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Die wenigsten reden darüber und nur bei der Hälfte der Betroffenen treten Symptome auf: Laut Studien sind zwischen fünf und 30 Prozent der Frauen von einer bakteriellen Vaginose betroffen – in der Schwangerschaft zehn bis 20 Prozent. Die Infektion – genau genommen handelt es sich um eine mikrobiologische Störung – bringt die Scheidenflora aus dem Gleichgewicht.

Mögliche Folge ist eine Abwehrschwäche der Scheide, sodass aufsteigende Infektionen der inneren Geschlechtsorgane bis hin zu den Eileitern entstehen können. Die bakterielle Vaginose selbst ist weder eine Scheidenentzündung noch eine klassische Geschlechtskrankheit. Die bakterielle Fehlbesiedlung der Scheide kann auch ohne jeden Sexualkontakt entstehen. Allerdings bildet sich dabei ein Keimfilm, der auch sexuell übertragen werden kann. Behandelt wird das Scheidenproblem, wenn Beschwerden auftreten und die Diagnose gesichert ist. Frauenärzte verordnen dann normalerweise ein Antibiotikum zum Einnehmen oder zur örtlichen Behandlung der Scheide. Begleitend oder danach werden oft noch Präparate empfohlen, die helfen können, das Scheidenmilieu zu stabilisieren. Denn das Rückfallrisiko ist trotz Antibiotika teilweise recht hoch. Zum Einsatz kommen unter anderem Probiotika wie Milchsäurebakterien.

"Normalerweise ist die Scheidenflora reich an Milchsäurebakterien, sogenannten Laktobazillen", erläutert Prof. Dr. Werner Mendling, Gründungs- und Vorstandsmitglied der Arbeitsgemeinschaft für Infektionen und Infektionsimmunologie in der Gynäkologie und Geburtshilfe (AGII). Die Säure, die sie produzieren, hält den pH-Wert der Scheide bei 3,8 bis 4,4.

"Damit ist das Klima so sauer, dass sich die vielen Keime, die sich in jedem Scheidenmilieu tummeln, nicht übermäßig vermehren können." Geht die Zahl der Milchsäurebakterien aber zurück, können sich bestimmte Bakterien leichter vermehren, darunter vor allem krankheitserregende Bakterien, die anaerob sind, also keinen Sauerstoff brauchen. Hauptsächlich sind das Gardnerella-Keime.

Symptome einer bakteriellen Vaginose

Anzeichen für eine bakterielle Vaginose sind:

  • Ein verstärkter, grau-cremiger statt des normalen, leicht weißlich aussehenden Ausflusses. Er kann auch schaumig sein.
  • Ein unangenehm fischiger Intimgeruch. Auch der Ausfluss ist mit dem üblen Geruch behaftet. Das intensiviert sich noch, sobald das Sekret mit Regelblut oder auch Sperma in Kontakt kommt und reagiert. Dieses Symptom tritt aber nur bei etwa der Hälfte der Betroffenen auf.
  • Ein über 4,5 erhöhter pH-Wert der Scheide. Bei Schwangeren wird dieser regelmäßig bei der Vorsorge gemessen.

Der Arzt kann mikroskopisch gut nachweisen, wenn eine bakterielle Vaginose vorliegt. Die sogenannten Gardnerella-Schlüsselzellen sind dann deutlich sichtbar. "Sind sie unter dem Mikroskop erkennbar, ist auch kein weiterer Abstrich und keine Bakterienkultur mehr nötig", sagt Mendling.

Bakterielle Vaginose gefährlich für Schwangere

Zwar macht laut Werner Mendling vor allem der häufig fischige Geruch die bakterielle Vaginose so unangenehm. Gravierender seien aber die damit verbundenen medizinischen Risiken.

Risiken bei einer bakteriellen Vaginose:

  • Erhöhtes Risiko für Entzündungen des inneren Genitaltraktes: des Muttermunds, der Gebärmutter, der Eileiter, mitunter auch der Harnwege
  • Erhöhtes Ansteckungsrisiko für sexuell übertragene Krankheiten sowie ein erhöhtes Risiko, solche weiterzugeben
  • In der Schwangerschaft: Erhöhtes Risiko für eine Fehlgeburt, für vorzeitige Wehen, vorzeitigen Blasensprung und Frühgeburt sowie für ein niedrigeres Geburtsgewicht des Kindes und eine Gebärmutterentzündung im Wochenbett

Vor allem für Schwangere ist eine bakterielle Vaginose gefährlich. Das Risiko für eine Frühgeburt ist dann deutlich erhöht, denn die Keime können über den Gebärmutterhals aufsteigen und dort einen vorzeitigen Blasensprung oder vorzeitige Wehen auslösen.

Schwangere Betroffene sollten auf jeden Fall behandelt werden. Andere Frauen mit abnormer Vaginalflora müssen laut den ärztlichen Leitlinien (aktuell in Überarbeitung) nicht behandelt werden, so lange sie keine Beschwerden haben.

Behandlung der bakteriellen Vaginose

Üblicherweise wird die bakterielle Vaginose mit Antibiotika behandelt. Als Mittel der Wahl gilt Metronidazol, das entweder als Creme, Vaginaltabletten oder in Tablettenform zum Einnehmen verordnet wird. Bei Schwangeren ist die orale Gabe jedoch laut den ärztlichen Leitlinien nicht empfohlen. Als Alternative gilt Clindamycin als Vaginalcreme. Vorsicht: Kondome können zum Beispiel bei letzterer Schaden nehmen.

Zwar normalisieren sich die Beschwerden im Laufe der Behandlung meist innerhalb weniger Wochen – oder auch spontan, wenn beispielsweise Risikofaktoren wie Rauchen oder falsche Intimhygiene ausgeschaltet wurden. Dennoch kommt es schnell zu Rückfällen, denn oft bleibt ein sogenannter bakterieller Biofilm auf den oberflächlichen Scheidenzellen zurück, in den sich die problematischen Bakterien zurückziehen können. Dieser Biofilm ist sehr hartnäckig und darüber hinaus von Frau zu Frau sehr verschiedenartig zusammengesetzt, was es besonders schwierig macht, ihn zu beseitigen. Es kann helfen, beim Geschlechtsverkehr Kondome zu benutzen. Treten trotz vorbeugender Maßnahmen wieder ein oder mehrere Rückfälle auf, wird der Frauenarzt eine alternative Antibiotika-Behandlung verordnen.

Weil die Antibiotika teilweise auch den hilfreichen Milchsäurebakterien schaden können, kann es nach der Behandlung sinnvoll sein, die Scheidenflora wieder aufzubauen. Dazu stehen verschiedenartige Mittel zur Verfügung, örtlich anwendbar oder auch zum Einnehmen. Präparate mit Milchsäurebakterien zum Beispiel sollten laut Werner Mendling möglichst in Tablettenform eingenommen werden: "Wenn sie über den Darm verstoffwechselt werden, sind sie deutlich wirksamer, als wenn sie nur äußerlich auf die Scheide wirken."

Intimhygiene: Hände weg von aggressiver Seife

Was genau die bakterielle Vaginose verursacht, ist letztlich noch nicht geklärt. Als sicher gilt aber, dass Rauchen das Risiko deutlich erhöht. Ein weiterer Risikofaktor sei falsch verstandene Intimhygiene, sagt Dr. Uta Schlossberger, Dermatologin in Köln und stellvertretende Vorsitzende der Gesellschaft für ästhetische und rekonstruktive Intimchirurgie Deutschland (GAERID). "Viele Frauen verwenden Seifen oder Vaginalduschen, die die Milchsäurebakterien der Scheidenflora angreifen und sie in ihrer Keimabwehr behindern." Die belastenden Symptome bei bakterieller Vaginose veranlassen manche Frauen sogar noch verstärkt zu der vermeintlich hilfreichen Intimpflege.

Zu den Risikofaktoren für eine bakterielle Vaginose gehören:

  • Übertriebene oder falsche Intimpflege wie Vaginalduschen oder häufige Sitzbäder
  • Rauchen 
  • Ungeschützter Sex, auch bestimmte sexuelle Praktiken wie Oral- und Analsex
  • Sexuell übertragene Krankheiten
  • Stress
  • Immunschwäche

Vor einer bakteriellen Vaginose schützen kann:

  • Gebrauch von Kondomen
  • Empfohlen werden auch regelmäßiger, verträglicher Sport und gegebenenfalls Stressbewältigung, zum Beispiel mithilfe von Entspannungsverfahren

Ihren eigenen Patientinnen rät die Dermatologin, sich im Intimbereich idealerweise nur mit warmem Wasser zu waschen und darüber hinaus Wäsche zu tragen, die ausreichend Luft an die Intimzone lässt: "Ein Baumwollslip ist da sehr viel besser als ein synthetischer."