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Oft bemerken Eltern ihn erst, wenn er schon da ist: der erste bleibende Backenzahn. Meist ab dem sechsten Lebensjahr schieben sich die sogenannten Sechsjahresmolaren hinter die letzten Milchzähne. Von oben betrachtet, ähnelt ­jeder einzelne einem kleinen Ge­birge mit vier oder fünf Gipfeln und Flüssen, die sich zwischen ­ihnen eingegraben haben. Mal mehr, mal weniger tief.

Zahnärzte sehen in den Fissuren und Grübchen potenzielle Brutstätten für Karies. In der Regel raten Ärzte zur Kunststoff-Versiegelung, denn gründliches Zähneputzen allein reicht oft nicht aus. Das sollten Eltern wissen:

Wann Ärzte zum Versiegeln raten

Zähne, die frisch durchgebrochen sind, gelten als sehr kariesanfällig. Ihr Schmelz ist noch wenig wider­standsfähig. Eine Versiegelung würde das "Gebirge" etwas ebnen. Ob die Zahnoberfläche der ersten bleibenden Backenzähne versiegelt werden sollte oder nicht, dafür spielen drei Dinge eine wesentliche Rolle: "Wie sich das Kind ernährt, wie gut die Zähne geputzt werden und wie ihre Anatomie ist, wie tief also die Fissuren sind und ob sie womöglich Höhlen bilden, in ­denen sich Bakterien wohlfühlen", erklärt Prof. Dr. Cornelia ­Frese. Die Oberärztin an der Poliklinik für Zahnerhaltung am Universitätsklinikum Heidelberg leitet für die Zahnärztekammer Baden-Württemberg den Kurs "Gruppen- und Individualprophylaxe".

"Ich empfehle eine Versiegelung der kariesfreien Backenzähne vor allem dann, wenn das Kind an anderen Zähnen schon Karies hat", sagt Dr. Elena Schaub-Langner, die Kinderzahnärztin in München ist. Durch die Versiegelung kann das Kariesrisiko bei den neuen, noch gesunden Zähnen effektiv verringert werden. Weil bei fast jedem Kind mindestens einer­ der genannten Punkte kritisch einzuschätzen ist, gilt die Fissurenversiegelung bei den meisten Kindern als sinnvoll. Beinahe zwingend notwendig wird sie, wenn die Kleinen feste Zahnspangen tragen, die das gründliche Zähneputzen erschweren. So wundert es kaum, dass der Anteil der Zwölfjährigen mit versiegelten Backenzähnen bei nahezu 80 Prozent liegt.

So werden Zähne versiegelt

Ganz entscheidend: Vor der Ver­siegelung müssen die ­Zähne karies­frei sein. Ansonsten ­wüten die Bakterien erst einmal un­bemerkt unter der Versiegelung weiter. Am Anfang jeder Versiegelung steht deshalb eine Grunduntersuchung durch den Zahnarzt. Der muss die Versiegelung übrigens nicht selbst machen, sondern kann ­dies auch zahnmedizinischen Fach­angestellten über­lassen.

"Nach der Grundunter­suchung werden die Zähne gründlich ge­reinigt, und der Zahnschmelz wird mit Phosphorsäure angeätzt", erklärt Kinderzahn­­ärztin Schaub-Langner. Sie versiegelt in ihrer Praxis immer selbst. Danach wird der zu behandelnde Zahn trocken­gelegt, entweder mittels Watte­­röllchen oder eines sogenannten Kofferdams.

Das ist eine elastische Folie, die über die Zähne gezogen und mit einer Klammer befestigt wird. "Die Wahl der Methode hängt davon ab, wie weit der Zahn bereits durchgebrochen ist und wie das Kind mitmacht. Der Kofferdam kann unangenehm sein und erfordert häufig eine Betäubung des Zahnfleisches", sagt Schaub-Langner. 

Ist der Zahn trocken, wird dünnflüssiger Kunststoff aufgetragen, der sich auf der Zahnoberfläche ausbreitet und in die Vertiefungen fließt (siehe unten). Entweder härtet der Kunststoff von selbst oder mithilfe eines speziellen Lichts aus. Abschließend wird der Zahn poliert und ein Fluorid­gel aufgetragen.

Bricht ein Zahn durch, ist sein Zahnschmelz noch wenig widerstandsfähig. Graben sich zudem ­tiefe Fissuren in ihn hinein, in denen sich Bakterien  wohlfühlen und die schwer zu reinigen sind, hat Karies­ leichtes­ Spiel. Zahnärzte versiegeln diese Fissuren deshalb häufig mit Kunststoff. ­Flüssig aufgetragen, füllt er die Fissuren und härtet dann aus.

Bricht ein Zahn durch, ist sein Zahnschmelz noch wenig widerstandsfähig. Graben sich zudem ­tiefe Fissuren in ihn hinein, in denen sich Bakterien wohlfühlen und die schwer zu reinigen sind, hat Karies­ leichtes­ Spiel. Zahnärzte versiegeln diese Fissuren deshalb häufig mit Kunststoff. ­Flüssig aufgetragen, füllt er die Fissuren und härtet dann aus.

Jede Versiegelung dauert zwischen zehn und 20 Minuten. Ob ­alle vier hintersten Backen­zähne in einer oder in mehreren ­Sitzungen gemacht werden, hängt davon ab, wie gut die Kinder mit­machen. "­Eltern sollten sie motivieren und selbst nicht ängstlich sein", so ­Cornelia Frese.

Diese Risiken bergen Zahnversiegelungen

Die größte Gefahr ist, dass der Zahnarzt eine Karies übersieht und diese sich unter der Versiegelung ausbreitet. Das kann auch passieren, wenn sich Spalten oder Lufteinschlüsse in der Versiegelung befinden oder sie die Fissuren nicht vollständig abdeckt.

Gerade im ersten halben Jahr, so ergaben ältere Studien, kommt es bei bis zur Hälfte der versiegelten Zähne zu einem Materialverlust. Dafür sind vor allem Verarbeitungsfehler verantwortlich, heißt es in der Leitlinie zu Fissuren- und Grübchenversiegelungen der Deutschen Gesellschaft für Zahn-, Mund- und Kieferheilkunde und der Bundeszahnärztekammer. Cornelia Frese und Elena Schaub-Langner weisen darauf hin, dass Versiegelungen alle vier bis sechs Monate vom Zahnarzt überprüft und gegebenenfalls nachversiegelt werden müssen.

Sorgen um giftige oder allergologische Wirkungen des Kunststoffs müssen Eltern sich meist nicht machen. "Allergische Reak­tionen treten sehr selten auf", meint Elena Schaub-Langner. Wissen­schaftlich erwiesen ist lediglich, dass lichthärtende Kunststoffe beim Aushärten in ihrer äußers­ten Schicht potenziell gesundheitsschädliche Stoffe bilden. "Diese Schicht entfernen wir deshalb mit der Politur", so Schaub-Langner.

Was Versiegelungen kosten

Die Versiegelung der ersten bleibenden Backenzähne bei Kindern ist seit 1993 eine Standardleistung der Krankenkassen und für Eltern kostenfrei. Selten raten Zahnärzte aber auch dazu, bereits die Milch­backenzähne zu versiegeln.

Theoretisch möglich sind Versiegelungen auch an Eck- und Schneidezähnen, wenn sie sehr tiefe Einkerbungen auf der Rückseite haben. Dann müssen Kassenpatienten die Kosten von etwa 30 Euro pro Zahn aber selbst tragen.

Die Zähne weiter pflegen

"Dass ein Zahn versiegelt ist, bedeutet nicht, dass er nicht mehr geputzt werden muss", betont Elena­ Schaub-Langner. Für Eltern bedeutet dies: ordentlich nachputzen, auch noch im Grundschulalter. "Den Kindern fehlt noch die motorische Fähigkeit, um dies gut genug zu machen", sagt Cornelia Frese.

Geputzt werden sollte mit fluo­ridhaltiger Kinderzahnpasta. Zudem empfiehlt Frese, bei Kindern ab sechs Jahren einmal wöchentlich ein hochkonzentriertes Fluorid-Gel auf neu durchgebrochene Zähne aufzutragen, um Karies möglichst gut vorzubeugen.

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Karies

Karies ist eine übertragbare Zahnkrankheit, die oft schon bei Kindern vorkommt. Kariöse Zähne müssen zahnärztlich behandelt werden. Bei fortgeschrittener Erkrankung bilden sich größer werdende Defekte in den Zähnen, die zum Zahnverlust führen können. Durch geeignete Prophylaxemaßnahmen kann Karies deutlich reduziert oder sogar ganz verhindert werden zum Artikel