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Papa, das Monster will mich freeeessen!", "Mama, ich will nicht in den Käfig!" Uff, ist das gruselig, wenn Albtraum-Alarm herrscht! Gut, dass Prof. Dr. Michael Schredl beruhigt: "Dass Kinder Albträume haben, auch sehr gruselige, ist normal", sagt der Traumforscher und Psychologe. Er leitet das Schlaf­labor des Mannheimer Zentralinstituts für seelische Gesundheit.

Nachtschreck oder ­Albtraum: Wo ist der Unterschied?

Wir alle träumen jede Nacht. Bei Kindern gelten jedoch Besonderheiten. Weint ein Kind, klären Eltern: Warum ist es außer sich? "Kinder, besonders im Alter zwischen zwei und fünf Jahren, können auch einen Nachtschreck haben", sagt die Entwicklungspsycho­login Dr. Eva-­Maria Schiller, die an der Universität Münster das Beratungslabor des Instituts für Psychologie geschäftsführend leitet. Manche Kinder mit Nachtschreck schreien und schlagen um sich, ansprechbar sind sie aber nicht. Morgens können sie sich kaum an etwas erinnern. Eltern sollten nachts nur bei ihnen bleiben und darauf achten, dass sich ihr Kleines nicht verletzt. Nacht­angst tritt vorwiegend in der ers­ten Nachthälfte auf, oft ­etwa ­eine Stunde nach dem Einschlafen. Albträume passieren eher in der zweiten Nacht­hälfte, Kinder wachen dann meist auf und sind ansprechbar.

Kinder vermischen oft Traum und Realität

Andere Kinder erwachen, schauen auf einen Stuhl oder Vorhang – und sehen eine Hexe. "Im Vorschulalter haben Kinder eine starke Vorstellungskraft, begleitet von intensiven Gefühlen", sagt Schiller. Schreckt ein Kind aus dem Traum auf, kann es anfangs nicht einordnen, dass es ein Traum und nicht die Realität ist. Zwar lernt es das auch etwa ab dem Vorschulalter, doch in der Nacht "lässt ihr magisches Denken, Gegenstände lebendig werden", so Schiller. Eltern versuchen mit den Worten "Das war nur ein Traum" zu trösten. "Das ist zwar gut gemeint, nimmt aber die Gefühle der Kinder nicht ernst", sagt Schiller.

Besser gehtʼs, indem Eltern dem Gefühl einen Namen geben. Schiller rät zu Sätzen wie "Du hast Angst, das kann ich gut verstehen. Ich bin jetzt da". Auf Monsterjagd gehen, müssen sie aber nicht. Manchmal hilft ein Blick unters Bett: Schau, da ist kein Ungeheuer! "Monster jagen raubt eher den Schlaf", so Schiller. Nachts sei es besser, mit Ruhe, Geduld und viel Nähe zu trösten. Am nächsten Tag spricht man gemeinsam über den Traum. "Eltern kommen so mit ihren Kindern über deren innere Welt ins Gespräch", sagt Schredl – übrigens auch bei guten Träumen. "Sind Albträume so häufig, dass die Schlafqualität oder das Tages­befinden leiden, spricht man von einer Albtraum­störung", so Schredl. Träumt ein Kind mehr als einmal pro Woche fies, und das betrifft etwa fünf Prozent der Kinder, sollten Eltern handeln.

Träume malen und gut Wendung einfügen

Doch wie verlieren Albträume ihren Schrecken? "Kinder lernen einen Traum so umzugestalten, dass er das Albtraumhafte verliert", sagt Schredl. Am einfachsten geht das, wenn das Kind seinen Traum malt. Fauchen Monster, Hexe, Krokodil auf dem Papier, fügt das Kind ein neues Traumende ein; zwischen Monster und Traum-Ich steht etwa eine Mauer oder Mama. "Die Idee für das neue Ende sollte das Kind selbst entwickeln", rät Schredl. Die Zeichnung wird dann etwa zwei Wochen lang täglich fünf Minuten angeschaut. Bleiben die Albträume, müssen Profis ran. Der Kinderarzt überweist an einen Psychotherapeuten oder ein Schlaf­labor.

Warum aber ist die Traumwelt von Kindern gruselig? "Kinder träumen nicht gru­seliger als Erwachsene, sie erzählen nur un­gefiltert", sagt Schredl. Das kann Eltern er­schrecken. Studien zeigen aber, dass Kinder tatsächlich mehr Albträume haben als Erwachsene, der Peak liegt zwischen sechs und zehn Jahren. Über die Gründe gibt es nur Vermutungen: "Kinder wollen selbstständig sein, fürchten aber das Alleinsein", erklärt Eva-­Maria Schiller. Auch die selbstständige Re­gulierung ihrer Gefühle und Techniken der Angstbewältigung müssen sie erst lernen. Dazu gehört ihr Umgang mit Furcht.

Stress abbauen kann helfen

Albträumen vorbeugen können Eltern kaum. "Zudem liegt die Neigung für fieses Träumen in den Genen und in der Persönlichkeit", sagt Schredl. Sensible, ängstliche Kinder träumen eher schlecht, auch Stress spielt eine Rolle, etwa die Scheidung der Eltern oder der Tod der Oma. Dass dies auch nachts beschäftigt, können Eltern nicht verhindern, aber begleiten. "Hilfreich sind Einschlafrituale", sagt Schiller. So wird zum Beispiel stets ge­lesen, und Stoffhase Hoppel kuschelt mit im Bett. Die Kinder erfahren so Verlässlichkeit und dass sie nicht allein sind.

Imagery Rehearsal ­Therapy: Albträume entschärfen

1. Schritt – Konfrontation: ­Lassen Sie Ihr Kind den Albtraum malen. Ältere Kinder können ihn auch aufschreiben.

2. Schritt – Bewältigung: Fragen Sie, was Ihr Kind in das Bild einzeichnen kann, um die Angst zu reduzieren (z. B. einen Zauberer, der das Mons­ter verjagt). Wird der Traum aufgeschrieben, sollten Sie gemeinsam mit ihm ein neues Traum­ende schreiben. Wichtig ist, ­die Kreativität anzuregen.

3. Schritt – Training: Üben Sie mit Ihrem Kind die neue Version circa fünf bis zehn Minuten täglich über zwei Wochen.