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Kürzlich dachte ich darüber nach, was Säuglinge daran hindern könnte, wählen zu gehen. Als erstes Problem identifizierte ich das Gehen an sich. Gerade die Kleinsten können das ja noch nicht. Selbst mit acht Monaten fangen viele erst an, sich an Gegenständen hochzuziehen. Zum Wählengehen reicht das nicht. Sie müssten, ähnlich der Ältesten unserer Gesellschaft, wohl oder übel zur Wahl getragen oder gefahren werden.

Stimme für die Dreiecks-Partei?

Dann das nächste Problem. Die Stimmabgabe. Es müsste eine Alternative zu den Wahlzetteln her. Die Kleinen würden sie nur zerreißen oder bis zur Auflösung daran nuckeln. Nicht einmal Papier in Bier­deckelstärke hält dem stand. Ideal wäre statt­dessen ­eine Art Formsortierspiel. Jede Partei hat einen Klotz in einer bestimmten Form. Dreiecke, Vierecke, Kugeln. Dann wird eingelocht.

Kampagne für Wahlrecht ab Geburt

Der Deutsche Familienverband hatte mir geschrieben, das war der Grund für meine Überlegungen. Es ging um seine neueste Kampagne: das Wahlrecht ab Geburt. 13 Millionen Kinder und ­Jugendliche, schrieb er, seien bislang ohne Stimme. Das will er ändern und stieß damit eine Diskussion an,­ wie es sie vermutlich auch gab, als Landwirte ein Wahlrecht bekommen sollten. Oder Frauen. "Haben wir keine anderen Probleme?", fragten die einen. "Interessieren die sich überhaupt dafür?", die anderen.

Gute Frage. Als ich sie meiner Eineinhalbjährigen stellte, sagte sie etwas, das ich nicht verstand. Ich glaube, es war "Nuus, nuuuus". Damit meint sie meist das Kuscheltier unserer Vierjährigen. Die Große bekam es von meiner Mutter geschenkt. Aber die Kleine denkt, es gehöre allen, zumindest auch ihr. Eine kleine Kommunistin, wenn ihr mich fragt.

Folgt dann auch noch die Kandidatur?

Ich finde die Idee des Verbands aber gut. Ich finde alles gut, was die Rechte von Kindern stärkt. Zudem sehe ich die Chance auf schöne Wahlplakate, knallige Farben und knackige Slogans. Jedem Kind ein Kätzchen! Lasst sie Lollis lecken! Freies Spiel für freie Bürger! So in der Art. Zur Not holt man sich Hilfe bei der Cornflakesverpackungsindustrie. Die weiß, wie man Kinder kriegt.

Natürlich kann das Wahlrecht nur der erste Schritt sein. Wer wählen darf, sollte auch kandidieren dürfen. Dann wäre auch endlich Schluss mit schlaftrunkenen, nächtlichen Beschlüssen. Nach dem Sandmann ginge es für alle­ ins Bett. Und wäre unsere Große erst mal an der Macht, bestünde­ das einzige Problem der Menschheit darin, morgens zwischen Honig- und Schokobrot wählen zu müssen­. Ein schöner Gedanke.