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Wussten Sie, dass bei jeder Geburt laut Gesetzgebung zwingend eine Hebamme anwesend sein muss, aber nicht unbedingt Ärztin oder Arzt – außer, es liegt ein Notfall vor? Diese Tatsache allein macht schon deutlich: Das Berufsbild der Hebamme erfordert enormes Wissen und ist mit einer großen Verantwortung verbunden.

Trotzdem sind Hebammen heute oft Mangelware. Andrea Ramsell vom Präsidium des Deutschen Hebammenverbandes e.V. in Berlin sagt: "Die Arbeitsbedingungen in Krankenhäusern sind nicht attraktiv, durch Einsparungen müssen Hebammen häufig mehrere Gebärende gleichzeitig betreuen und stehen unter enormen Druck. Überstunden sind üblich, Pausen fallen häufig aus."

In der Schwangerschaft von einer Hebamme betreuen lassen?

Viele Schwangere fürchten, nicht ausreichend versorgt zu sein. Und doch: "Jede Schwangere hat per Gesetz Anspruch auf die Begleitung und Beratung einer Hebamme", erklärt Andrea Ramsell. Diese kann die Vorsorgeuntersuchungen durchführen, zum Ultraschall oder bei Komplikationen muss die Schwangere jedoch zum Gynäkologen. Die Expertin rät deshalb: "Informieren Sie sich bereits in einem sehr frühen Stadium der Schwangerschaft über die Hebammenversorgung in Ihrer Region, zum Beispiel im Internet bei den Landesverbänden der Hebammen."

Was sich allerdings nicht garantieren lässt: Dass die Fachfrau, die Sie durch die Schwangerschaft begleitet, auch während der Geburt an Ihrer Seite ist. Denn nicht alle Hebammen leisten Belegdienste in Kliniken oder Geburtshäusern. "Da das Ausbildungsniveau schon immer hoch war und künftig noch ansteigen wird, kann jede Frau davon ausgehen, dass sie kompetent begleitet wird – egal, ob von der Wunschhebamme oder einer ebenso versierten Kollegin", sagt Ramsell.

Was macht die Hebamme während der Geburt?

Spätestens bei der Geburt steht jeder Schwangeren eine Hebamme zur Seite. Sie hilft der Gebärenden beispielsweise, die Wehen durch richtiges Atmen zu verarbeiten, die richtige Position zu finden und beurteilt kontinuierlich das Voranschreiten der Geburt, unter anderem mithilfe des CTG und Untersuchen des Muttermundes. Direkt nach der Entbindung kümmert sie sich um die Pflege des Neugeborenen und beurteilt dessen Gesundheitszustand. Außerdem untersucht sie die Mutter und kontrolliert die Nachgeburt. Auch die erste Vorsorgeuntersuchung U1 kann sie beim Baby durchführen.

Wann muss sie einen Arzt dazu rufen?

"Immer dann, wenn das Geschehen von der Norm abweicht", sagt Andrea Ramsell. "Das können ein auffallend hoher Blutdruck der Mutter oder auffällige Herztöne des Kindes sein". In solchen Fällen wird grundsätzlich eine ärztliche Kontrolle notwendig. Nach Leitlinie der Deutschen Gesellschaft für Gynäkologie und Geburtshilfe übernimmt der Arzt bei einer Klinikgeburt mit seinem Erscheinen die Geburtsleitung und ist der Hebamme gegenüber weisungsberechtigt. Dennoch betont die Leitlinie die besondere Beziehung zwischen Hebamme und Gebärender und weist darauf hin, dass Hebammen nicht nur das Recht, sondern sogar die Pflicht haben, Bedenken gegen ärztliche Anordnungen zu erheben, wenn ihrer Meinung nach dadurch Gefahr für Mutter und Kind besteht.

Welche Aufgaben hat die Hebamme im Wochenbett?

Die Wochenbetthebamme hilft Mutter und Kind dabei, die ersten aufregenden Wochen körperlich und seelisch zu meistern und eine enge Bindung zueinander herzustellen. Vor allem praktische Tipps zu Alltagsgestaltung, Babypflege und Stillberatung stehen im Vordergrund. Zusätzlich überwacht die Hebamme das Abheilen des Nabels beim Neugeborenen sowie die Wundheilung möglicher Geburtsverletzungen der Mutter und die Rückbildung der Gebärmutter. Sie achtet auf die psychische Verfassung und eventuelle Anzeichen einer Wochenbettdepression. Nach einigen Wochen können Mütter an einem ebenfalls von Hebammen geleiteten Rückbildungskurs teilnehmen. "In Krisensituationen vermitteln sie darüber hinaus den Kontakt zu Beratungsstellen, Selbsthilfegruppen, Ärztinnen und Ärzten, zu Psychologinnen und Psychologen", ergänzt Andrea Ramsell.

Welche Hebammen gibt es?

Freiberufliche Hebamme: Zu ihren Aufgabenbereichen gehören die Vorsorge in der Schwangerschaft, die Durchführung von Hausgeburten sowie die Wochenbettbetreuung. Sie hat meist eine Rufbereitschaft und ist dadurch im Notfall auch außerhalb ihrer Arbeitszeiten für die Schwangere oder Wöchnerin erreichbar. Klinikgeburten kann sie aber in der Regel nicht leiten.

Beleghebamme: Sie ist ebenfalls eine frei praktizierende Hebamme, hat allerdings einen Belegvertrag mit einer oder mehreren Geburtskliniken oder Geburtshäusern. Die Betreuung und Begleitung der Schwangeren sowie die Geburt finden in der Klinik statt, an die die Beleghebamme vertraglich gebunden ist. Frauen, die auch im Kreißsaal ein vertrautes Gesicht sehen möchten, sollten also schon zur Schwangerschaftsberatung eine Beleghebamme auswählen. Für die Zeit der Dauerrufbereitschaft, etwa zwischen der 37. und der 42. Schwangerschaftswoche, fällt in der Regel eine so genannte Rufbereitschaftspauschale an, die die Schwangere selbst zahlen muss. Eine Garantie oder ein Anrecht darauf, dass die ausgewählte Beleghebamme tatsächlich die Geburt betreut, gibt es aber letztendlich nicht.

Angestellte Hebamme: Sie arbeitet fest in einer Klinik und wird dort im Kreißsaal, auf der Wochenbettstation oder in der Kinderstation eingesetzt.

Familienhebamme: Ihre Tätigkeit unterscheidet sich von der anderer Hebammen. Sie betreut Familien in Problemsituationen nach der Geburt eines Kindes – auch über das Wochenbett hinaus – und kann so dabei helfen, dass trotz der Schwierigkeiten eine gute Bindung zwischen Mutter  und Kind entsteht.

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