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Ich erinnere mich gerne an die Geburtstage meiner Kindheit. Was war das immer für ein herrlich chaotisches Durcheinander. Alles, was den Anschein von wertvoll, gefährlich oder zerbrechlich hatte, wurde weggesperrt. Dann gehörte der Ort uns. Unterbrochen wurde das wilde Treiben nur, wenn Mama zu Beginn den Kuchen reinbrachte und die Kinder am Ende an die Tür geschoben wurden.

Heute bin ich selbst Mutter einer Tochter – und war bis vor kurzem ahnungslos, was ein Kinder-Jubiläum heutzutage bedeutet. Auf die Frage anderer Mamis, was wir denn am fünften Geburtstag meiner Kleinen planen würden, reagierte ich mit Achselzucken. Eine Reaktion, die am Kindergartenparkplatz Fassungslosigkeit hervorrief. Ich wurde erst einmal aufgeklärt.

Planung ist alles

Die Planung eines gelungenen Kindergeburtstages, so wurde mir mitgeteilt, benötige eine vier- bis sechswöchige Vorbereitungszeit. Mindestens. An Beispielen, die das belegen, mangelte es nicht: Helene war an ihrem Geburtstag mit einer zehnköpfigen Horde auf dem Ponyhof. Justus feierte den sechsten Geburtstag mit seinen 15 besten Freunden in einem Zirkuszelt – Kinderschminken, Zauberer und Luftballontiere inklusive. Und dann erst Jan-Lukas. Dessen Eltern haben einen halben Park für seinen Geburtstag angemietet. Was gab es da nicht alles: eine Hüpfburg (oder waren es zwei?), ein Jumbo-Bällebad und ein Zuckerwattestand – und das allein im Eingangsbereich.

Der richtige Ort – Verzeihung: die richtige Location – sei das A und O, bekam ich erklärt. Voll im Trend lägen derzeit Indoor-Spielplätze, Museen und Zirkuszelte. Oder ich solle es mal auf dieser alten Burg versuchen, auf der man dann den ganz privaten "Gespenstergeburtstag" feiern könne. Betreuung, Bewirtung, Bespaßung – alles als Komplettlösung buchbar. So spare man sich auch das Kuchen backen, Kinderbeaufsichtigen und das lästige Aufräumen danach.

Mein hilf- und ratloses Gesicht wurde wohl so gedeutet, dass ich offensichtlich allein mit der Suche nach einer "Location" vollkommen überfordert sei. So rieten mir die geburtstagserprobten Kiga-Muttis, mich doch gleich an eine professionelle Kinder-Eventagentur zu wenden. Das Glück meiner kleinen Jubilarin sei in den Händen von Experten sowieso besser aufgehoben. Ich müsste den Geburtstag nur in Auftrag geben und bekäme daraufhin das passende Konzept präsentiert. An dieser Stelle läuteten bei mir die Alarmglocken: Kindergeburtstag und Konzept? Das kann doch keinen Spaß machen.

Tütenweise Stress

Am Abend saß ich dann immer noch ein wenig verwirrt am Küchentisch. Mamas von heute stemmen ganze Agenturen, organisieren Konferenzen und Messeauftritte, aber so eine Kindersause übersteigt ihre konzeptionellen Fähigkeiten? Und wie war das noch mal, an was muss ich alles denken? Kreative Einladungen. Passende Dekoration. Geeignete und farblich abgestimmte Geschenke für die Gäste, die man jetzt neudeutsch "give aways" nennt. Die Fragezeichen auf meiner Stirn wurden immer größer. Warum um alles in der Welt muss ich den eingeladenen Kindern am Ende der Party tütenweise Süßigkeiten und unnütze Geschenkartikel mit auf den Nachhauseweg geben?

Schokoküsse und Würstchen

Nach einer wild durchträumten Nacht, in der vor allem Hüpfburgen, unter Geschenke erstickende Kinder und Justin Bieber-Pappteller eine große Rolle spielten, wusste ich: Ich mache das nicht mit! Meine Tochter soll ihre Einladungen selber krakeln, Dekoration gibt es nicht, dafür Schokoküsse und Würstchen, Kuchen wird gebacken, Topfschlagen, Blinde Kuh, fertig. Und sonst nichts? Nein, sonst nichts.

Die anderen Eltern ließ ich im Vorfeld wissen, die Kosten für ein Geburtstagsgeschenk nicht über fünf Euro steigen zu lassen. Die Reaktionen darauf überraschten – im positiven Sinne. Zum Beispiel: "Danke, danke! Du weißt ja gar nicht, was mir für ein Stein vom Herzen fällt. Meine Tochter hat von einer Freundin zum Geburtstag so ein super teures Prinzessinnenschloss geschenkt bekommen. Ich spare jetzt schon auf das Return-Geschenk."

Unsere Party war dann übrigens ein Riesenerfolg. Ich habe alles weggesperrt, was wertvoll, gefährlich oder zerbrechlich war und dann den Kleinen das Feld überlassen. Nach "give aways" hat niemand gefragt. Nur, ob wir bitte, bitte bald mal wieder eine Party machen können.