Hirsutismus: Was hilft bei starker Behaarung?
Frauen, die unter Hirsutismus leiden, haben dort Haare, wo sie eigentlich nur bei Männern wachsen. Meist spielen die Gene eine Rolle. Welche Therapien helfen können

Manche Frauen tun sich schwer, ihre Körperhaare im Zaum zu halten
Zu Hippiezeiten hätten Frauen mit vollem Achselhaar und unrasierten Beinen kaum Aufsehen erregt. Heute ist Körperbehaarung weitestgehend out. Waxingstudios schießen selbst in Kleinstädten wie Pilze aus dem Boden, und der Lady-Shaver gehört für die meisten Frauen längst zum Badezimmerinventar. Das Schönheitsideal: glatte, makellose Haut.
Wann ist viel Behaarung zu viel?
Umso mehr leiden Frauen, die überdurchschnittlich stark behaart sind. Aber wann ist eine Körperbehaarung übermäßig? "Ausschlaggebend ist das persönliche Empfinden", sagt der Stuttgarter Hautarzt Dr. med. Jens Tesmann. Er rät Frauen, zum Arzt zu gehen, wenn sie sich unwohl fühlen. "Nur so lässt sich feststellen, ob vielleicht krankhafte Ursachen dahinterstecken", sagt er.
Fast immer spielen die Gene eine Rolle. "Manche Frauen haben am ganzen Körper einfach dunklere und dichtere Körperhaare als andere", sagt Tesmann. Beschränkt sich der übermäßige Haarwuchs allerdings auf Körperstellen, an denen normalerweise nur Männer behaart sind, etwa der Oberlippe oder den Schenkelinnenseiten, sprechen Mediziner von Hirsutismus. Für das typisch männliche Verteilungsmuster der Körperhaare ist vor allem ein Botenstoff verantwortlich: Testosteron. Was viele gar nicht wissen: Auch Frauen produzieren das männliche Sexualhormon, um beispielsweise Muskeln aufzubauen. "Bei vielen Hirsutismus-Patientinnen reagieren die Haarfollikel besonders empfindlich auf Testosteron", erklärt Tesmann. Das kann dann dazu führen, dass an empfindlichen Stellen vermehrt Haare wachsen.
Ursachen: Gene oder Hormone
Auch eine Hormonstörung ist manchmal für den Hirsutismus verantwortlich. "Zum Beispiel kann die körpereigene Produktion der Geschlechtshormone oder ihre Verstoffwechselung beeinträchtigt sein", erklärt Frauenarzt Dr. med. Jörg Angresius aus dem saarländischen Neunkirchen. Dann kann es passieren, dass der Testosteronspiegel steigt. Die Haarfollikel werden stärker stimuliert. Feines Flaumhaar wird dabei oft in borstiges, dunkles Haar umgewandelt.
Ob der Anteil männlicher Hormone zu hoch ist, können Ärzte mit einer Blutuntersuchung feststellen. Bei einer krankhaft erhöhten Hormonkonzentration kommt es darauf an, die Auslöser zu finden. "Insulinresistenz, Eierstockzysten und Nebennierenerkrankungen können das Verhältnis männlicher und weiblicher Hormone durcheinanderbringen", erklärt Angresius.
Auch das sogenannte polyzystische Ovarialsyndrom (PCOS) geht häufig mit Hirsutismus einher. Um die Testosteronwirkung zu bremsen, kann der Frauenarzt eine Anti-Baby-Pille verschreiben, die einen hemmenden Effekt auf männliche Hormone hat. Frauen, die unter starker Gesichtsbehaarung leiden, kann eine verschreibungspflichtige Creme mit Eflornithin helfen. Der Wirkstoff verzögert das Haarwachstum, wirkt aber nicht bei allen Frauen.
Tipps für glatte Haut


Enthaarungscreme
Enthaarungscremes mit Thioglycolsäure lösen die Haarsubstanz auf. Nach der Einwirkzeit lässt sich das Haar mit dem Spatel abschaben. Meist sprießen die Haare nach wenigen Tagen wieder, sie wachsen aber weniger stoppelig nach. Selten kommt es zu Hautreizungen. Am besten die Creme vorher an einer kleinen Hautstelle testen, bevor Sie sie verwendet.

Wachsen
Schmerzhaft, aber effektiv ist die Wachsmethode, bei der die Haare mit Wachs verklebt und gegen die Wuchsrichtung aus der Haut gerissen werden. Kaltwachsstreifen gibt es für zu Hause, die Enthaarung mit warmem Wachs ist eher etwas für den Profi. "Da die Haare samt Wurzel herausgerissen werden, haben Sie mindestens vier Wochen eine glatte Haut", sagt Apothekerin und Kosmetikerin Anja Brink aus Straelen bei Duisburg. Je öfter man die Methode anwendet, desto feiner wird die Körperbehaarung.

Rasieren
Schnell, preiswert, einfach: Die meisten Frauen wählen die Rasur, um ungeliebte Körperhaare loszuwerden. "Da nur der sichtbare Teil des Haares gekappt wird, sind nach zwei Tagen schon wieder die ersten Stoppeln zu sehen", sagt Anja Brink. Meist wirken die Haare dicker, wenn sie nachwachsen.
Wichtig ist die Pflege danach. Feuchtigkeitsspendende Cremes, etwa mit Aloe Vera oder Glycerin, beruhigen die gereizten Stellen. Regelmäßige Peelings verhindern, dass Härchen einwachsen. Wer empfindliche Haut hat, sollte die Nassrasur bevorzugen. Die Trockenrasur reizt die Haut oft stärker.

Sugaring
Beim orientalischen Sugaring wird eine Paste aus Wasser und Zucker auf die Haut geschmiert und dann in Haarwuchsrichtung abgezogen. "Das Prinzip ist das Gleiche wie beim Wachsen, allerdings ist die Methode oft weniger schmerzhaft", sagt die Apothekerin. Da die Paste nur aus natürlichen Inhaltsstoffen besteht, vertragen sie Allergiker oft besser.

Epilieren
Der Epilierer hebt die Härchen leicht an und zieht sie samt Wurzel aus der Haut heraus. "Da man nicht alle Härchen erwischt, kann es passieren, dass sie einwachsen", so Apothekerin Brink. Die Folge sind rote, entzündete Pünktchen auf der Haut. Auch hier darf man auf mindestens vier Wochen glatte Haut hoffen.
Dauerhafte Haarentfernung durch Lasern?
Eine dauerhafte Haarentfernung versprechen Nadelepilation, Laserbehandlungen oder Verfahren mit Blitzlicht. Sie zielen auf die Zerstörung der Haar-Wachstumszone ab. "Da man die Haare nur in einer bestimmten Wachstumsphase lasern kann, sind mehrere Sitzungen notwendig, um alle Haare zu erwischen", sagt Tesmann. Die Kosten sind nicht ohne: Je nach Körperstelle sollte man mit 50 bis 120 Euro pro Behandlung rechnen. Allerdings übernehmen die gesetzlichen Krankenkassen nur die Kosten für eine Nadelepilation, die beiden anderen Verfahren erkennen sie nicht an.