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Kleine Kinder bedeuteten vor einigen Jahrzehnten vor allem große Wäsche­­berge. Windelberge. Gewickelt wurde mit Stoff, Waschmaschinen gab es nur in wenigen Haushalten. Immer musste gerade eine Ladung ausgekocht oder getrocknet werden. Im Jahr 1946 hatte die US-Amerikanerin Marion Donovan genug davon. Die Journalistin und Tochter eines Erfinders setzte sich an die Näh­maschine und entwickelte, erst aus einem Duschvorhang, später dann aus Fallschirm-Nylon, eine auslaufsichere Überziehhose. Donovan ex­perimentierte ebenfalls mit Papier, um die erste Wegwerfwindel auf den Markt zu bringen, fand aber noch nicht das richtige saug­fähige Ma­terial. Das gelang einem großen Windelhersteller erst An­fang der 1960er-Jahre. Millionen von Babys wurden seitdem mit den Wegwerfwindeln gewickelt.

Praktisch aber nicht atmungsaktiv

Die Einweg-Variante finden viele junge Eltern auch heute noch praktisch, weil sie einfach in der Hand­habung ist. Moderne Produkte sind sehr dünn, Zellstoff und sogenannte Superabsorber (Polymerverbindungen) saugen in Windeseile Urin auf. Die meisten Einwegwindeln hal­ten dicht, die Kinder haben viel Be­wegungsfreiheit. Nachteil: "Die Windeln sind nur bedingt atmungsaktiv", sagt Judith Röchner, Hebamme aus München. Kommt zu wenig Luft an Babys Haut, wird sie wund. Auch die Inhaltsstoffe der Windel wie Bleichmittel oder Mineralöle können Auslöser für eine Windeldermatitis sein. "Dann am besten die Windelmarke wechseln", rät die Hebamme. "Und so oft wie möglich Luft an die nackte Haut lassen, das Baby etwa zwei Mal am Tag für 20 Minuten ohne Windel strampeln lassen."

Passt die Windel?

Je nach Marke fällt die Passform unter­schiedlich aus, das ist abhängig von Babys Figur. Am Bauch sollte die Windel nicht zu eng sitzen, mindestens ein Finger hier Platz haben. Druck­stellen der Raffbündchen sind ein Hinweis, dass die Windel zu klein ist. Die Gewichtsangabe auf der Packung ist daher nur ein Anhaltspunkt – sitzt die nächste Größe oder eine andere Marke einfach besser: wechseln. Passende Windelgrößen gibt es übrigens auch für Frühchen.

Sind Ökowindeln eine Alternative?

Die Nachteile der Wegwerfwindeln: Sie sind teuer (je nach Marke kommen 1000 Euro und mehr zusammen, bis das Kind die Toilette benutzt). Zudem machen sie in manchem Städten etwa zehn Prozent des Restmülls aus. Täglich landen in Deutschland etwa acht Millionen Windeln auf dem Müll. Eine Alternative: Öko-Windeln. Ihr Saugkern besteht zum Beispiel aus Maisstärke, die Hersteller legen Wert auf Rohstoffe aus nachhaltigem Anbau, verzichten auf Duftstoffe, Latex oder Chlor. Statt im Restmüll landet die Windel in der Bio­tonne oder auf dem Kompost. Auch hier gibt es Unterschiede, manche Produkte enthalten im Saugkern Super­absorber auf Erdöl-Basis oder aus synthetischen Stoffen. Argument der Hersteller: Nur so lasse sich verhindern, dass die Windel ausläuft und man durch häufigeres Wickeln noch mehr Müll verursacht.

Weniger Chemie durch Stoffwindeln

Stoffwindeln sind daher für immer mehr Eltern eine Alternative, da diese unter Umständen die Um­welt weniger belasten als Wegwerf­windeln. Auch die Gesundheit des Babys spielt eine wichtige Rolle: "Ich entscheide, wie viel Chemie an die Haut meines Kindes gelangt", sagt Sara Siegel, Stoff­­windelberaterin aus Worms. Stoffwindeln sind zudem atmungsaktiv, das verhindert einen wunden Po.

Zwei Stoffwindel-Systeme

Zwei Systeme lassen sich dabei grob unterscheiden: Es gibt Komplett­­systeme (all in one), die wie eine Einweg­windel angezogen und mit Druckknopf oder Klettverschluss geschlossen werden. Und die Kombination aus zwei bis drei Teilen: eine Saugwindel mit Vlies (ein Einweg-Vlies oder eine waschbare Einlage) und eine auslauf­sichere Überziehhose. Verwendet werden dafür in der Regel Materialien wie etwa Bio-Baumwolle, Hanf oder Viskose (aus Bambus).

Ökologisch nicht zwingend von Vorteil

Die Kosten für Stoffwindeln erscheinen zunächst günstig. "Wer möchte, kann sein Kind zwei bis drei Jahre lang für einmalig 100 Euro wickeln", sagt Sara Siegel. So viel kostet ein gebrauchtes Stoffwindel-Set, der Neupreis liegt bei etwa 300 Euro. Nicht mit einberechnet: die Ausgaben für Waschen und Trocknen. Entweder steigen die Stromrechnungen oder die Ausgaben für einen Windel­service. In manchen Städten und Regionen kann man die dreckigen Windeln zum Waschen abholen und saubere bringen lassen. Wer selbst wäscht, dem empfiehlt Stoffwindelberaterin Sara Siegel einen Extra-­Spülgang, ein 60-Grad-Programm und ein Vollwaschmittel mit Sauerstoffbleiche: "Das tötet alle Keime, und Flecke gehen gut raus." Im Trockner werden die Windeln schön weich, an der Luft getrocknet dagegen oft hart und rau. Unterm Strich wirkt sich beides jedoch auch auf die Kosten und die Ökobilanz aus. Eine britische Studie kommt zu dem Ergebnis, dass die bei Wegwerf- und Stoffwindeln ungefähr gleich ausfällt.

Wegwerf- und Mehrweg-Windeln kombinieren?

Viele Eltern wollen flexibel bleiben: Sie nehmen Wegwerf­windeln für unterwegs, Stoffwindeln zu Hause oder auch mal keine Windeln: Dabei wird das Baby über eine Schüssel oder die Toilette gehalten, wenn es signalisiert, dass es muss. Bei manchen klappt das so gut, dass sie komplett auf Windeln verzichten. Wahrscheinlich nichts für Marion Donovan. Die Windel war der Anfang ihrer Karriere als Er­finderin, bis ins hohe Alter hielt sie 20 Patente. Unter anderem für Zahnseide.

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