenarzt und gegebenenfalls die Hausärztin oder der Hausarzt sollten bei ­Kinderwunsch und während der Schwangerschaft eng mit der Patientin zusammenarbeiten. Präparate mit nur einem Wirkstoff sind die bessere Wahl, um mögliche Risiken beim Ungeborenen auszuschließen.“

Epilepsie

Betroffene Frauen müssen den Kinderwunsch unbedingt mit dem behandelnden Neurologen oder der ­Neurologin abklären. Eine antiepileptische Therapie richtet sich nach dem Anfallstyp, Antiepileptika sind daher nicht beliebig austauschbar. Die Wirkstoffe Lamotrigin oder Leve­tiracetam sind laut Paulus in der Schwangerschaft okay. Valproat dagegen sollten Frauen im fortpflanzungsfähigen ­Alter meiden: Hier besteht ein Risiko für kindliche Fehlbildungen. Paulus betont: „Weil ein Anfall in der Schwangerschaft Mutter und Kind schädigen kann, ist eine wirksame, aber gleichzeitig für das Ungeborene ungefährliche Therapie besonders wichtig.“