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Das Image der Milch hat sich in den vergangenen Jahren drastisch geändert: vom einstigen Starkmacher, mit dem müde Männer wieder munter werden, zum umstrittenen Lebensmittel, bei dem viele Menschen nicht mehr sicher sind, ob es wirklich gesund ist. Meldungen, Milchkonsum erhöhe das Risiko für manche Krebsarten, verstärken die Verunsicherung.  

Eindeutige Belege für solche Hinweise gibt es jedoch nicht, ganz im Gegenteil: "Studien zeigen, dass Milch sogar risikosenkend wirken kann", sagt Prof. Dr. Bernhard Watzl vom Max-Rubner-Institut für Ernährung und Lebensmittel in Karlsruhe. Da­rüber hinaus ist wichtig zu wissen: Das erhöhte Risiko wird in Bezug auf Erwachsene diskutiert. Was Kinder betrifft, steht für Experten außer Frage: Sie brauchen Milch für Wachstum und Entwicklung.

Kinder brauchen Nährstoffe aus der Milch

Gerade in Kuhmilch stecken viele wichtige Nährstoffe wie Kalzium, Zink, Jod, B-Vitamine und Proteine. "Das Zu­sammenspiel dieser Substanzen ist so komplex, dass sich durch angereicherte Pflanzenmilch nicht einfach nachahmen lässt", erklärt Sonja Schäche, Ernährungswissenschaftlerin am Deutschen Institut für Ernährungsforschung Potsdam-Rehbrücke. Das Eiweiß aus der Kuhmilch (und auch das Eiweiß aus der Milch von Schafen und Ziegen) hat eine hohe Bioverfügbarkeit, das heißt: Der Körper kann es gut aufnehmen und weiter verwerten.

Kinder brauchen Kalzium für ihr Wachstum, für starke und widerstandsfähige Knochen. "Bis zum 20. Lebensjahr sind Milch und Milchprodukte immens wichtig für den Knochenaufbau", sagt Watzl. So lange wird Knochenmasse aufgebaut. Wer in der Kindheit zu wenig bildet, hat später ein erhöhtes Risiko für Osteoporose. Die Deutsche Gesellschaft für Ernährung empfiehlt für Kinder ab einem Jahr 300 bis 350 Milli­liter Milch täglich. Zum Beispiel Joghurt, Käse und – Milch pur. Säuglinge sollten erst ab sechs Monaten bis zu 200 Milliliter Kuhmilch bekommen, vorher gar nicht.

Allergie auf Milcheiweiß ist selten

Pflanzliche Alternativen aus Soja, Mandeln, Reis oder Hafer sind stärker verarbeitet und ganz anders als Kuhmilch zusammengesetzt. Nennenswerte Anteile von Kalzium enthalten nur die künstlich angereicherten Produkte. Schäche rät davon ab, Kuhmilch einfach durch Pflanzenmilch zu ersetzen. Aber was, wenn der Körper keine Milch verträgt? Eine Aller­gie auf Milch­­eiweiß ist selten, zwei bis drei Prozent der Neugeborenen sind davon betroffen.

Die Allergie verschwindet oft nach einer Auslass-Diät, und die Kinder vertragen Milch wieder problemlos. Die Milcheiweißallergie darf nicht mit der Laktoseintoleranz verwechselt werden. Diese tritt meist erst später im Leben auf, dann macht der Milch­zucker (Laktose) Bauchweh, Blähungen oder Durchfall. Laktosefreie Produkte sind eine gute Alternative und decken den Kalziumbedarf. Ob eine Unverträglichkeit vorliegt oder die Beschwerden eine andere Ursache haben, klärt ein Test. Das besprechen Eltern am besten mit dem Kinderarzt.

Etwa 75 Prozent der Weltbevölkerung sind laktoseintolerant. Eines der Hauptargumente von Milch-­Kritikern, warum wir auf Kuhmilch verzichten sollten. Für den menschlichen Verzehr sei sie nicht vorgesehen, mache deshalb Probleme. "In Europa ist die Unverträglichkeit selten, da die Menschen seit mehr als 7000 Jahren an Milch gewöhnt sind und Laktose dank einer Genmutation vertragen", so Bernhard Watzl. Die Evolution hat sich für den Milchkonsum entschieden.