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Perfekt temperiert, einzig­artig in der Zusammensetzung, überall verfügbar: Mutter­milch ist ein Wunderwerk der Natur. Trotzdem sind Stillende oft ver­un­­sichert, was sie essen oder trinken dürfen. Dabei gibt es hauptsächlich eine ­­Regel, die Ärztin, Still- und Laktationsberaterin Gud­run von der Ohe aus ­­Hamburg den Müttern mit auf den Weg gibt: "Essen Sie, worauf Sie Appe­tit ­­haben und was Ihnen gut bekommt. Trinken Sie dann, wenn Sie Durst haben."

Ein frischer, bunter Speiseplan liefert einen optimalen Nährstoffmix für die Mutter, der über die Milch zum Kind gelangt. Die ­ideale ­Mischung besteht aus reichlich Gemüse und Obst, Vollkornproduk­ten, hin und wieder einem Stück Fleisch und mindestens einmal in der ­Woche Fisch – beides liefert wertvolle ­Eiweiße. Gut ist, beim Einkauf zusätzlich auf regionale und saiso­nale Herkunft sowie auf Bio-Siegel zu ­achten.

Vegane Ernährung: Mit dem Arzt sprechen

Nahrungsergänzungsmittel und Vitamintabletten sind bei abwechslungsreicher Kost in der Regel nicht nötig. "Einzig Vega­nerinnen sollten sich während Schwangerschaft und Stillzeit beraten lassen, da sie zumindest Vitamin B 12, das in tierischen Lebensmitteln steckt, ergänzen müssen, um Mängel zu vermeiden", sagt Apothekerin Julia Bark aus Kaiserslautern.

Dennoch werden stillende Frauen immer wieder verun­sichert, was sie essen dürfen. Hier ein Überblick:

Gudrun von der Ohe ist Ärztin, Still- und Laktationsberaterin IBCLC aus Hamburg

Gudrun von der Ohe ist Ärztin, Still- und Laktationsberaterin IBCLC aus Hamburg

Obst und scharfe Gewürze: Ursache für wunden Po?

Von vornherein meiden muss ­keine Stillende Zitrusfrüchte, ­Chili und Co. "Probieren Sie in kleinen Mengen aus, wie Ihr Kind auf Fruchtsäuren oder scharfes Essen reagiert", rät Gudrun von der Ohe. ­Manche Babys bekommen tatsächlich ­einen wunden Po, viele ver­tragen solche Lebensmittel aber wunderbar. Bei einem Verdacht können Sie ein­zelne Obstsorten oder Ge­­würze einige Tage weglassen und be­obachten, ob sich eine Auswirkung auf Babys Haut zeigt.

Hülsenfrüchte, Kohl, Zwiebeln und Knoblauch: Blähen sie das Baby?

Babys bekommen keine Blähungen, nur weil die Mutter gerne Linsensuppe oder Grünkohl isst. "Verträgt die Mutter solche Nahrungsmittel, tut es das Kind auch", so die Stillberaterin. Übrigens: Kohlen­säure aus dem Mineral­­wasser gelangt nicht in die Muttermilch, das ist ein Ammen­märchen. Sie sind Knoblauchfan? Keine Sorge, das Kind ­akzeptiert die Muttermilch trotzdem: "Ein ­Baby kennt die Geschmacksstoffe aus dem Fruchtwasser, später erkennt es diese in der Milch wieder", erklärt die Stillberaterin Gudrun von der Ohe.

Julia Bark ist Apothekerin aus Kaiserslautern

Julia Bark ist Apothekerin aus Kaiserslautern

Rohes Fleisch und Rohmilchkäse wieder erlaubt

In der Schwangerschaft noch tabu, sind Tatar oder Rohmilch-Camembert für Stillende grundsätzlich wieder erlaubt. "Die bakteriell übertragbaren Infektio­­nen Listeriose und Toxoplas­mose gehen nicht durch die Mutter­milch aufs Kind über", sagt Gudrun von der Ohe.

Seefisch schützt vor Allergien

Schon das Stillen selbst reduziert das Risiko für das Baby, an Allergien zu erkranken. Nach aktuellen Leitlinien zur Aller­gieprävention scheint außerdem der Genuss von fettreichem Fisch während der Schwangerschaft und Stillzeit das Risiko für atopische Erkrankungen wie Asthma, Heuschnupfen und Neurodermitis beim Kind zu senken. Doch gerade Seefisch ist oft mit Schadstoffen belastet, da Chemikalien ins Meer gelangen und sich im Körper der ­Fische anreichern. "Achten Sie auf Bio-Herkunft, und essen Sie Fisch nur einmal pro Woche", rät ­Gudrun von der Ohe.

In ganz seltenen Fällen kann der Säugling auf die Kuhmilch in der Ernährung der Mutter allergisch reagieren. Das äußert sich verschieden, zum Beispiel mit Neurodermitis. Vorsicht: Nicht auf eigene Faust die Ernährung umstellen, sondern vorher mit dem Arzt abklären.

Getränke: Kaffee und Schwarztee in Maßen

Ihren geliebten Morgenkaffee muss sich keine Stillende verkneifen. "Allerdings kann Koffein bei Kindern zu Unruhe führen", gibt Apothekerin Bark zu bedenken, denn der Stoff geht in die Muttermilch über. Ihr Tipp: "Kaffee oder andere koffeinhaltige Getränke nicht mehr am Nachmittag oder am Abend trinken, damit die Nachtruhe entspannt bleibt." Die Deutsche Gesellschaft für Ernährung empfiehlt Stillenden, nicht mehr als drei Tassen täglich zu konsumieren. Das entspricht 300 Milligramm Koffein. "Kommen Cola oder Schwarztee hinzu, kann es aber zu viel sein", sagt Gudrun von der Ohe.

Alkohol und Nikotin am besten komplett meiden

"Bei Alkohol gilt die Null-Promille-Regel", sagt Gudrun von der Ohe. "Wollen Sie trotzdem mal an­stoßen, sollten Sie das direkt nach dem Stillen vor der längsten Still­pause des Tages tun, die meistens am Abend liegt. Und nur einmal in der ­Woche." Noch besser: Vor einem Glas Sekt oder Wein Milch abpumpen, dann hat der Körper bis zur nächsten Stillmahlzeit genügend Zeit, den Alkohol abzubauen.

Frauen, die rauchen, sollten im Idealfall schon ab dem Kinderwunsch damit aufhören oder, wenn das nicht gelingt, den Zigarettenkonsum stark einschränken. Das gilt auch in der Stillzeit. Fällt das schwer, holen Sie sich Unterstützung. "Muttermilch hat für das Kind so viele Vorteile, dass aber auch rauchenden Müttern das Stillen empfohlen wird", so Bark. Ihr Appell: "Wenn Sie rauchen, tun Sie es nach dem Stillen und nie in der Wohnung. Lassen Sie das Kind zu­dem im eigenen Bett schlafen. Im Elternbett steigt die Gefahr für den plötzlichen Kindstod."

Schadstoffe wie Glyphosat und Weichmacher

Meldungen über Umweltgifte in der Nahrung, die sich im ­Körper anreichern, beunruhigen. Berechtigt ist die Frage, ob Substanzen wie etwa Glyphosat, das in Pflanzen­schutzmitteln ent­halten ist, oder Bisphenol (Weichmacher) dem ­Baby gefährlich werden ­können.
­2016 ließ das Bundesamt für Risiko­bewertung Muttermilch­proben in Bayern und Niedersachsen auf Glyphosat untersuchen. Ergebnis: Die Konzentration lag unterhalb der Nachweis­grenze. Generell sei die Belas­tung von Mutter­milch mit Schadstoffen wie Pes­tiziden, Biphenylen und Dioxinen durch gesetzliche Vorgaben in den vergangenen 30 Jahren um bis zu 90 Prozent gesunken, so das Bundesamt. Einschränkungen zur Stilldauer gibt es nicht.

Krank in der Stillzeit: Welche Medikamente sind erlaubt?

Aus Angst vor Schäden beim Baby verzichten viele Stillende komplett auf Arzneimittel. Doch das hält Apothekerin Julia Bark nicht immer für ­eine sinnvolle Strategie: "Auch eine unbehandelte ­Erkrankung der Mutter kann für das Baby zu einem ­gesundheitlichen Problem werden", gibt sie zu bedenken. Und bei vielen Arzneimitteln kommen nur sehr geringe Mengen Wirkstoff beim Kind an.

"Nach Absprache mit Arzt, Apotheker oder Still­­beraterin dürfen Sie im Fall des Falles mit gutem Ge­wissen geeignete Medikamente einnehmen." Dabei achten die Experten unter anderem darauf, dass es positive Erfahrungswerte zu einem bewährten Medi­kament gibt (Informationen auch unter www.embryotox.de), und sie wählen in der ­Regel Mittel ohne Alkohol. Darauf können stillende ­Mütter außerdem achten:

  • Bei Erkältungsbeschwerden könnten im ersten Schritt Hausmittel genügen, etwa Wadenwickel bei Fieber, Inhalationen bei Husten.
  • Pflanzliche Präparate sind nicht grundsätzlich schonender als chemische. Fragen Sie in der Apotheke nach möglichen Auswirkungen auf das Baby.
  • Medikamente direkt nach der Stillmahlzeit nehmen: Bis zum nächsten Stillen reduzieren sich die Wirkstoffe, die in die Muttermilch übergehen.
  • Tabletten mit viel Wasser einnehmen: So lösen sie sich zügig auf und wirken auch schneller.
  • Auch nach Zahnbehandlungen oder Narkosen dürfen Sie stillen.
  • Als Schmerzmittel der Wahl gilt Ibuprofen.

Diät: Abnehmen in der Stillzeit okay?

In der Stillzeit besteht nur ein gering erhöhter Kalorienbedarf. "Ungefähr 500 Kilokalorien mehr kann die Mutter am Tag zu sich nehmen", sagt von der Ohe.

Wer während der Schwangerschaft mehrere Kilos zugelegt hat, darf auch schon in der Stillzeit mit dem Abnehmen beginnen. "Eine Gewichtsreduktion von 500 Gramm in der Woche ist ein gutes Maß", sagt die Expertin. Von Nulldiäten rät sie aber dringend ab. Außerdem können die Frauen langsam beginnen, Sport zu treiben. Regelmäßige Bewegung hilft beim Abnehmen und ist generell gut für die Gesundheit.

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