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Wer selbst schon mal eine Blasenentzündung hatte, weiß, wie unangnehm das ist: das Gefühl, ständig auf die Toilette zu müssen, obwohl dann nichts kommt, oder das scheußliche Brennen beim Pipimachen. Etwa drei bis acht Prozent aller Mädchen sowie ein bis zwei Prozent aller Jungen machen diese Erfahrung auch.

Dr. Tanja Brunnert, Kinder- und Jugendärztin aus Göttingen

Dr. Tanja Brunnert, Kinder- und Jugendärztin aus Göttingen

Was ist eine Harnwegs­infektion?

Harnwegsinfektionen, zu denen die Blasenentzündung gehört, zählen zu den häufigsten bakteriellen Infektionen in der frühen Kindheit. Niere, Harnleiter, Blase und Harnröhre, also alle Organe, die den Urin sammeln, zwischenspeichern und aus dem Körper hinaustransportieren, bilden die sogenannten Harnwege. Von einer Harnwegsinfektion sprechen Ärzte, wenn sich die Schleimhäute der ableitenden Harnwege (Harnleiter, -blase und -röhre) entzünden und der Körper darauf zum Beispiel mit Schmerzen oder Fieber reagiert. "Meistens gelangen die Bakterien, die die Infektion verursachen, durch die äußere Öffnung der Harnröhre in den Körper und steigen von dort zur Harnblase auf", erklärt Dr. Tanja Brunnert, Kinder- und Jugendärztin aus Göttingen. Ist die Entzündung auf die Blase begrenzt, handelt es sich um eine Blasenentzündung.

Was sind die Ursachen?

Meistens kommen die Keime aus dem Darm. Und meistens gelangen sie durch falsches Säubern des Genitalbereichs über Stuhlreste vom After zur Harnröhre. Doch auch, wenn eine volle Windel ver­rutscht oder ihr Inhalt verläuft, kann das passieren. Mädchen sind besonders gefährdet, da sie eine kürzere Harnröhre als Jungen haben, die zudem auch noch näher am After liegt. Erreger können deshalb leichter aufsteigen und sich verbreiten. Männ­liche Babys hingegen kommen häufiger mit einem angeborenen Defekt des Harnsystems zur Welt, der zu ­einer Harntransportstörung führt. Das heißt: Der Urin verlässt die Blase nicht vollständig, ein Teil fließt zurück in die Niere. Dieser Urinrest wiederum ist besonders anfällig für Erreger, die dann Entzündungen verursachen und im schlimmsten Fall in der Niere das Gewebe schädigen. "So eine Harntransportstörung begleiten wir sehr eng. Manchmal ist eine vorbeugende Therapie mit Antibiotika notwendig", sagt Brunnert. Meist verwächst sich der Defekt, und das Kind muss nicht operiert werden.

Frau geht auf Toilette

Brennen beim Wasserlassen

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Welche Symptome zeigt das Kind bei einer Blasenentzündung?

Kinder spüren die gleichen Symp­tome wie Erwachsene: Brennen beim Wasserlassen, ständiger Harndrang ohne dass etwas kommt. Eventuell ist Blut im Urin. Das Problem: "Kleinkinder benennen das nicht so. Sie verkneifen es sich eher, auf die Toilette zu gehen, um die Schmerzen zu vermeiden, oder weinen beim Pipi­machen. Manche klagen über Bauchweh oder werden erst auffällig, weil sie Fieber haben, sich erbrechen oder keinen Appetit zeigen", erklärt Tanja Brunnert. Ein anderer Hinweis ­könnte sein, dass das Kleine, das schon trocken ist, einnässt. Babys zeigen dieses Verhalten noch nicht. "Bei ihnen kann Fieber darauf hindeuten, aber auch Durchfall und Erbrechen, verstärktes Jammern oder schlechtes Trinken." Erst Kinder ab drei, vier Jahren können ihre Beschwerden genauer beschreiben. „Der Geruch des Urins, der von vielen Eltern als wichtiger Hinweis wahrgenommen wird, spielt übrigens keine Rolle“, sagt Brunnert.

Wann muss man zum Arzt?

Mit einem Säugling, der Fieber hat, immer! "Wir schließen zunächst andere Infektionen aus und unter­suchen dann den Urin", sagt Tanja Brunnert. Für alle älteren Kinder gilt: Immer, wenn sich Eltern unsicher sind, was hinter den Beschwerden steckt, wenn Blut im Urin ist, wenn zu den klassischen Symptomen Fieber kommt oder wenn ein Kind schon einmal an einem Harnwegsinfekt litt. Hat ein Kind das erste Mal eine Blasenentzündung, machen Kinderärzte einen Ultraschall der Blase und Niere, um Fehlbildungen der Harnwege auszuschließen oder festzustellen und entsprechend zu behandeln.

Wann sollten Eltern mit dem Kind zum Arzt gehen?

  • Wenn Eltern unsicher sind, was hinter den Beschwerden steckt.
  • Wenn Blut im Urin ist.
  • Wenn Fieber dazukommt, denn das kann auf einen komplizierten Infekt hindeuten.
  • Wenn ein Kind immer wieder eine Blasenentzündung bekommt.

Tipp: Schon zu Hause in einem sauberen Schraubverschlussglas etwas Urin auffangen und zum Arzt mitnehmen.

Wie sieht die Therapie aus?

"Je nachdem wie hoch die Keimzahl im Urin ist und wie sich die übrigen Parameter wie Leukozyten, Nitrit oder Protein verhalten, entscheiden wir, ob das Kind ein Antibiotikum braucht und wie lange es dieses nehmen muss", erkärt die Medizinerin. Babys unter drei Monaten, die ein Antibiotikum benötigen, müssen dafür in die Klinik. Sie erhalten das Medikament dort per Infusion. Ziel der Therapie ist, das Aufsteigen der Bakterien in die Niere und damit eine Nieren­beckenentzündung zu verhindern. „In den meisten Fällen ist mittlerweile nur eine kurze Behandlungsdauer erforderlich, wie Studien gezeigt haben“, erklärt Brunnert. Diese solle von den Eltern auch nicht verlängert werden, wenn noch Tabletten oder Saft übrig sind. Andernfalls komme es leichter zu Resistenzentwicklungen von Keimen gegen die Antibiotika.

Lässt sich vorbeugen?

Ja! "Stillen vermindert das Risiko von Harnwegsinfekten in den ersten Lebensmonaten", sagt Brunnert. Windeln unbedingt regelmäßig wechseln. Beim Saubermachen von vorne nach hinten abwischen. Sobald Mädchen aufs Töpfchen oder auf die Toilette gehen, sollten Eltern sie entsprechend anleiten. Außerdem wichtig für Mädchen: zum Wasserlassen gerade hinsetzen, damit der Urin komplett abfließen kann. Für Jungen und Mädchen gilt: sich Zeit für den Toilettengang nehmen und die Blase ganz leeren. "Eltern sollten ihre Kinder immer wieder daran erinnern."

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