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Lachen, Niesen oder Husten wird für den Beckenboden und die Muskulatur der Bauchdecke nach der Geburt zur Belastungsprobe. Viele Frauen merken das, indem sie bei diesen Aktivitäten unwillkürlich Harn verlieren. Denn während sich die Gebärmutter nach der Schwangerschaft alleine auf ihre ursprüngliche Größe zusammenzieht, sind Beckenboden und Bauchmuskula­tur extrem geschwächt und brauchen aktive Unterstützung. Auf dem Weg zurück zur alten Figur sind sie es, die zuerst im Fokus stehen. "Bei der Rückbildung konzentriert man sich auf das, was in der Schwangerschaft und Geburt besonders belastet wurde", sagt Ursula Jahn-Zoehrens, Vorstandsmitglied des Deutschen Hebammenverbands. Das Ziel ist, den Körper zu stabilisieren.

Ursula Jahn-Zoehrens ist Vorstandsmitglied des Deutschen Hebammenverbands und Hebamme in Bad Wildbad

Ursula Jahn-Zoehrens ist Vorstandsmitglied des Deutschen Hebammenverbands und Hebamme in Bad Wildbad

Rückbildung: Zurück zur stabilen Körpermitte

Welche Übungen dabei helfen, erfahren Mütter in einem Rückbildungskurs. Frühestens sechs bis acht Wochen nach der Geburt, wenn sich der Beckenboden schon ein bisschen stabilisiert hat, kann man damit starten. Bei Frauen mit Kaiserschnitt muss die ­Wunde gut verheilt sein, die Naht darf nicht mehr schmerzen. Die Krankenkassen bezahlen zehn Einheiten à 60 Minuten – vorausgesetzt, der Kurs ist spätestens neun Monate nach der Entbindung abgeschlossen. In der Regel bieten Hebammen und Physiotherapeutinnen Rückbildungskurse an. Bei den meisten kann das ­Baby mitgebracht werden, es gibt aber auch Angebote allein für die Frauen.

Fokus auf die Rektusdiastase

Jede junge Mutter sollte die Gelegenheit zu einem Kurs nutzen. "Zu Hause allein bringt man oft nicht die Disziplin dazu auf. ­Außerdem ist eine ­gute fachliche Anleitung wichtig", erklärt ­Ursula Jahn-Zoehrens. Das Kurs-­­Training sollte so aufgebaut sein, dass es ­eine eventuell vorhandene Rektusdiastase berücksichtigt. Die Rektusdiastase ist eine Lücke zwischen den geraden Bauchmuskeln. Sie entsteht während der Schwangerschaft und schließt sich in den ers­ten Wochen nach der Entbindung.

In ­dieser Zeit geht es vor allem darum, die tiefer liegende Muskelschicht im Bauch zu fes­tigen, die den Rumpf wie ein inneres Korsett umschließen. "Erst wenn die Rektusdiastase geschlossen ist, kann mit dem Training der geraden Bauchmuskeln begonnen werden", sagt die Hamburger Physiotherapeutin Franziska Liesner. Im Kurs kontrolliert die Hebamme oder Physiotherapeutin regelmäßig bei den Teilnehmer­innen, wie weit sich die Rektus­diastase geschlossen hat.

Franziska Liesner ist Physiotherapeutin und Heilpraktikerin. Sie führt eine Beckenbodenpraxis in Hamburg

Franziska Liesner ist Physiotherapeutin und Heilpraktikerin. Sie führt eine Beckenbodenpraxis in Hamburg

Work-out für die eigenen vier Wände

Sinnvoll ist es, wenn Sie Ihre Rückbildung zu Hause mit geeigneten Übungen unterstützen. Beckenboden-Spezialistin Franziska Liesner hat ein entsprechendes Work-out zusammengestellt, welches Sie unten in der Galerie finden. Alles, was Sie dafür brauchen, sind etwa 15 Minuten Zeit und eine Matte. Machen Sie die Übungen nur einmal am Tag, und setzen Sie immer ­einen Tag vor dem nächs­ten Durchgang aus. Mit den meisten Übungen können Sie bereits ­einige Tage nach der Geburt starten. Nur die Übungen Nummer fünf, sechs und sieben eignen sich erst ab vier bis sechs Wochen nach der Entbindung.

Übrigens: Es ist nie zu spät, mit dem Training zu starten! Die Muskeln lassen sich das ganze Leben lang stärken.

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Muskel-Wunder

Der Beckenboden besteht aus drei Muskelschichten: Die äußerste Schicht bilden die Schließmuskeln, die sich wie eine ­liegende Acht um Harnröhre und After ziehen (­siehe Zeichnung). Die mittlere Schicht verläuft quer und verbindet die beiden Sitz­beinhöcker. Die innerste Schicht liegt oberhalb der beiden anderen, auf ihr sitzen die Organe. Im Zusammenspiel entsteht so ­­eine Basis, die die Körpermitte stabilisiert.

Flexibel und dynamisch gleichzeitig, weil er Gegensätzliches leisten muss – das kennzeichnet den Beckenboden. Er hält die Bauch­organe in der richtigen Lage und sorgt so dafür, dass wir Urin und Stuhl halten können. Er öffnet sich aber auch, wenn wir zur Toilette gehen müssen. In der Schwangerschaft trägt er das Baby, bei der Geburt dehnt er sich. Auch beim Sex öffnet er sich, damit der Penis in die Scheide eingeführt werden kann.