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Die Bloggerin Sarah postet im Internet "Ich bekenne mich zum Zebra" und präsentiert dazu Fotos von den Schwangerschaftsstreifen rund um ihren Bauchnabel. "Die Brüste haben ebensolche Streifen abbekommen", schreibt sie. "Dafür habe ich zwei wunderbare Babys." Der Gynäkologe Dr. Jörg Angresius wünscht sich, mehr Mütter könnten so selbstbewusst mit den Spuren umgehen, die ihre Schwangerschaft hinterlassen hat: "Ein Kind zu bekommen ist kein Spaziergang. Auf diese Leistung können sie stolz sein!"

Nach der Geburt bleibt die Figur oft etwas weiblicher

Nach einer alten Hebammenregel dauert es mindestens so lange wie die Schwangerschaft, bis sich die körperlichen Veränderungen nach der Geburt wieder zurückgebildet haben. Bei neun von zehn Müttern bleibt die Figur aber ­etwas weiblicher als zuvor, schätzt Jörg Angresius. Wozu sich also Stress machen, um frühestmöglich die alte Form wiederzuerlangen wie irgend­welche Promi-­Mütter? Schließlich steht jetzt anderes im Vordergrund, zum Beispiel im neuen Leben als Mutter anzukommen, das Kind und ­seine Bedürfnisse kennenzulernen, selbst genug Schlaf zu kriegen …

Dr. med. Jörg Angresius ist Frauenarzt in Neunkirchen und Mitglied der AG Schwangerschaft und Geburt im Berufsverband der Frauenärzte

Dr. med. Jörg Angresius ist Frauenarzt in Neunkirchen und Mitglied der AG Schwangerschaft und Geburt im Berufsverband der Frauenärzte

Machen einem körperliche Veränderungen aber stark zu schaffen, sollte man aktiv werden. Denn meist lässt sich dagegen ­etwas tun:

Schlappe Bauchmuskeln

Kein Wunder, wenn der Bauch auch Monate nach der Entbindung noch weich und schlaff ist. Zum Teil liegt das an den Bauchmuskeln, die Platz für das Kind machen mussten (über einen Meter Umfang hat so ein Babybauch!), und zum Teil an den Speckpölsterchen als Reserve fürs Stillen. Das bekommen Mütter Stück für Stück mit ausgewogener Ernährung und regelmäßigen Bauchmuskel-Übun­gen wieder in den Griff. Am bes­ten besucht man dafür ­einen Rückbildungskurs. Dort lernt man, welche Muskeln zu welchem Zeitpunkt wieder gefahrlos aktiviert werden dürfen.

Besonders wichtig ist die fachkundige Anleitung durch ­eine Physiotherapeutin oder Hebamme bei ­einer sogenannten Rektusdias­tase. Dabei bildet sich zwischen den geraden Muskeln unterhalb des Brustbeins ein spürbarer senkrechter Spalt. Ein schweres Baby und viel Fruchtwasser haben die Muskeln überdehnt. Die einzelnen Faserbündel haben vorüber­­gehend ihre Fähigkeit verloren, sich zusammenzuziehen. Hier helfen: "Geduld und ein gezieltes Bauchmuskeltraining frühestens acht, besser zwölf Wochen nach der Geburt", sagt Jörg Angre­sius. Verordnen und begleiten kann das ein Frauenarzt oder Orthopäde.

Dr. med. Rainer Lange arbeitet als Gynäkologe in Alzey in eigener Praxis sowie an der Klinik Worms. Er ist Experte für Beckenbodenprobleme

Dr. med. Rainer Lange arbeitet als Gynäkologe in Alzey in eigener Praxis sowie an der Klinik Worms. Er ist Experte für Beckenbodenprobleme

Hängebusen

Viele Frauen leiden darunter, wenn der Busen, der in der Stillzeit rund und prall war, nach dem Ab­stillen kleiner wird und tropfenförmig nach unten hängt. Die Veränderung liegt am Aufbau der Brust: In jungen Jahren besteht sie zu 70 Prozent aus Fettgewebe und zu 30 Prozent aus Drüsenkörper. Produzieren die Drüsen Milch, wächst dieser. Nach dem Abstillen bildet sich der Drüsenkörper wieder zurück – und die Brust wirkt dann wie leer getrunken. "Es kann ­Jahre ­dauern, bis sich das zumindest teil­weise wieder zurückbildet. Dafür hat das Kind mit der Muttermilch das ­Beste bekommen, was Sie ihm geben konnten", erklärt Frauenarzt Angresius. Das hilft unterstützend: auf eine ­gute Haltung achten und den Brustmuskel stärken. Zum Beispiel mit dieser Übung: Die Hand­flächen vor der Brust aneinanderlegen, sodass die Fingerspitzen nach oben zeigen. Mehr­mals die ­­Hände für einige Sekunden fest zusammen­pressen. Mehrmals wiederholen.

Blasenschwäche

Wenn beim kleinsten Hüsteln oder Niesen etwas Urin in die Hose geht, sprechen Ärzte von Inkontinenz. "Blasenschwäche ist immer noch ein Tabuthema, obwohl etwa ein Drittel ­aller Mütter oft schon vor der Entbindung leichte Probleme damit hat", erklärt Beckenboden-Spezialist und Gynäkologe Dr. Rainer ­Lange aus Alzey. "­Etwa jede zehnte Frau ist auch nach der Geburt noch inkontinent. Das sollte unbedingt behandelt werden. Denn auch aus einer leichten, fortbestehenden Harninkontinenz kann sich später eine quälende Reizblase entwickeln, wie neuere Untersuchungen gezeigt haben."

Die Ursache ist meist: Bänder, die die Blase normalerweise stabilisieren, sind überdehnt. Ein Beckenbodentraining und eine mehrwöchige Pessartherapie nach der Geburt helfen laut Rainer Lange in der überwiegenden Zahl der Fälle, die Blasenfunktion wieder zu normalisieren. Kleine Pessare, die tagsüber für einige Zeit getragen werden, können die Bänder dabei wieder stabilisieren. Nur in sehr wenigen Fällen ist eine Harninkontinenz-Operation nach der Entbindung nötig.

Bei starkem Leidensdruck wird ­­dies auch gemacht, wenn noch ein Kinderwunsch besteht. Welche Operations­methode sich dann eignet, sollte man jedoch eingehend mit dem Frauenarzt besprechen. "Eine Operation bei bestehendem Kinderwunsch sollte unbedingt in einem zertifizierten Beckenbodenzentrum durchgeführt werden", sagt Lange.

Aktiv werden: Profis für den Beckenboden

Probleme mit Inkontinenz sollte ein Spezialist behandeln. Spe­ziell dafür ausgebildete Physiotherapeu­tinnen finden Sie unter www.ag-ggup.de. Wählen Sie dort in der "Therapeutenliste Beckenboden" jemanden in Ihrem Postleitzahlenbereich, der in der letzten Spalte auch ein "U" aufweist. Die Behandlung zahlt die Krankenkasse, wenn der Haus- oder Frauen­arzt sie anordnet.

Falls eine konservative Therapie nicht hilft und eine Operation angeraten scheint, wenden Sie sich am besten an ein Beckenbodenzentrum oder einen Urogynäkologen. Das sind auf Beckenbodenprobleme spezialisierte Frauenärzte. Fragen Sie Ihren Gynäkologen, ob er einen nach AGUB zertifizierten Kollegen mit Zertifizierungs­stufe 2 oder 3 kennt. Im Internet finden Sie Informationen unter www.AGUB.de.

Scheidenschmerzen

Manche Frauen klagen nach der Geburt über eine trockene Scheide. Das liegt unter anderem an der Hormonumstellung. Sex fühlt sich dann manchmal unangenehm an. Paare können sich mit Vaseline oder Gleitgel behelfen. Hält das Problem an, wendet die Frau sich am besten an den Gynäkologen.

Der Scheideneingang fühlt sich an, als sei er enger geworden? "Gut möglich", sagt ­Rainer Lange. "Manchmal bildet sich dort ­eine Haut­spange." Der Geschlechtsverkehr kann dann schmerzhaft sein. Damit die Frau sich beim Verkehr nicht verkrampft, ist es gut, wenn sie Takt und Richtung vorgibt. Das Häutchen lässt sich ­­mithilfe von Creme und einem speziellen Massagestab aus Silikon vorsichtig weiten. Der Gynäkologe erklärt, wie.
Er kennt unter Um­ständen auch Übungen für den umgekehrten Fall: Beim "lost penis syndrome" findet der Penis des Mannes beim Geschlechtsverkehr keinen Halt mehr, weil die Beckenbodenmuskulatur auseinander­gewichen ist. Die Frau hat das Gefühl, unten sehr weit zu sein. Sie kann den Penis weniger fühlen und innerlich packen. Bringt ein spezielles Training für den Beckenboden keine Besserung, gibt es die Möglichkeit, die Muskulatur operativ straffen zu lassen. Das heißt dann für eine weitere Schwangerschaft allerdings Entbindung durch Kaiser­schnitt.

Schwangerschaftsstreifen

Cremen, cremen, cremen und Zupfmassagen machen, lautet ­eine Empfehlung in der Schwangerschaft. Damit sollen unschöne Geweberisse an Bauch, Busen und Hüfte vermieden werden. Sicher fördert es die Durchblutung und sorgt für ein gepflegtes Hautbild. Letztlich ist es aber eine ­Sache der Gene, ob sich Schwangerschaftsstreifen bilden. Zum Glück verblassen die Hautrisse zu über 99 Prozent von allein, spätes­tens ein Jahr nach der Schwangerschaft. Dann sind sie nur noch als feine hautfarbene Streifen zu erkennen.

Chronische Erschöpfung

Wenn die Frau sich matt und abgeschlagen fühlt und die Welt jeden Tag grau aussieht, sollte sie auch das ärztlich abklären lassen. Denn bei entsprechender Veranlagung kann sich zum Beispiel ­eine Schilddrüsen­­unterfunktion entwickeln, mit depressiven Verstimmungen als Begleiterscheinung. Ein Labortest gibt Aufschluss. Unter Umständen genügt es, eine Zeit lang ­Tabletten zu nehmen. Geht es der Frau dadurch besser, kann sie auch besser für ihr Baby sorgen!

Unters Messer legen?

Aus den USA kommt der Trend zum "­Mommy Makeover". Das ist eine Art chirurgi­sche Rundum-Erneuerung nach der Geburt. ­Junge Mütter begeben sich dazu unters Messer, lassen Brust, Bauch, Haut und/oder die Scheide ("love channel") straffen. Auch bei uns werden schon solche Pakete ange­boten, die etliche Tausend Euro kos­ten. ­Eine Garantie, dass das Ergebnis so ausfällt wie erträumt, gibt es jedoch nicht. Zudem sind solche OPs mit einer Narkose und Risiken für die Gesundheit verbunden. Frauen­arzt Jörg Angresius rät daher: "Wer sich mit dem Gedanken trägt, die Brust straffen oder vergrößern zu lassen, sollte sich dazu in einem Brustzentrum ausführlich beraten lassen. Dort werden viele Operationen durchgeführt, und nicht nur kosmetische, sondern auch medizinisch notwendige."

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