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Glücklich damit, zufrieden, enttäuscht oder gar traumatisiert – ein Kaiserschnitt wirkt bei betroffenen Frauen sehr unterschiedlich nach. Entsprechende Gedanken machen sie sich, wenn sie ein weiteres Kind erwarten. Einige bestehen auch bei der nächsten Geburt auf einer Sectio. Anderen wünschen sich wiederum eine vaginale Geburt. Dennoch ist die Rate der wiederholten Kaiserschnitte verhältnismäßig hoch.

Auf Kaiserschnitt folgt häufig erneuter Kaiserschnitt

Der Zustand nach Sectio, wie ein vorangegangener Kaiserschnitt unter Medizinern heißt, ist der häufigste Grund für einen Kaiserschnitt. In drei von vier Fällen kommt das jüngere Kind per Kaiserschnitt zur Welt, wenn das ältere Kind bereits auf diese Weise geboren wurde, wie der Faktencheck Kaiserschnitt der Bertelsmann-Stiftung zeigt.

Immer mehr Ärzt:innen plädieren dafür, öfter eine vaginale Geburt nach einem Kaiserschnitt zu ermöglichen. Ausnahme: Es sprechen zwingende Gründe für eine Sectio. Etwa, wenn das Kind zu groß ist für das mütterliche Becken oder die Plazenta vor dem Muttermund liegt. Dann wäre eine vaginale Geburt zu gefährlich.

Probleme mit der Plazenta

Oft ist eine spontane Geburt möglich

In den meisten Fällen beruht die Entscheidung für den Kaiserschnitt jedoch auf relativen Indikationen – eine Abwägungsentscheidung. "Jede Geburt ist individuell und neu zu beurteilen", sagt Professor Kurt Hecher, Direktor der Klinik für Geburtshilfe und Pränatalmedizin am Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf. "Besonders gut stehen die Chancen für eine natürliche Geburt nach vorangegangener Sectio, wenn die Ausgangssituation eine andere ist." War beispielsweise beim ersten Kind ein Kaiserschnitt notwendig, weil sich dessen Herztöne während der Geburt verschlechterten, müsse sich das beim zweiten Kind nicht wiederholen. Ähnlich sieht es aus, wenn die erste Sectio wegen einer Beckenendlage gemacht wurde, das zweite Kind aber mit dem Kopf unten liegt.

Mit jedem Kaiserschnitt nehmen die Risiken für gesundheitliche Beschwerden der Mutter und in Folgeschwangerschaften zu, etwa für Plazentationsstörungen. "Nach zwei Kaiserschnitten ist das Risiko um elf Prozent erhöht, dass die Plazenta in die Gebärmutter einwächst", erklärt Professor Frank Louwen, Leiter der Abteilung für Geburtshilfe und Pränatalmedizin der Goethe-Universität Frankfurt am Main. Falls die Plazenta sich nach der Geburt nicht löst, muss die Gebärmutter oft entfernt werden. Daher wollen beide Experten Schwangere zu einer spontanen Geburt ermutigen.

Mit jedem Kaiserschnitt steigt das Risiko für einen Gebärmutterriss

"Viele Frauen fürchten, dass ihre Gebärmutter bei einer vaginalen Geburt an der Narbe reißen könnte", sagt Beraterin Heinrike Horster von der Kaiserschnittstelle in Hannover. Deshalb tendieren sie zu einem erneuten Kaiserschnitt. Ein Riss in der Gebärmutter stellt eine gefährliche Komplikation dar und kann lebensgefährlich für Mutter und Kind sein. "Eine Uterusruptur ist jedoch selten. Die Wahrscheinlichkeit liegt bei 0,7 Prozent“, erklärt Kurt Hecher. Eine australische Studie zeigte, dass das Risiko für eine Uterusruptur durch eine Geburtseinleitung erhöht ist, unabhängig von der Art der Einleitung.

Wichtig zu wissen: Mit jeder Sectio steigt das Risiko für einen Gebärmutterriss. Britische Forscher zeigten, dass man die Wahrscheinlichkeit eines Ruptur anhand einer Ultraschall-Untersuchung der Narbe erkennen kann. "Das Risiko ist umso größer, je dünner die Gebärmutterwand ist", sagt Kurt Hecher. "Eine verlässliche Diagnose lässt sich aber auch mit einem Ultraschall nicht stellen." Denn Kaiserschnittnarben können sich in einer erneuten Schwangerschaft unterschiedlich verhalten. Manche Narben sind im Ultraschall nicht einmal mehr zu sehen. Oder sie sind relativ dick, aber das Gewebe um sie herum ist nicht belastbar. Zudem spielt es eine Rolle, wo sich die Plazenta im Vergleich zur Kaiserschnittnarbe befindet.

Die Messung der Narbendicke alleine kann nicht ausreichend Erkenntnisse liefern, um das Standhalten der Narbe bei einer vaginalen Geburt vorherzusagen. Dennoch raten Ärztinnen im Verlauf der Schwangerschaft zur Ultraschalluntersuchung der Narbe. "Falls das Gewebe um die Narbe sehr dünn ist, also weniger als drei Millimeter, sollte man einen Kaiserschnitt empfehlen", sagt Gynäkologe Louwen. Das gelte auch, wenn die Sectio weniger als ein Jahr zurückliegt oder ein Längsschnitt gemacht wurde.

"Wegen des erhöhten Risikos sollten die Frauen als Geburtsort die Klinik wählen", rät Louwen. Die Leitlinie zum Kaiserschnitt empfiehlt eine kontinuierliche CTG-Überwachung des Kindes unter der Geburt. Die Deutsche Gesellschaft für Hebammenwissenschaft und der Deutsche Hebammenverband kritisierten dies jedoch, da ein Dauer-CTG mit einer erhöhten Kaiserschnittrate einhergeht. Ein kontinuierliches CTG solle vor allen jenen Fällen vorbehalten bleiben mit einem verlängerten (protrahierten) Geburtsverlauf und einer hyperfrequenten Wehentätigkeit, so die Ergänzung der Leitlinie.

Gut vorbereitet für die folgende Geburt

Heinrike Horster weiß, dass sich viele Frauen eine vaginale Geburt wünschen, aber zögern. Sie empfiehlt ihnen, im Bericht der ersten Geburt nachzulesen, wann und warum die Entscheidung für eine Sectio fiel. Eine gute Vorbereitung sei auch das Gespräch mit einer Hebamme. "Wichtig ist, dass die Frau mit ihrem Körper in Kontakt kommt und gestärkt in die nächste Geburt geht", empfiehlt Heinrike Horster.

Allerdings gibt es keine medizinischen Untersuchungen, die den Erfolg einer vaginalen Geburt nach Kaiserschnitt erfolgreich vorhersagen können. Deshalb sollte sich die Schwangere auch mit dem Thema Kaiserschnitt auseinandersetzen und es als eine Option gedanklich zulassen. „Gut vorbereitet kann das ein versöhnendes Erlebnis sein“, sagt die Expertin. Idealerweise beziehen die Frauen den Partner oder die Partnerin ein und teilen ihre Wünsche mit und schreiben sie am besten auf – etwa dass das Baby nach der Sectio nackt auf ihren Bauch gelegt wird.

Mediziner Louwen rät Schwangeren zu einem gesunden Lebensstil mit viel Bewegung und ausgewogener Ernährung: "Das erhöht die Chance auf eine spontane Geburt." Auch solle man in der Klinik nach der Re-Sectiorate fragen. "Eine niedrige Rate ist mit viel Aufwand und Kosten verbunden, aber für die Frauen und Kinder ist es gesünder."

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