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Die Idee zum Prager-Eltern-Kind-Programm (PEKiP) stammt aus den sechziger Jahren: Der Prager Psychologe Jaroslav Koch lieferte zu dieser Zeit die Grundgedanken. Das eigentliche Programm entwickelten Anfang der siebziger Jahre die Bochumer Psychologin Christa Ruppelt und ihr Mann, der Sozialwissenschaftler Hans Ruppelt.

PEKiP ist mittlerweile etablierte Praxis: In nahezu jeder größeren Stadt gibt es PEKiP-Kurse. Sie werden von mehr als 1800 Institutionen der Eltern- und Familienbildung angeboten, darunter Volkshochschulen, das Deutsche Rote Kreuz und Hebammenpraxen. Neuere Konzepte wie DELFI (Denken, Entwickeln, Lieben, Fühlen, Individuell) oder FenKid (Frühe Entwicklung von Kindern begleiten) orientieren sich an dem Ansatz.

PEKiP: Wirkung noch nicht erforscht

Die Kurse beginnen in der Regel, wenn das Baby vier bis sechs Wochen alt ist. Sechs bis acht Erwachsene treffen sich mit ihren in etwa gleichaltrigen Säuglingen einmal pro Woche für etwa 90 Minuten. Die Kinder liegen dann unbekleidet in einem warmen, mit Matten ausgelegten Raum, die Eltern beschäftigen sich mit ihnen. Der Gruppenleiter empfiehlt Spiele, die die Sinne der Kleinen anregen und sie zur Bewegung animieren. Das soll ihre Entwicklung fördern. Ob PEKiP das leistet, ist noch nicht erforscht. "Aufgrund des momentanen Kenntnisstands erachte ich das Programm aber als sehr sinnvoll", sagt Professor Dr. Bernhard Kalicki, Leiter der Abteilung Kinder und Kinderbetreuung am Deutschen Jugendinstitut (DJI).

Säugling ist ab der Geburt auf Lernen eingestellt

"PEKiP erfüllt zwei sinnvolle Stoßrichtungen", so Kalicki. "Einerseits fördern die Kurse schon in den ersten Lebenswochen und Monaten die kindliche Entwicklung." Säuglinge sind, so weiß man heute, schon ab der Geburt auf Lernen eingestellt. "Ihr Hirn reift nicht einfach durch Zuwarten und Älterwerden", sagt Kalicki. "Nervenverbindungen werden im Überschuss angelegt. Es bleiben jedoch nur die Verbindungen erhalten, die auch genutzt werden – andere bilden sich zurück."

Der zweite Punkt: Die meisten haben heute weniger Erfahrung im Umgang mit Kindern, wenn sie Eltern werden. Kinder sind insgesamt seltener, die Familien werden kleiner. Früher haben sich junge Eltern den Umgang mit dem Baby bei Mutter, Oma oder Tante abgeschaut. Heute fehlen die Vorbilder häufig, Eltern möchten aber trotzdem wissen: Wie macht man das eigentlich? Deshalb erfahren Kurse wie PEKiP großen Zuwachs.

PEKiP soll Eltern sensibilisieren

Laut Konzept sollen Eltern dort für die Bedürfnisse ihres Kindes sensibilisiert werden, die Eltern-Kind-Beziehung soll sich festigen. "Der Säugling ist ganz auf Dialog angelegt", erläutert Kalicki. "Die Aufgabe der Eltern ist es, seine Signale zu lesen, effektiv und prompt – also innerhalb von Sekunden – zu reagieren. Das können Eltern unterschiedlich gut." Der PEKiP-Gruppenleiter unterstützt sie dabei. Die berechtigte Frage: Reicht seine kurze Zusatzausbildung dafür aus?

Ja, meint der Experte. Die Kursleiter haben schon eine pädagogische Ausbildung und Berufserfahrung, die PEKiP-Fortbildung kommt dann noch hinzu. Sie wird zentral von PEKiP e.V. gesteuert. "Der Ansatz ist klientenzentriert, der Betreuer lernt also, auf die Wünsche und Bedürfnisse der Eltern einzugehen", sagt Kalicki. "Das ist im Grunde sehr modern."

Eltern knüpfen im Kurs Kontakte

Und nicht nur den Rat eines Profis suchen Eltern bei Kursen wie PEKiP – auch den Kontakt zu anderen Eltern. Denn wenn ein Kind kommt, verändert sich vieles. Meist bleibt einer vorübergehend zu Hause, der Alltag ist nun nicht mehr selbst- sondern fremdbestimmt: Das Baby gibt den Takt vor. Das stresst. "Da spielt das soziale Netz eine große Rolle", sagt Kalicki. Doch viele Unternehmungen mit Freunden sind mit Kind nicht mehr machbar. Der Freundeskreis wandelt sich häufig. "Frühkindliche Bildungsangebote bieten da eine gewisse Entlastung und helfen, Kontakte zu anderen Familien in derselben Situation zu knüpfen", sagt der Experte.

Nacktheit als Teil des Konzepts

Bleibt die Frage: Warum müssen die Kleinen bei PEKiP nackt sein? "Babys bewegen sich dann tatsächlich leichter und ungestörter", sagt Kalicki. "Auch für die Eltern ist es so einfacher, das Kind und die Beziehung zu ihm zu erfahren." Ein Hygieneproblem sieht er nicht: Muss das Baby mal, kann die Unterlage, auf der es liegt, ausgetauscht und gereinigt werden. Da es sich um eine kleine, kontinuierliche Gruppe handelt, sei die Infektionsgefahr beherrschbar.

Wollen die Eltern ihr Kind nicht ohne Windel spielen lassen oder fühlt es sich nackt selbst nicht wohl, können sie mit dem Gruppenleiter oder der Gruppenleiterin Rücksprache halten. "Wahrscheinlich wird er oder sie dann den Ansatz erklären und dazu raten, es zumindest auszuprobieren", sagt Kalicki. "Aber der klientenzentrierte Ansatz steht dogmatischen Regeln entgegen – generell sollten Eltern sich nicht in vorgefertigte Konzepte pressen lassen, sondern ihre Erziehungsverantwortung selbstbewusst wahrnehmen." Also sind Windel und Body sicher auch im PEKiP-Kurs erlaubt, wenn sich das Baby so wohler fühlt.

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