Logo der Apotheken Umschau

Sein großes Geschäft in die Windel machen oder sich dafür aufs Töpfchen setzen – es könnte so einfach sein. Und doch klappt es manchmal schon bei Babys nicht problemlos mit dem Stuhlgang. "Circa 20 bis 30 Prozent meiner kleinen Patienten leiden unter einer vorübergehenden Verstopfung", sagt Dr. Brigitte Dietz, Kinder- und Jugendärztin in Taufkirchen. Ein relativ häufiges Phänomen also, das für die Kleinen richtig schmerzhaft sein kann.

Woher kommt die Verstopfung?

Kinder können eher laufen und sprechen als ihre Ausscheidungsorgane be­herrschen. "Das ist eine komplexe Fähigkeit und daher auch störungsanfällig", erklärt Dr. Martin Claßen, Chefarzt der Klinik für Kinder- und Jugendmedizin am Eltern-Kind-Zentrum Prof. Hess in Bremen. Im Gespräch mit besorgten Eltern betont der Kindergastroenterologe deshalb als Erstes: Weder Erziehungsfehler noch Verhaltensstörungen führen zu einer Verstopfung. Vielmehr können verschiedenste Faktoren die Ursache dafür sein, dass sich ein Kind das große Geschäft verdrückt oder der Stuhl seine Konsistenz ändert: zum Beispiel ein neuer Tagesablauf wie etwa beim Kita-Start oder eine Reise mit ungewohntem Essen. "Manchmal kommt es auch im Laufe des Sauberwerdens dazu, dass Klein­kinder aus Angst vor der Toilette oder dem Töpfchen den Stuhl verhalten", erklärt Brigitte Dietz.

Diese Anzeichen deuten auf Verstopfung hin

Bei Babys zeigt sich das Phänomen meist das erste Mal, wenn sie nicht mehr ausschließlich Milch trinken, sondern auch Brei zu essen bekommen: Der Stuhl wird sofort fester. "In den Monaten davor gibt es keine Verstopfung. Von sechs Mal am Tag Stuhlgang bis hin zu alle zehn Tage einmal – bei Säuglingen ist das der Rahmen des Normalen", erklärt die Kinderärztin. Generell ist es nicht so entscheidend, wie oft ein Kind zur Toilette geht (auch bei Klein­kindern ist die Bandbreite hoch). Vielmehr kommt es auf die Begleit­­erscheinungen an: Ist der Stuhl hart und verursacht er Schmerzen? Klagen die Kleinen über Bauchweh? Halten sie bewusst den Drang zurück, aufs Klo gehen zu müssen? Sind immer wieder braune Streifen in der Unterhose? Manchmal haben Kinder, die über einen längeren Zeitraum verstopft sind, sogar weniger Appetit.

Ernährungstipps für Kleinkinder

  • Birnen, Kürbis und Trockenobst lockern den Stuhl auf. Bananen, Karotten, Schokolade, Kakao und Fast-Food stopfen. Deshalb nur in Maßen genießen.
  • Vollkornprodukte wie Müsli oder Dreikornbrot (gemahlen) wirken positiv auf die Verdauung.
  • Kochen Sie mit Olivenöl statt Butter, Margarine, Sonnenblumenöl.
  • Bewegung fördert ebenfalls die Verdauung der Kleinen. Schaffen Sie genug Gelegenheiten zum Toben und Rennen.
  • Sorgen Sie für Ruhe und eine angenehme Atmosphäre beim Toilettengang.
  • Wichtig: Ausreichend trinken. Morgens vor dem Frühstück tut dem Darm ein Glas Saft gut.

Unangenehme Erfahrung als Ursache

Eine Sache trägt entscheidend dazu bei, dass sich überhaupt eine Verstopfung entwickelt: "Das Kind hat das Ausscheiden einmal als schmerzhaft erlebt, und daran erinnert es sich beim nächsten Mal", sagt Martin Claßen. Es möchte die unangenehme Erfahrung vermeiden und verkneift sich deshalb den Drang. Der Kot wird zurückgehalten und verhärtet sich. Ein Teufelskreis entsteht, denn das nächste Geschäft schmerzt noch mehr. "Es besteht die Gefahr, dass eine Verstopfung chronisch wird", erklärt der Kindergastro­enterologe.

Darum sollten Sie rechtzeitig zum Arzt

Nicht lange Herumdoktern, sondern schnell handeln, lautet deshalb die Devise der Mediziner. Maximal zwei Wochen sollten Eltern abwarten, wenn sie beobachten, dass ihr Nachwuchs Probleme mit dem Stuhlgang hat. Und sich dann von ihrem Kinderarzt helfen lassen. Auf keinen Fall selbst versuchen, zum Beispiel mit einem Fieberthermometer, Stuhlgang zu provozieren oder durch mehr Trinken und Ballaststoffe den Stuhl ihres Kindes weich zu machen. "Man darf eine Verstopfung nur ohne zusätzliche Schmerzen lösen, der Vorgang darf nicht traumatisch sein", erklärt Martin Claßen. Die Kleinen erhalten daher häufig einen Stuhl­weich­macher, der den Darm zu dessen Weiter­transport reizt. Gleichzeitig bekommt das Kind ein kleines Klistier oder Abführzäpfchen, um den harten Stuhl zu ent­fernen.

Therapie: Medikamente und Stuhltraining

"Stuhl machen muss wieder als etwas Erleichterndes erlebt werden", sagt Brigitte Dietz. Das ist ein Lernprozess, der oft über Monate geht und viel Geduld braucht. Medikamente, die den Stuhl weich machen, empfehlen Ärzte zunächst für circa drei Monate, um ihn dauerhaft geschmeidig zu halten. "Danach reduzieren wir es und schauen: Klappt es so oder braucht es noch mehr Zeit?", erklärt die Kinderärztin. Neben der Behandlung mit Medikamenten raten die Experten bei Kleinkindern auch zum Stuhltraining. Das funktioniert im Prinzip sehr einfach: zum Beispiel das Kind ermutigen, immer dann auf Toilette zu gehen, wenn es muss. Vielleicht hilft es dem Kleinen, seine Angst vor dem Klo zu überwinden, wenn der Teddy mitkommt. Und vor allem in der Phase des Sauberwerdens möglichst entspannt bleiben: "Nicht drängen, das führt nur zu Anspannungen", sagt Claßen. Das Kind sollte das Tempo selbst bestimmen.

Erklärvideo zum Thema