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Zusammenfassung:

  • In ungefähr drei Prozent der Fälle drehen sich die Babys bis zur abgeschlossenen 36. Schwangerschaftswoche nicht in die ideale Position für die Geburt, also mit dem Kopf nach unten ins Becken der Mutter.
  • Ab der 37. Schwangerschaftswoche sinkt die Wahrscheinlichkeit, dass das noch passiert, rapide in den einstelligen Bereich.
  • Zwischen der 34. und der 37. Schwangerschaftswoche können Schwangere mit ihrer Hebamme versuchen nachzuhelfen, zum Beispiel mithilfe bestimmter Yoga-Übungen, Moxibustion, Licht oder Geräuschen. Zu den Methoden, die überwiegend aus dem komplementärmedizinischen Bereich stammen, gibt es wenige Studien zur Wirksamkeit.
  • Ab der 37. Schwangerschaftswoche besteht die Möglichkeit einer äußeren Wendung. Mediziner versuchen dabei, das Kind mit speziellen Handgriffen von außen zu drehen.
  • Funktioniert das auch nicht, können die Ärzte prüfen, ob eine Geburt aus Beckenendlage möglich ist. Falls Gründe dagegen sprechen, wird ein Kaiserschnitt nötig.

Hebamme Dr. Christiane Schwarz hat sie im Laufe ihres Berufslebens schon alle gesehen: die Vorwärtsausparker und Rückwärtsausparker, die Früh-Dreher, Spät-Dreher und Gar-nicht-Dreher. Und: viele Schwangere, die über die "falsche" Lage ihres ungeborenen Babys ex­trem besorgt waren. Manchen tut dann dieser Satz gut, den die leitende Professorin für Hebammenwissenschaft an der Universität zu Lübeck den Frauen mit auf den Weg gibt: "Es gibt keine falsche Lage." Alle Längslagen seien grundsätzlich Norm­varianten – ganz gleich ob das Köpfchen des Babys nun unten oder oben liege.

Gründe für die Beckenendlage

Tatsache ist: Fast alle Babys begeben sich von ganz alleine irgendwann in die perfekte Startposition. Spätestens im letzten Schwangerschaftsdrittel dreht sich ein Großteil der Kinder mit dem Kopf ins mütterliche Becken. Und das ist sinnvoll: "Wenn der größte Teil des Kindes, also der Kopf, zuerst geboren wird, können wir davon ausgehen, dass auch der Rest durchpasst", erklärt Schwarz. Der Geburtsverlauf lasse sich also gut abschätzen und sei in der Regel unkompliziert.

In ungefähr drei Prozent aller Fälle drehen sich die Kinder nicht. Bleiben Babys dann auf ihrem Po sitzen, sprechen Experten von einer Beckenendlage. Dabei unterscheidet man verschiedene Typen: Bei der reinen Steißlage liegen die Beine des Kindes am Körper hochgezogen an, wie bei einem Klappmesser. Bei der kompletten Steiß-Fuß-Lage sitzt das Kind quasi mit angezogenen Knien da. Bei der vollkommenen Fußlage gehen die ausgestreckten Beine voran. Dazwischen gibt es Mischformen – zum Beispiel, wenn nur ein Bein nach unten gestreckt ist.

"In schätzungsweise 20 Prozent aller Fälle sehen wir Gründe, wieso das Kind sich nicht gedreht hat", erklärt Gynäkologe Dr. Ralph Kästner, Leiter der Geburtshilfe an der Klinik und Poliklinik der Ludwig-Maximilians-Universität München Standort Innenstadt (Maistraße). So spiele unter anderem die Form und Beschaffenheit der Gebärmutter eine Rolle, die Plazentalage oder die Fruchtwassermenge. "Außerdem scheint es auch familiäre Häufungen für Becken­endlagen zu geben", sagt Schwarz.

Wie hoch ist die Wahrscheinlichkeit, dass sich das Baby noch dreht?

Die Wahrscheinlichkeit, dass sich Kinder bis zur abgeschlossenen 36. Schwangerschaftswoche noch von allein mit dem Kopf ins Becken drehen, ist groß. Experten gehen davon aus, dass sie zwischen der 33. und 37. Schwangerschaftswoche noch mehr als 50 Prozent beträgt. Danach sinkt sie rapide in den einstelligen Bereich. Der Grund: Viele Babys sind für eine spontane Drehung nun zu groß, die Platzverhältnisse für eine Vor- oder Rückwärtsrolle werden immer ungünstiger. "Die Aussage, dass sich ein Kind aber gar nicht mehr dreht, stimmt grundsätzlich nicht", weiß Kästner aus eigener Erfahrung. "Wir hatten schon Babys, die sich auf dem OP-Tisch noch in die Schädellage begeben haben." Solche Fälle seien aber ex­trem selten.

Mit der indischen Brücke das Baby zum Drehen bringen?

Dreht sich ein Kind bis etwa zur 34. Schwangerschaftswoche nicht mit dem Köpfchen nach unten, können Schwangere zunächst mit ihrer Hebamme versuchen nachzuhelfen. Die meisten Methoden kommen aus dem komplementärmedizinischen Bereich. Studien zur Wirksamkeit existieren kaum oder basieren auf kleinen Fallzahlen.

"Die Problematik ist, dass wir natürlich nie wissen, ob sich das Kind nicht auch ohne diese Hilfsmittel spontan gedreht hätte, der Erfolg also nur zufällig mit der Drehung in Zusammenhang stand", sagt Schwarz. Sie hat aber auch die Erfahrung gemacht: "Vielen Frauen tut es gut, nicht tatenlos rumzusitzen und zu warten, sondern selber aktiv zu werden."

Viele Hebammen setzen zum Beispiel auf bestimmte Übungen aus dem Hatha-Yoga, bei denen die Schwangere regelmäßig das Gesäß hochlagert, etwa bei der in­dischen Brücke. Die Idee dahinter: Der Po des Babys soll durch die Lagerung aus dem Becken der Schwangeren herausrutschen, das schwungvolle Aufstehen danach soll das Kind zum Purzelbaum animieren. Nachteil der Übung: Für Schwangere ist die Rückenlage bei der indischen Brücke sehr unbequem, durch das Gewicht des Bauchs wird im schlimmsten Fall die untere Hohlvene im Rücken abgeklemmt. Frauen wird dann sofort übel und schummrig.

Viele Hebammen bevorzugen daher mittlerweile andere Positionen, bei denen Frauen das Becken unabhängig von der Rückenlage hochlagern können, etwa die Knie-Ellbogen-Lage. Daher: "Unbedingt von einer Hebamme anleiten lassen", sagt Schwarz.

Helfen Moxibustion, Licht oder Geräusche?

Eine andere Möglichkeit: die Moxibustion, eine Methode aus der traditionellen chinesischen Medizin. Dabei wird ein bestimmter Akupunkturpunkt am jeweils kleinen Zeh beider Füße mit der Hitze einer angezündeten Beifußzigarre stimuliert. Das Becken der Frau wird wie bei der indischen Brücke hochgelagert. "Die Moxibustion soll die Kindsbewegungen so sehr verstärken, dass das Kind sich spontan dreht", erklärt  Christiane Schwarz.

Unkompliziert und für den Hausgebrauch: Versuche mit Licht, bei der die Schwangere mithilfe einer Taschenlampe ihrem Baby den Weg auf ihrer Bauchdecke weist. Bei der akustischen Variante benutzt sie ein Klanginstrument in der Hoffnung, das Baby möge sich dem Geräusch zuwenden. Wissenschaftlich untersucht sind beide Methoden nicht: "Da sie aber weder Mutter noch Kind schaden, kann man sie einfach ausprobieren", findet Schwarz.

Letzte Möglichkeit: Äußere Wendung

Dreht sich das Baby trotz aller Be­mühungen bis zur 37. Schwangerschaftswoche nicht, besteht die Möglichkeit der äußeren Wendung. Mediziner versuchen dabei, das Kind von außen mit speziellen Handgriffen so zu drehen, dass es am Ende in Schädellage liegt. "Die Wendung kann man sich ein bisschen wie Tangotanzen zu dritt vorstellen", sagt Gynäkologe Kästner. "Arzt, Kind und Mutter müssen einen harmonischen Rhythmus finden, sonst hat das Ganze wenig Aussicht auf Erfolg." Ob sich ein solcher Rhythmus findet, hänge nicht nur von körperlichen Faktoren ab, ist der Experte überzeugt. "Eine entspannte Atmosphäre und das Vertrauen zum Arzt sind unabdingbare Voraussetzungen", sagt er.

Deshalb sei es wichtig, Fragen im Vorfeld zu klären: Wieso will eine Frau die äußere Wendung? Was ist ihre Motivation? Wie lange und intensiv darf der Arzt seine Griffe anwenden? Dazu kommt ein sogenannter organischer Score, bei dem der Arzt die körperlichen Voraussetzungen von Mutter und Kind checkt. "Anhand der Fruchtwassermenge, der Lage der Plazenta, der Größe des Kindes und einiger anderer Faktoren können wir schon vorher eine Aussage darüber machen, wie wahrscheinlich es ist, dass die Wendung gelingt", erklärt der Mediziner.

So funktioniert die äußere Wendung

Statistisch gesehen liegt der Erfolg bei mehr als 50 Prozent. "Das hängt aber auch von der Erfahrung des Arztes ab", sagt Kästner. In der Regel dauert das Prozedere nur einige Minuten. Die Herztöne des Babys werden dabei immer wieder am CTG überwacht, der Arzt überprüft das Ergebnis per Ultraschall. Manche Frauen empfinden die Wendung als unangenehm, "schmerzhaft sollte sie aber nicht sein", sagt Kästner. Sicherheitshalber findet die äußere Wendung im Kreißsaal statt, die Schwangere sollte nüchtern sein. "Falls es zu einem Notfall wie etwa einer Plazentablösung kommt, können Ärzte sofort einen Kaiserschnitt machen", erklärt der Arzt. Dies käme aber extrem selten vor.

Geburt aus Beckenendlage

Enttäuscht sind viele Frauen, wenn sich das Kind trotz aller Versuche am Ende immer noch in Beckenendlage befindet. Aber auch in diesem Fall besteht häufig die Möglichkeit, das Kind auf natürlichem Weg zu gebären. "Becken­endlage heißt nicht automatisch Kaiser­schnitt", sagt Schwarz. Immer mehr Kliniken bieten mittlerweile wieder vaginale Geburten bei Beckenendlage an. "Interessanterweise war das bis vor 100 Jahren ohnehin gang und gäbe", erklärt die Hebamme. Kinder seien entweder mit dem Steiß oder dem Köpfchen voran geboren worden.

In den 70er-Jahren gab es dann die Empfehlung, Kinder in Beckenendlage per Kaiserschnitt zu entbinden. Später etablierte sich die sanfte Form des Kaiserschnitts. Beides führte zu einer deutliche Abnahme der vaginalen Beckenendlagegeburten. Dazu trug auch die Hannah-Studie aus dem Jahr 2000 bei. Sie kam zu dem Ergebnis, dass ein Kaiserschnitt bei Becken­endlage die sichere Variante sei. "Heute weiß man, dass diese Studie große qualitative Mängel aufwies", so Kästner. Notwendig sei es, vorher abzuklären, ob eine vaginale Geburt infrage komme und Geburtshelfer bereitstünden, die Erfahrung mit Geburten aus Beckenendlage haben.

"Durch genaue Ultraschallunter­suchungen im Vorfeld sind Ärzte in der Lage, sehr gut zu beurteilen, ob das Kind am Ende durch den Geburtskanal passt, und können die Risiken minimieren." Er findet, Frauen, denen eine spontane Geburt wichtig sei, sollten sich eine Zweitmeinung einholen, wenn der Kaiserschnitt als scheinbar einzige Option im Raum stehe. "Neben allen Zahlen und Statistiken dürfen die Wünsche der Mutter nie unbeachtet bleiben", sagt Kästner. Das Geburtserlebnis sei schließlich der Start in ein neues Leben – für Mutter und Kind.

"In einem ausführlichen Gespräch klären wir über die Risiken, aber auch über die Vorteile einer vaginalen BEL-Geburt auf. Wir überreden niemanden, motivieren allenfalls", sagt Köhler. So müssen die Frauen wissen, dass sie Geduld, Kraft und Durchhaltevermögen brauchen. "Sowohl die Gebärende als auch das Baby benötigen buchstäblich einen langen Atem. Aus meiner Erfahrung dauert die Geburt etwa ein bis zwei Stunden länger, auch die Pressphase verlängert sich", sagt Köhler. Und auch viele ­Babys seien im ersten Moment etwas erschöpfter und betreuungsintensiver, da ihr Kopf am längsten im Becken bleibt. "Eine Sauerstoff­unterversorgung brauchen Eltern dennoch nicht zu befürchten. In einer Studie konnten wir nachweisen, dass eine vaginale Geburt in Becken­endlage eindeutig Vorteile gegenüber ­einem Kaiserschnitt hat", erklärt der Arzt. Die Operation sei ein medizinischer Eingriff mit den bekannten Risiken wie etwa Thrombosen oder Infektionen. "Bei einer BEL-Geburt ohne Kaiserschnitt ist die Mutter schneller wieder fit. Bei Kindern sinkt durch eine vaginale Geburt grundsätzlich das Risiko für Allergien und Darmprobleme", sagt der Geburtsmediziner.

Gibt’s von ärztlicher Seite grünes Licht, rät Köhler zu einer Gebärposition im Vierfüßlerstand: "Sie ist schonender als die Rückenlage und erleichtert Mutter und Kind den Gebärprozess. Die meisten Babys fallen in der Klappmesser-­­Position ohne Zutun in die Arme der Heb­amme." Dammschnitte seien bei Steißgeburten etwas häufiger, werden aber möglichst vermieden.

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