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Wie Mann erfährt, dass eine Geburt losgeht? Bei mir hatte es etwas von einer verschlüsselten Botschaft. "Ich gehe heute doch nicht auf den Weihnachtsmarkt", sagte meine Freundin um kurz vor 20 Uhr. Dass dies der erste Hinweis auf eine bevorstehende lange Nacht sein würde, ahnte ich zu dem Zeitpunkt freilich noch nicht. Andererseits: Der Kalender schrieb den 25. November 2009, der seit Monaten errechnete Termin für die Geburt unseres Sohnes. Völlig auszuschließen war es nicht – auch wenn nur vier Prozent der Kinder an dem prognostizierten Tag auf die Welt kommen. Ich war jetzt erstmal froh, dass meine hochschwangere Freundin sich für das Zuhausebleiben entschieden hatte. Muss ja nicht sein, dachte ich mir.

Wie recht ich haben sollte. Denn als ich in der Küche stand – beim Spülen, jawohl – fiel mir doch auf, dass das aus dem Wohnzimmer anfangs leise Jammern nun doch langsam, aber stetig lauter wurde. "Na ja, viel länger als 48 Stunden wird es vielleicht nicht mehr dauern", ging es mir durch den Kopf.

Wie falsch diese Annahme sein sollte.

Erste Reaktion? Nudeln kochen

Es sollte deutlich weniger als 48 Stunden dauern, soviel schon mal vorab. Was jetzt folgt ist zwar nicht der Bericht einer Sturzgeburt. Aber es ging wirklich schnell los. So schnell, dass ich kaum realisierte, was gerade geschah.

Instinktiv – oder einfach nur so? – tat ich genau das richtige. Ich begann etwas zu kochen. Spaghetti mit Sauce. Kein Gourmetgericht, selbst ich habe bessere Menus drauf. Aber essen Sportler vor großen Wettkämpfen nicht auch immer Nudeln? "Pastapartys" heißt das Fachwort dafür. Möglichst viele Kohlenhydrate in sich hineinstopfen, das gibt Kraft. Meine Freundin würde die Kraft brauchen in den nächsten Stunden.

Im Fernsehen lief die letzte Folge der neuesten Staffel von "Desperate Housewives". Meine Freundin liebt diese Serie, wollte den letzten Teil unbedingt noch sehen. Es ging gerade so auf. 21.15 Uhr: Der Teller Nudeln war leer, die Serie vorbei, die Schmerzen – anfangs noch als "Bauchschmerzen" eingeordnet – wurden jetzt eindeutig als Wehen deklariert. "Ich gehe die Tasche packen", sagte meine Freundin.

Etwas orientierungslos lief ich durch die Wohnung, wollte irgendwie nützlich sein. Aber was sollte ich schon tun? Es ist halt so: Mann hat bei einer Geburt keine größeren Aufgaben. Außer vielleicht: "Soll ich mal in der Klinik anrufen?" Natürlich sollte ich das.

"Kreißsaal Taxisklinik."

"Hallo, Burkhardt Röper, ich glaube, bei meiner Freundin haben die Wehen eingesetzt."

"Wie oft kommen denn die Wehen?"

"Na ja, so alle 10 bis 15 Minuten."

"Dann kommen sie mal vorbei."

Das ging ja einfach. Keine weiteren Fragen, keine Aufregung, so mögen wir Männer das ja. Auch das Taxi stand schnell vor der Tür. Ich schloss die Wohnungstür ab und dachte mir "das nächste mal herein komme ich allein, aber wir werden zu dritt sein". Schon wieder ein Gedanke, der nicht stimmen sollte – wie so einige in dieser Nacht.

Die Zeit des Übens

Zehn Minuten später waren wir auch schon in der Klinik. Entgegen meiner Annahme ging es nicht direkt in den Kreißsaal, sondern in einen kleinen, abgedunkelten Raum. Ein leerer Tisch, eine Liege, ein weiterer Tisch mit einigen Geräten und etwas medizinisches Accessoire – mehr gab es dort nicht. Die Wehentätigkeit sollte hier gemessen werden, aufgezeichnet auf einem Stück Endlospapier. Es hat einige Zeit gedauert, bis ich verstanden habe, dass der Ton aus dem Lautsprecher das Herz unseres Nachwuchses war, und welche der Kurven auf dem Papier Herzton und welche Wehen darstellten. War ich vielleicht nervös? Na ja, sagen wir mal: ein bisschen aufgeregt. Als ich die Apparatur enträtselt hatte, folgerte ich kurz nach einer Wehe zu meiner Freundin: "Vollausschlag, Du kommst heute nicht mehr nach Hause".

Vollausschlag? Ich hätte falscher nicht liegen können! Was ich hörte – und meine Freundin in sich spürte – war gerade einmal der Anfang. Leider.

So kam es auch, dass die Auswertung durch unsere Hebamme Corinna ganz anders ausfiel als von uns erwartet. Es ging schon beim ersten Satz los: "So, dann machen wir jetzt mal einen Schlachtplan." Schlachtplan? Liebes medizinisches Personal: Ich weiß, Ihre Wortwahl ist oft eine andere als die von uns Laien. Ich habe das als Medizinjournalist schon oft erlebt. Aber bei einer anstehenden Geburt von einem "Schlachtplan" zu reden? Also wirklich!

Nun, wie auch immer, der Plan bestand darin, uns erstmal wieder nach Hause zu schicken. Was ich als "Vollausschlag" ausgemacht hatte, deutete Hebamme Corinna als "Übungswehen" – was meine Freundin wiederum mit dem Satz "ich will das nicht üben" kommentierte.

Lesen Sie im folgenden Kapitel, wie es weiterging.

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