Ultraschall gegen Myome: Alternative zur OP?
Hochfokussierter Ultraschall ist ein Verfahren, um gutartige Gebärmutterwucherungen zu bekämpfen – ganz ohne Skalpell. Wie die Methode funktioniert

In der Röhre: Der Kernspintomograf macht permanent Bilder
Oft ist die Sorge groß, wenn sie per Zufall beim Gynäkologen als Knoten ertastet oder im Ultraschall entdeckt werden: Myome, Wucherungen der Gebärmuttermuskelschicht. Angst vor Krebs müssen Frauen mit dieser Diagnose aber nicht haben. "Bei Myomen handelt es sich um die häufigsten gutartigen Tumore des weiblichen Genitaltrakts", erklärt Dr. med. Kati Hasenbein, Ärztin in der Praxisklinik Krebsheilkunde für Frauen in Berlin. "Sie entstehen durch ein verstärktes Wachstum gutartiger Muskelzellen der Gebärmutter." In Deutschland sind laut einer Studie 40 bis 60 Prozent aller Frauen im gebärfähigen Alter betroffen, ab 35 Jahren steigt die Wahrscheinlichkeit für die Ausprägung von Myomen.
Gefährlich sind die Wucherungen nicht, und bei vielen Frauen bestehen sie vollkommen unbemerkt. Doch in einigen Fällen treten Beschwerden auf, meist abhängig von Größe, Anzahl und Position der Myome. "Es sind unter anderem verstärkte oder sogar dauerhafte Blutungen möglich, ein Druckgefühl im Unterleib und je nach Lage und Volumen ein erhöhter Druck auf Blase oder Darm", sagt die Gynäkologin. Außerdem verhindern Myome in seltenen Fällen eine ersehnte Schwangerschaft, etwa weil Myome im Bereich der Gebärmutterschleimhaut die Einnistung verhindern oder Frühgeburten verursachen.
Fokussierter Ultraschall: Alternative zum Skalpell?
Lange Zeit galt die operative Entfernung, bei ausgeprägten Beschwerden sogar die komplette Gebärmutterentfernung, als medizinischer Standard. Doch inzwischen gibt es Alternativen zum chirurgischen Eingriff. Als innovativste und schonendste Methode wird momentan die Behandlung mit fokussiertem Ultraschall, kurz FUS oder HIFU ("High Intensity Focused Ultrasound"), angesehen.
Die Technik, die schon seit Längerem bei der Therapie von Prostatakrebs eingesetzt wird, soll Myome durch gezielte Hitzeeinwirkung geradezu schmelzen. "Wir bündeln dabei Ultraschallwellen und applizieren die Energie Punkt für Punkt im Myomgewebe", erklärt Matthias Matzko, Chefarzt der klinischen und interventionellen Radiologie am Klinikum Dachau. "Das Gewebe wird durch die Schalleinwirkung in Schwingung und Reibung versetzt, wobei Temperaturen zwischen 65 und 80 Grad Celsius entstehen." Die fokussierte Hitzeenergie schädigt die Eiweißstrukturen der Zellen dauerhaft, das Myomgewebe wird somit verödet und stirbt ab. Man nennt das Verfahren auch Thermoablation.
Überwachung durch Magnetresonanztomografie
Klingt ein wenig nach Science Fiction – und die benötigte Apparatur entspricht tatsächlich höchster Medizintechnologie. Denn parallel zum gebündelten Ultraschall kommt zur Überwachung auch die Magnetresonanztomografie (MRT) zum Einsatz. Daher hat sich auch die Bezeichnung MR-FUS oder auch MRgFUS durchgesetzt. "Während der Behandlung liegt die Patientin im Magnetresonanztomografen auf dem Bauch. Sie wird möglichst bequem auf einem Gelkissen im Wasserbad über der Ultraschallquelle positioniert", erklärt der Radiologe. Zudem erhält sie einen Stoppknopf, mit dem sie die Behandlung jederzeit unterbrechen kann, falls zu starke Schmerzen auftreten.
Anhand der dreidimensionalen MRT-Schnittbilder wird die Lage des Myoms exakt bestimmt, sodass der Ultraschall punktgenau ins Myomgewebe abgegeben werden kann. Auf 20- bis 30-sekündige Beschallungsphasen folgt immer eine Kühlphase, damit keine Verbrennungen am gesunden Gewebe auftreten. "Eine Vollnarkose ist nicht notwendig, wir verabreichen vorab ein Beruhigungs- und Schmerzmittel. Aber die Patientin bleibt bei Bewusstsein", so Matzko. "Die meisten Frauen sagen hinterher, dass sie bis auf ein gelegentliches Ziepen der Gebärmutter und ein leichtes Hitzegefühl auf der Haut nichts gespürt haben." Nach rund drei Stunden Behandlungsdauer lässt sich so ein mittelgroßes Myom veröden.
Pro und Contra des Ultraschall-Verfahrens
Die Vorteile der Methode liegen auf der Hand: Sie verläuft vollkommen unblutig, da der Ultraschall durch die intakte Haut hindurch in tiefere Gewebsschichten vordringen kann. Somit entfallen häufige OP-Komplikationen wie Nachblutungen, Wundheilungsstörungen oder Narbenbildung. Das durch Hitze verödete Gewebe wird in den Monaten nach dem Eingriff vom Immunsystem abgebaut und abtransportiert. Da die neue Methode tagesstationär eingesetzt wird, muss die Patientin hinterher nur einige Stunden zur Beobachtung bleiben und kann am selben Tag in Begleitung die Klinik verlassen. Wichtig für Frauen mit Kinderwunsch: Die Gebärmutter bleibt dabei erhalten, die Chancen auf eine spontane Schwangerschaft steigen so anschließend - falls die Myome Grund für die Unfruchtbarkeit gewesen sind.
Allerdings gibt es ein paar Aspekte, die der Therapiemethode enge Grenzen stecken. Matthias Matzko bestätigt: "Es müssen viele Kriterien erfüllt sein, damit wir MRgFUS überhaupt einsetzen können. Nur rund 20 bis 25 Prozent der Frauen mit Myomen eignen sich für die Thermoablation." Wie groß ist der Tumor? Gibt es mehrere einzelne Knoten oder einen großen Myomherd? An welcher Stelle sitzt die Wucherung? Kann der Ultraschall ohne Hindernis am gewünschten Fokuspunkt ankommen? Solche und weitere Fragen müssen die behandelnden Radiologen vorab klären.
Vorderwandmyome etwa sind leichter zu beschallen als Hinterwandmyome, kleinere leichter als sehr große. Je näher die Wucherung an einem Knochen oder einem Nervenstrang liegt, desto schwieriger wird es, die Ultraschallenergie zu applizieren, ohne gesundes Gewebe zu schädigen. Auch dürfen keine Darmschlingen den Schallweg versperren. Zusätzlich kann Übergewicht ein Ausschlusskriterium sein.
Myome können wieder nachwachsen
"Es ist schwierig, die Methode uneingeschränkt zu empfehlen, da es so viele Ausschlusskriterien gibt", sagt daher auch Kati Hasenbein. "Außerdem bieten erst einige wenige Zentren in Deutschland das Verfahren an, die Krankenkassen übernehmen die Kosten nicht automatisch." Dazu besteht, genau wie bei einer medikamentösen oder der Embolisations-Therapie, langfristig immer die Gefahr, dass die Myome nachwachsen und wieder Beschwerden verursachen. "Bei einer Gebärmutterentfernung hingegen kann man dieses Risiko ausschließen", so die Gynäkologin.
Operation ja oder nein? Steht die Entscheidung im Raum, sollte man sich genau informieren. "Vor allem Frauen mit Kinderwunsch kann ich nur ans Herz legen, Kontakt zu einem MRgFUS-Zentrum aufzunehmen und sich untersuchen zu lassen", sagt Matthias Matzko.
Wo bilden sich Myome?
Myome entstehen an verschiedenen Stellen in der Gebärmutter und werden danach benannt: Das intramurale Myom wächst in der Muskelschicht der Gebärmutter. Das subseröse bildet sich an der Umkleidung der Gebärmuttermuskulatur, das submuköse unter der Gebärmutterschleimhaut. Manche Myome sind nur über einen Stiel mit der Gebärmutter verbunden, sogenannte gestielte Myome.
Myome behandeln – die gängigsten Methoden:
Hormontherapie
Durch GnRH-Analoga wird der Körper künstlich in die hormonelle Situation der Wechseljahre versetzt. Wegen der Nebenwirkungen (etwa Hitzewallungen und starke Stimmungsschwankungen) ist die Einnahme auf sechs Monate begrenzt und wird oft im Vorfeld einer Operation empfohlen. Ebenfalls vorbereitend auf einen Eingriff raten Ärzte bei starken Blutungen teilweise auch zu Mitteln mit Ulipristalacetat für einen Zeitraum von drei Monaten. Das soll das Wachstum der Myome hemmen und diese vor einem operativen Eingriff verkleinern. Dabei kann es zu einer Amenorrhoe kommen, das heißt, die Frauen bluten nicht mehr. Dies kann bei Frauen mit einer myombedingten Blutarmut sinnvoll sein.
Operation
Je nach Lage und Größe der Myome können sie chirurgisch durch die Scheide und per Bauchspiegelung (minimal-invasiv) oder durch einen Bauchschnitt abgetragen werden. Wenn möglich, wird die Gebärmutter erhalten. Somit treten nicht abrupt die Wechseljahre ein, da die Hormonproduktion weiterläuft. Allerdings bleiben Blutungen aus.
Embolisation
Hierbei werden die Blutgefäße, die das Myom versorgen, gezielt verschlossen. Der Arzt führt einen Katheter durch die Leistenarterie bis in die Uterusarterie ein und bringt unter Röntgenkontrolle winzige Partikel ein, die die Gefäße verschließen. In der Folge schrumpfen die Myome, innerhalb eines Jahres im Schnitt auf etwa zehn Prozent der Ausgangsgröße.