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Ein paar Monate vor der Geburt noch einmal in den Urlaub fliegen oder geschäftlich auf einen anderen Kontinent jetten? Schwangere sind sich oft nicht sicher, ob Fliegen ihnen oder dem Ungeborenen schaden kann. Denn Warnungen gibt es im Netz genug: vom Fehlgeburtsrisiko durch den geringeren Sauerstoffgehalt in der Flugzeugluft bis hin zu Schäden durch die höhere Strahlenexposition im Flieger oder Flughafenscanner. Was ist wirklich dran?

Welche Risiken bestehen?

Das Risiko einer Fehlgeburt sei erhöht, weil die Atemluft im Flieger weniger Sauerstoff enthalte, ist eine häufige Warnung. Forscherin Renate Huch von der Universitätsklinik Zürich schickte für eine Studie im Jahr 2001 zehn Schwangere auf 20 Flüge und überwachte dabei die Lebenszeichen der Ungeborenen. Das Ergebnis: Bei der aufgezeichneten Herzfrequenz der Kinder gab es keine Reaktion, die auf Sauerstoffmangel hindeutete. Dass das Ungeborene nicht unter den veränderten Luftbedingungen leide, bestätigen die Gynäkologen Professor Klaus Friese und Professor Ioannis Mylonas in einer Publikation in der Zeitschrift "Der Gynäkologe" aus dem Jahr 2013. Sie weisen jedoch darauf hin, dass Schwangere mit Herz-Kreislauf-Problemen oder Blutarmut durch die veränderte Atemluft ein gewisses Komplikationsrisiko haben, weil ihr Organismus diese mit einer Steigerung von Herzfrequenz, Atemtätigkeit und Blutdruck kompensiere. Schwangere mit solchen oder anderen gesundheitlichen Problemen sollten deshalb vorher immer mit ihrem Arzt klären, ob eine Flugreise ratsam ist.

Auch vor der höheren Strahlenexposition im Flieger warnen manche. Die kosmisch bedingte Höhenstrahlung ist zwar im Flugzeug stärker als am Boden. Fliegt eine Schwangere nur gelegentlich, wird sie aber laut Bundesamt für Strahlenschutz keine gesundheitlich relevante Strahlendosis abbekommen.

Ohnehin ist die Strahlenbelastung insgesamt nicht immer im Flieger höher als am Boden. Letztere schwankt stark von Gebiet zu Gebiet – zum Beispiel aufgrund der Gesteinsarten, die in der jeweiligen Gegend vorkommen. Manchmal kann sie daher größer sein als die Belastung, die bei einem Flug entsteht. Nur bei häufigen Langstreckenflügen kann der Jahresgrenzwert unter Umständen überschritten werden. Diese Gefahr ist jedoch eher gering. Das Bundesamt für Strahlenschutz rät trotzdem sicherheitshalber von häufigen Langstreckenflügen in der Schwangerschaft ab – auch, weil zusätzliche Stressfaktoren wie langes Sitzen, Lärm und Zeitverschiebung hinzukommen.

Vor den Sicherheitsschleusen am Flughafen brauchen Schwangere ebenfalls keine Angst haben: Laut Bundesamt für Strahlenschutz sind sowohl Handgepäckkontrollen als auch Personenscanner in Flughäfen gesundheitlich unbedenklich.

Wann sollten Schwangere nicht fliegen?

Prinzipiell ist gegen Fliegen in der Schwangerschaft also nichts einzuwenden. "Bei gesunden Schwangeren gibt es da keine Bedenken", bestätigt Privatdozent Dr. Dietmar Schlembach, Chefarzt in der Klinik für Geburtsmedizin des Vivantes Klinikum Berlin-Neukölln. Hat die werdende Mutter aber Vorerkrankungen, Beschwerden oder Schwangerschaftskomplikationen, solle sie Rücksprache mit ihrem Arzt halten.

Professor Friese und Professor Mylonas raten auch bei Schwangeren mit Bluthochdruck, Diabetes, Thrombosegefahr, Mehrlingsschwangerschaften sowie drohender Fehl- oder Frühgeburt zur Vorsicht und genauen Risikoabschätzung durch den Arzt. "Sind Erkrankungen wie Bluthochdruck oder Diabetes gut eingestellt, ist Fliegen kein Problem", erläutert Schlembach. Auch bei einer Mehrlingsschwangerschaft sei Fliegen ungefährlich, solange die Schwangerschaft unkompliziert ist. "Hat eine Schwangere aber ernste Beschwerden oder drohen Komplikationen, ist sie meist ohnehin in Behandlung und wird engmaschig überwacht. Dann kann sie natürlich nicht fliegen."

Dasselbe gelte, wenn die Frau stark thrombosegefährdet ist – ob erblich bedingt oder weil sie erst kürzlich eine Thrombose hatte. "Will eine Schwangere trotzdem unbedingt fliegen, sollte sie mit ihrem Arzt sprechen", sagt Schlembach. Dieser müsse gut abwägen. "Ist er trotz der Bedenken einverstanden, wird er für den Flug Heparin verschreiben." Den Blutverdünner Acetylsalicylsäure empfiehlt er hingegen nicht. "Das Medikament wirkt eher arteriell, eine Thrombose entsteht aber in den Venen."

Genau wie eine Schwangerschaft erhöht Fliegen das Thromboserisiko allgemein etwas, vor allem wegen des langen Sitzens. Trotzdem spricht das bei gesunden Schwangeren nicht generell gegen Flugreisen. "Sie sollten aber Thrombosestrümpfe tragen", sagt Schlembach. Für einzelne Kurzstreckenflüge dürfen es solche von der Stange sein, Schlembach empfiehlt die Kompressionsklasse 2. "Für Langstreckenflüge oder häufiges Fliegen die Strümpfe aber am besten individuell anpassen lassen – das gilt insbesondere für Frauen mit erhöhtem Thromboserisiko." Außerdem helfe viel trinken und Bewegung. "Falls Aufstehen nicht geht, am besten im Sitzen die Füße anziehen und wieder strecken. Das aktiviert die Muskelpumpe."

Was sollten werdende Mütter vor und während des Fluges beachten?

  • Schließen Sie unbedingt eine Reiserücktritts- und eine Auslandskrankenversicherung ab. Selbst innerhalb der EU ist das laut Verbraucherzentralen ratsam. Achtung: Viele Versicherer übernehmen keine Kosten, die im Ausland durch Schwangerschaft oder Geburt entstehen!
  • Informieren Sie sich rechtzeitig über die Beförderungsbedingungen der Fluggesellschaft und die Einreisebestimmungen des Reiselandes
  • Bringen Sie außerdem in Erfahrung, ob die medizinische Versorgung am Zielort ausreichend ist
  • Denken Sie an eine entsprechend ausgestattete Reiseapotheke
  • Führen Sie immer Ihren Mutterpass mit sich – am besten zusätzlich noch eine Kopie davon
  • Trinken Sie während des Fluges ausreichend Wasser
  • Lassen Sie sich am besten einen Platz in der vordersten Reihe oder am Gang geben, so haben Sie mehr Beinfreiheit
  • Ziehen Sie lockere und bequeme Kleidung an
  • Stehen Sie während des Fluges immer wieder auf und gehen ein paar Schritte, vor allem bei Langstreckenflügen
  • Verstauen Sie Ihr Handgepäck unbedingt in der Gepäckablage, damit es Ihre Beinfreiheit nicht einschränkt
  • Legen Sie Ihren Gurt weit unterhalb des Bauches an

Welche Regelungen gelten von Seiten der Fluggesellschaften?

Nicht nur ihr Gesundheitszustand entscheidet darüber, ob eine Schwangere fliegen kann oder nicht – sondern auch die Bestimmungen der Fluggesellschaften. Viele Airlines nehmen Frauen in höheren Schwangerschaftswochen nicht mehr mit, aus Angst vor Geburten im Flugzeug. "Medizinisch besteht zwar kein Grund, ab einem bestimmten Zeitpunkt nicht mehr zu fliegen", sagt Schlembach. Dennoch werde auch der Arzt gegen Ende der Schwangerschaft vom Fliegen abraten. "Eine Geburt im Flugzeug ist nicht unbedingt erstrebenswert."

Wann eine Schwangere nicht mehr mitfliegen darf, legen die einzelnen Fluggesellschaften jedoch individuell fest: Viele Airlines nehmen Schwangere ab der 34. oder 36. Woche nicht mehr mit. Manche Gesellschaften verlangen außerdem vorher – einige bereits ab der 28. Woche – ein entsprechendes Attest von einer Hebamme oder einem Arzt. "Das kostet in der Regel zwischen 5 und 15 Euro", sagt Schlembach.

Bei Mehrlingsschwangerschaften ist in vielen Fällen das Mitfliegen schon ab der 29. oder 32. Woche nicht mehr möglich. "Weil da die Geburt in der Regel auch früher stattfindet", sagt Schlembach. Schwangere sollten sich deshalb rechtzeitig vor der Reise über die jeweiligen Bestimmungen der Airline informieren. Falls ein ärztliches Attest nötig ist, sollten sie es im Handgepäck mitführen.

Gibt es spezielle Einreisebestimmungen für Schwangere?

Neben den Beschränkungen der Fluggesellschaften können auch die Einreisebestimmungen einiger Staaten ein mögliches Reisehindernis für Schwangere sein. Manche Länder behalten sich vor, werdende Mütter ab einem bestimmten Schwangerschaftsmonat nicht mehr einreisen zu lassen. Das gilt zum Beispiel für die USA. Schwangere aus Deutschland müssen eine entsprechende Krankenversicherung nachweisen können und glaubhaft versichern, dass sie das Land wieder verlassen wollen. Andere Länder, wie beispielsweise Singapur, verlangen ab dem 6. Monat ein ärztliches Attest sowie einen sogenannten "Social Visit Pass", den man im entsprechenden Konsulat beantragen muss. Schwangere sollten sich deshalb auch über die Einreisebestimmungen im jeweiligen Land rechtzeitig erkundigen.