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Noch mal vier Wochen Amerika, bevor die Elternzeit vorüber ist? So manche Familie mit Baby oder Kleinkindern denkt über eine Fernreise nach. Mama oder Papa ist in Elternzeit und das Kind reist noch sehr günstig. Doch es gibt einiges, was beim Fliegen mit dem Nachwuchs zu beachten ist. Neben gesundheitlichen Aspekten – manche Ärzte raten zum Beispiel, dass Babys erst ab dem fünften Lebensmonat fliegen sollen – gibt es praktische Tipps für Flugreisen. Wir haben die wichtigsten Punkte zusammengefasst:

Die Buchung

Die Zeiten, in denen kleine Kinder fast umsonst mitfliegen konnten, sind vorbei. "Die Fluggesellschaften streichen Ermäßigungen oder verlangen Geld für die Sitzplatzreservierung", schreibt die Stiftung Warentest. Babys reisen oft nicht mehr gratis, auch wenn sie auf dem Schoß der Eltern sitzen. Die meisten Fluggesellschaften verlangen zwischen zehn und zwanzig Prozent des normalen Ticketpreises oder eine festgesetzte Summe. Soll das Baby einen eigenen Sitzplatz haben oder wird es im Urlaub zwei Jahre alt, wird teilweise der volle Flugpreis fällig. Einige Gesellschaften gewähren keinerlei Rabatt, bei einigen anderen gibt es wenigstens 20 Prozent Nachlass auf den Nettoflugpreis.

Birgit Jork-Käferlein ist Kinder- und Jugendärztin aus Prien am Chiemsee

Birgit Jork-Käferlein ist Kinder- und Jugendärztin aus Prien am Chiemsee

Oft lohnt sich aber eine frühe Buchung. Dann können Eltern für lange Strecken die Flugzeiten so wählen, dass das Kind während des Fluges schläft. Wer mit einem kleinen Baby fliegt, sollte sich um einen der raren Plätze in der ersten Reihe bemühen. Denn für Säuglinge gibt es auf Mittel- und Langstreckenflügen auch die Möglichkeit, in einem kleinen, mobilen Bettchen zu schlafen. Allerdings jeweils meist nur eines, was von Nachteil sein kann, wenn eine Familie mit mehreren Babys fliegt. Deshalb gilt oft: Pro Baby muss ein Erwachsener mitfliegen. Dass eine Zwillings-Mama alleine mit zwei Kleinen zu den Großeltern fliegt, ist meist nicht möglich.

Bei Online-Buchungen gilt: Zur Reservierung des Bassinets am besten die Kundenhotline der Flug­gesellschaft anrufen. Sinnvoll ist, gleich abzuklären, bis zu welchem Alter das Baby im mobilen Bettchen schlafen kann. Das ist nämlich abhängig von der Fluggesellschaft – manche gehen nach Alter des Säuglings, andere nach Größe und Gewicht. Wichtig: Billigflieger bieten in der Regel keine Baby-Bassinets an.

Und Achtung: Für die Reservierung spezieller Sitzplätze fallen bei einigen Airlines Kosten an. Außerdem wichtig: Kinder brauchen eigene Reisedokumente. Es reicht nicht, sie in den Pass der Eltern einzutragen.

Am Flughafen

Eltern sind mit Gepäck, Baby und Kleinkind am Flughafen schnell gestresst. Mit ein paar Tricks geht es leichter. So bieten viele Fluggesellschaften einen Vorabend-Check-in an. Wer in der Nähe des Flughafens wohnt, kann abends einfach seine Gepäckstücke abgeben und hat am nächsten Tag nur noch das Handgepäck.

Meist muss der Kinderwagen als Sperrgepäck aufgegeben werden. Damit Eltern in der Zeit nicht ohne Wagen sind, bieten viele Flughäfen einen Leihservice. Die geliehenen Buggys lässt man am Einstieg einfach stehen. Bei manchen Gesellschaften und Flughäfen dürfen zusammenklappbare eigene Wagen mit bis zum Einstieg. Sie werden als Letztes ins Flugzeug geladen und stehen nach der Landung am Einstieg bereit. Werden Kinderwagen oder ­Buggy beim Transport oder im Gepäck­raum beschädigt, muss das Luftfahrtunternehmen dem Reisenden laut Mont­realer Abkommen den entstandenen Schaden ersetzen. Die genaue Höhe berechnet sich danach, was die Gegenstände noch wert waren. Es gibt also nicht den Neupreis, etwa eines Kinderwagens, wieder.

Auf den meisten deutschen Flughäfen gibt es Kinderecken, in denen der Nachwuchs vor dem Abflug oder nach der Ankunft eine Runde toben kann. Manche Flughäfen wie München oder Hamburg bieten kindgerechte Waschräume mit Wickeltisch oder Restaurants mit Kindermenüs an, andere haben Gepäckwagen mit Kindersitzen oder Räume für stillende Mütter.

Tipp: Auf den Seiten der jeweiligen Flughäfen gibt es meist eine extra Rubrik für Familien oder das Reisen mit Kindern. Dort sind die Angebote des jeweiligen Flughafens zu finden.

Kerstin Führer hat das Online-Reiseportal KidsAway.de gegründet und den Ratgeber „Fliegen mit Baby“ geschrieben. Sie lebt in Kassel

Kerstin Führer hat das Online-Reiseportal KidsAway.de gegründet und den Ratgeber „Fliegen mit Baby“ geschrieben. Sie lebt in Kassel

Das Handgepäck

Ins Handgepäck von Eltern gehören eine ganze Reihe Dinge. So empfiehlt der Flughafen Frankfurt eine Decke gegen die kühle Luft aus der Klimaanlage, dicke Socken, das Lieblingskuscheltier, Windeln, Feuchttücher, Wechselsachen für Eltern und Baby, Plastiktüten für alte Windeln oder schmutzige Kleidung. Dazu kommen Nuckel und Fläschchen. Das gilt auch für Stillkinder.

Wenn das Kleine während Start und Landung nicht gestillt werden kann, hilft ein Fläschchen. Denn dem Säugling könnten die oberen Atem­wege wie Ohrtrompete und Mittel­ohr Probleme bereiten. Beides ist zwar bereits voll entwickelt, jedoch alters­gemäß noch sehr klein. Die Folge: Babys fällt der Druckausgleich schwer. Durch Schlucken und Saugen wird er automatisch wiederhergestellt. Daher emp­fiehlt die Kinder- und Jugendärztin Birgit Jork-Käferlein aus Prien am Chiemsee, den Säugling bei Start und Landung an die Brust zu legen, ihm Fläschchen oder Schnuller zu geben. Ist das Kind erkältet, sollten Eltern sicherheitshalber vor der Reise noch mal mit ihm zum Kinderarzt gehen. Bei leichtem Schnupfen am bes­ten kurz vor Abflug und Landung abschwellende Nasentropfen geben. "Definitiv nicht fliegen sollte ein Baby, wenn es unter ­einer akuten, eventuell auch fieberhaften Atemwegs­erkrankung wie etwa ­einer Mittelohrentzündung leidet", so Birgit Jork-Käferlein.

Ebenfalls ins Handgepäck gehören notwendige Medikamente sowie ausreichende Mengen an Baby-Nahrung für den gesamten Flug, wenn das Kind jünger als drei Jahre ist. Die meisten Gesellschaften halten zwar Gläschen bereit, aber zur Sicherheit lieber genügend einpacken. Familien mit Baby dürfen Babynahrung und Medikamente in der Regel im Handgepäck mitnehmen, ohne dass dies durch die Sicherheitskontrolle beanstandet wird.

Für ältere Kinder sollte gerade auf Flügen ohne Mahlzeiten genügend Essen ins Handgepäck. Belegte Brötchen, Müsliriegel oder Obst werden mit Blick auf die Wolken schnell aufgefuttert. Ganz wichtig: Spielzeug! Kinder brauchen in ihrem engen Sitz genügend Unterhaltung. Neben Büchern, Papier und Stiften vertreiben kleine Spiele oder Hörbücher die Zeit.

Tipp: Auch ohne eigenen Sitzplatz haben Babys meist die gleichen Freigepäckmengen wie Erwachsene. Ausnahme sind die Billigfluglinien, bei denen für Erwachsene genauso wie für Kinder das Gepäck hinzugebucht werden muss. Erkundigen Sie sich bei Ihrer Airline, welche Bedingungen gelten.

Im Flugzeug: Am besten mit Kindersitz

Familien dürfen häufig zuerst in den Flieger. Das klingt toll. Aber meist dauert es sehr lange, bis alle Passagiere eingestiegen sind und der Flug endlich startet. Es lohnt sich, die Kleinen so lange wie möglich toben zu lassen.

Während Start und Landung werden Kinder ohne eigenen Sitzplatz mit einem extra Gurt  auf dem Schoß der Eltern angeschnallt: einem sogenannten Loop-Belt, einem Schlaufengurt, der am Gurt des Erwachsenen eingeklinkt wird. Nach Einschätzung des TÜV Rheinland ist der Loop-Belt aber alles andere als sicher. Denn: Im Fall von Turbulenzen oder einer Notlandung können durch den Schlaufengurt immense Kräfte auf den Bauchraum der Kinder wirken und schwere innere Verletzungen hervorrufen.

Kinder gar nicht anzuschnallen löst das Problem allerdings auch nicht: Tests zeigen, dass es für Eltern unmöglich ist, ihr Kind bei einem Crash festzuhalten – so wie im Auto auch. Sperber empfiehlt daher, auch für Kinder unter einer Körpergröße von 1,25 Metern ­einen eigenen Sitzplatz zu buchen. Und gleich­zeitig einen für die Luftfahrt zugelassenen Auto-Kindersitz zu verwenden. Erkennbar sind ­diese Sitze am TÜV-Rheinland-Prüf­zeichen "For use in aircraft". In der Regel müssen Eltern einen solchen Kindersitz selbst mitbringen. Das geht aber eben nur, wenn für das Baby ein Sitzplatz gebucht ­wurde. Dafür berechnen die Airlines den regulären Kindertarif. Sie erhalten ihn für Kinder unter zwei Jahren bei Online-Buchungen meist über die Kundenhotline des Reiseportals, der Flug­gesellschaft oder ansonsten in einem Reisebüro.

So können sie auch den Platz in den Eltern-Kind-Reihen reservieren. "Sitzt das Kind im ­eigenen Kindersitz, ist der Flug meist auch für alle entspannter", sagt Kers­tin ­Führer aus Kassel, Gründerin des Online-Reiseportals KidsAway.de. "Das Kind weint wahrscheinlich weniger und schläft mehr." Wichtig sei, vorab sicherzustellen, dass auf ­allen Flugabschnitten der Reise die Nutzung des Auto­kindersitzes erlaubt ist: "Das gilt insbeson­dere bei Pauschal­flügen, bei denen Flugabschnitte von verschiedenen Fluggesellschaften durchgeführt werden können." Sicherheits­­halber sollten sich Eltern einen Beleg für die Nutzung des mitgebrachten Kindersitzes mitnehmen – sei es ein Papierausdruck der entsprechenden Internet­seite der Fluggesellschaft oder eine schriftliche Bestätigung vom Kundenservice. Autositze werden übrigens genau wie Kinderwagen und ­Buggys ohne Aufpreis mitgenommen.

Haben die Eltern ein mobiles Babybettchen gebucht, wird das sogenannte Baby­bassinet nach dem Start von den Flugbegleitern an der Trennwand in den Eltern-Kind-Reihen vor dem Sitz des mitreisenden Eltern­teils aufgehängt und vor der Landung wieder abgebaut. "Aus Sicherheits­gründen müssen Eltern ihr ­Baby während des Starts und der Landung sowie bei Turbulenzen aus dem Körbchen nehmen und in seinen Sitz setzen oder es mit dem Schlaufengurt am Sicherheitsgurt auf ihrem Schoß fixieren", erklärt Reise-Expertin Führer.

An Bord sollten die Kleinen viel trinken, denn die Kabinenluft ist teilweise etwas trocken. Stillkinder sollten insbesondere bei Langstreckenflügen öfter angelegt werden. Wenn Brei oder Fläschchen an Bord zubereitet werden, rät Kerstin Führer, das Kabinenpersonal um ab­gefülltes Flaschenwasser zu bitten. "Wasser aus der Flugzeugküche wird meist nicht ausreichend erhitzt und ist für die Zubereitung von Säuglingsnahrung deshalb nicht zu empfehlen."

Wenn man nicht fliegen kann

Wenn der Nachwuchs am Abend vor der Reise Fieber oder Durchfall bekommt, muss der Flug häufig ausfallen. Das Stornieren des Fluges kann teuer werden, wenn die Familie ein günstigeres, nicht stornierbares Ticket gekauft hat. "Die Zulässigkeit dieser Ausschlussregelung hat der Bundesgerichtshof 2018 bestätigt," erklärt Robert Bartel von der Verbraucherzentrale Brandenburg. "Zumindest dann, wenn die Fluggesellschaft sowohl die Buchung von stornierbaren als auch von nicht stornierbaren Flügen zulässt", ergänzt der Rechtsexperte. Das Ticket kann zwar immer noch storniert werden, bis auf ersparte Steuern und Flughafengebühren werden die Kosten dann aber nicht erstattet.

In solchen Fällen sind nur Familien abgesichert, die vorab eine Reiserücktrittsversicherung abgeschlossen haben. Aber Vorsicht: Diese greift nur, wenn der Arzt feststellt, dass die Reise aufgrund der Erkrankung nicht wie geplant durchgeführt werden kann. Bekannte Vorerkrankungen müssen sich verschlimmert haben, um als Versicherungsfall anerkannt zu werden.

Besteht ein Stornierungsrecht, sollten die Familien regelmäßig bis auf fünf Prozent des Ticketpreises alles erstattet bekommen. Die Fluggesellschaften winden sich aber, wenn es um Erstattungen geht. Da hilft nur: Dranbleiben! Hilfestellung bieten hier die Verbraucherzentralen, die auch generell zur Stornierbarkeit von Flügen beraten.

Und wenn der Flug ausfällt?

"Wird der Flug gestrichen, muss die Fluggesellschaft dem Passagier nach der europäischen Fluggastverordnung eine zumutbare Ersatzbeförderung anbieten. Der Passagier kann aber auch verlangen, dass ihm der komplette Ticketpreis ersetzt wird," erklärt Robert Bartel.

Auch bei Verspätung des Abflugs hat der Fluggast Rechte: Ab zwei Stunden kann bei kurzen Strecken schon ein Anspruch auf kostenlose Betreuungsleistungen bestehen – also Mahlzeiten und Erfrischungen in angemessenem Verhältnis zur Wartezeit sowie zwei Telefongespräche, E-Mails oder Telefaxe. Verspätet sich die Ankunft um mehr als drei Stunden, können Ausgleichsansprüche von bis zu 600 Euro je Fluggast hinzukommen.

Einen knappen Überblick über sämtliche Rechte und die Voraussetzungen dafür gibt das Europäische Verbraucherzentrum auf seiner Webseite. Robert Bartel verweist zudem auf die kostenlose App Flugärger der Verbraucherzentrale NRW. Damit werde die selbständige Geltendmachung von Ansprüchen einfach gemacht.

Für Eltern wichtig: "Alle Kinder, für die ein Ticket gekauft wurde, sind als Fluggäste anzusehen. Somit steht ihnen ebenfalls ein Ausgleichsanspruch zu", erklärt Robert Bartel.