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Mit dem Baby nur ein paar Stunden nach der Geburt nach Hause und den Familien­zuwachs in vertrauter Umgebung genießen? Das geht. Sogar, wenn man in der Klinik entbunden hat. Die sogenannte ambulante Geburt ist, neben Hausgeburt und Entbindung in einem Geburtshaus, eine Alternative zur klassischen Klinikgeburt. Viele Schwangere wünschen sich eine ambulante Geburt, die wenigsten scheinen sie sich am Ende aber wirklich zuzutrauen. Genaue Zahlen gibt es nicht, doch in Fachkreisen geht man von gerade einmal zwei Prozent aller Geburten aus.

Nach der Geburt direkt nach Hause?

Diese Geburtsform ist bei uns also nicht allzu weit verbreitet. "Aber sind Mutter und Kind gesund, ist sie eine gute Option", sagt Dr. Lars Hellmeyer, Chefarzt der Klinik für Geburtsmedizin und Gynäkologie am Vivantes-Klinikum in Berlin. Einen Vorteil sieht Andrea Hagen-Herpay, beratende Hebamme beim Deutschen Hebammenverband in Berlin: "Zu Hause fühlen sich die Frauen wohler, dort sind sie ungestört, alles ist ihnen vertraut. Das erleichtert oft auch das Stillen." Gibt es ältere Geschwister, können sie das Baby in aller Ruhe kennenlernen.

Rechtzeitig Hilfe und Termine organisieren

So gemütlich es zu Hause ist, in den ersten Lebenstagen stehen für das Baby wichtige Untersuchungen an. Regulär finden sie in der Klinik statt, doch bei einer ambulanten Geburt müssen die Eltern die Termine organisieren. Dazu gehören:

  • die U2 (dritter bis zehnter Lebenstag),
  • das Neugeborenen-Screening (innerhalb der ersten drei Tage), 
  • das Hör-Screening (in den ersten vier Tagen).

"Schon vor der Entbindung sollten diese Termine mit einem Kinderarzt abgesprochen werden", empfiehlt Hellmeyer. "Besprechen Sie, ob der Arzt Hausbesuche macht. Denn für Mutter und Kind bedeutet dies weniger Stress", ergänzt Hebamme Hagen-Herpay.

Apropos Hebamme. Sie ist für die Nachsorge unverzichtbar. "Sie kommt bereits wenige Stunden nach der Entlassung aus der Klinik zum ersten Haus­­besuch und überprüft in den darauf­folgenden Tagen regelmäßig, ob es Mutter und Kind gut geht", so Hagen-Herpay. Die Nachsorge-Hebamme kontrolliert, ob sich die Gebärmutter zurückbildet, wie stark die Blutungen sind, ob das Baby zunimmt, seine Haut schön rosig ist, der Nabel verheilt. Darüber hinaus ist sie auch die erste Ansprechpartnerin, wenn das Seelen­­leben der jungen Eltern anfangs Achterbahn fährt. In den ersten zehn Tagen nach der Geburt kommt die Hebamme – je nach Bedarf – bis zu zwei Mal täglich.

Den Alltag vorab planen

Ist eine ambulante Geburt wirklich das Richtige für uns? Diese Frage sollte sich natürlich jedes Paar vorab stellen und gut überlegen, ob man direkt nach der Entbindung mit dem Baby zu Hause zurechtkommt. Kann der Partner die ersten Tage freinehmen? Kann eine Oma im Haushalt helfen? "In der Klinik wird das Baby auch von Hebammen und Schwestern versorgt, wenn die Mutter eine Pause braucht. Zu Hause geht das nicht. Wer kocht, wer macht Ordnung, wer kümmert sich um Geschwister? Die einfachsten Alltagsdinge sollten geregelt sein, damit sich die Frau von der Geburt erholen kann", erklärt die Hebamme.

Gut zu wissen: Niemand muss sich vorher verbindlich auf eine ambulante Geburt festlegen. Sie ist in jedem Krankenhaus möglich und eine gesonderte Anmeldung nicht nötig. Es gibt auch keine speziellen Kreißsäle. Die Schwangere kann sich spontan dafür oder dagegen entscheiden. Auch wenn sie ambulant entbinden wollte, die Geburt dann aber komplizierter war, kann die Frau in der Klinik bleiben.

"Läuft die Geburt glatt, bleiben die Frauen in der Regel nach der Entbindung noch bis zu sechs Stunden im Kreißsaal, um sich zu erholen", erklärt Hellmeyer. In dieser Zeit werden regelmäßig Körpertemperatur, Blutdruck und Herzschlag der Mutter überprüft, und es wird kontrolliert, ob sich die Gebärmutter bereits zusammenzieht. "Die Frau muss vor der Entlassung einmal beim Wasserlassen gewesen sein und selbstständig aufstehen können, damit wir wissen, dass ihr Kreislauf in Ordnung ist", sagt der Geburtsmediziner. Das Neugeborene muss zudem an die Brust gehen, selbstständig trinken können und körperlich fit sein. In großen Perinatalzentren untersucht das ein Kinderarzt, in kleineren Kliniken übernimmt das die Hebamme.

In diesen Fällen geht’s nicht

Manchmal ist eine ambulante Geburt von vornherein ausgeschlossen, etwa bei einem Schwangerschaftsdiabetes, einer Infektion oder einer Schwanger­­schaftsvergif­tung. Auch bei einer Frühgeburt, nach einem Kaiserschnitt oder einer Operation ist es nicht möglich, gleich nach der Entbindung die Klinik zu verlassen. Zudem gibt es Fälle, in denen das Baby in der Klinik bleiben muss.