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Manchmal passiert es zufällig: Das Baby strampelt auf dem Wickeltisch oder stützt sich in Bauchlage auf die Ärmchen und schwupp, kullert es herum. Die erste Drehung ist geschafft! "Ein Meilenstein in der Entwicklung, denn wer sich drehen kann, wird auch mobiler", sagt Kinder- und Jugendarzt Dr. Klaus Rodens aus Langenau bei Ulm, der außerdem in der Deutschen Gesellschaft für Kinder- und Jugendmedizin im Vorstand tätig ist.

Muskelkraft erleichtert Babys das Drehen

Das Training beginnt bereits in den ersten Lebenswochen, wenn Babys mit den Beinen strampeln und mit den Armen rudern. In der anfangs oft ungeliebten Bauchlage versuchen viele Kinder schon früh, sich aufzustützen und das schwere Köpfchen zu heben. "Je agiler ein Kind von Anfang an ist, desto schneller wird es sich drehen, denn jede Bewegung stärkt die dafür erforderliche Muskulatur", erklärt Rodens. Die Bauchmuskeln trainieren Babys hauptsächlich in Rückenlage, wenn sie die Beine anziehen und ver­­suchen, den Po anzuheben.

Dr. Klaus Rodens ist Vorstandsmitglied des Bundesverbands der Kinder- und Jugendärzte und hat eine Praxis in Langenau bei Ulm

Dr. Klaus Rodens ist Vorstandsmitglied des Bundesverbands der Kinder- und Jugendärzte und hat eine Praxis in Langenau bei Ulm

Arm-, Rücken- und Nackenmuskulatur profitieren, wenn das Kleine regelmäßig auf dem Bauch liegt. "Allerdings sehen wir vermehrt Kinder, die viel zu selten auf den Bauch gelegt werden. Ich vermute, das hängt mit der Empfehlung zusammen, Babys auf dem Rücken schlafen zu lassen, um einem plötzlichen Kindstod vorzubeugen. Die ist natürlich sinnvoll", so der Kinderarzt.

Aber wenn das Kleine wach und in Spiellaune ist, rät Rodens: "Es mehrmals täglich für ein paar Minuten auf den Bauch legen und sich dabei mit ihm beschäftigen." Das beugt Asymmetrien im Bereich des Schädels, einer verkürzten Halsmuskulatur und einer verzögerten Hüftentwicklung vor. Sonst tun sich Babys schwerer mit dem Drehen. 

Heike Schwarz arbeitet als Hebamme in Unterhaching

Heike Schwarz arbeitet als Hebamme in Unterhaching

Manchen ist das Drehen noch zu mühsam

Wann der erste Dreher statt­findet, ist von Kind zu Kind ver­schieden. "Ab dem dritten Lebensmonat entwickeln sich Babys unterschiedlich schnell, vor allem was die Mobilität betrifft", sagt Heb­amme ­Heike Schwarz aus Unterhaching. Sie be­obachtet, dass Babys, die mit älteren Geschwis­tern oder mit Haustieren aufwachsen, zu den Früh­startern gehören. "Neugier macht ­mobil", lautet ihr Fazit. Laut Statistik schafft es die Hälfte der Kleinen mit sechs ­Monaten, vom Bauch auf den Rücken und zurück zu wechseln.

Und wenn das eigene Baby zu den Spätzündern zählt und den Dreh noch nicht raushat? "Das ist noch kein Grund zur Sorge. Spätestens bei der Vorsorgeuntersuchung U 5 zwischen dem sechsten und achten Lebensmonat wird der Kinderarzt die Beweglichkeit des Kindes über­prüfen und mit den Eltern besprechen", so Rodens. Eher selten sind orthopädische oder neuro­­logische Besonderheiten die Ursache. Viel häufiger kommt es vor, dass der Nachwuchs die ungewohnte Bewegungsform noch zu mühsam findet. "Gerade kräftige Babys sind manchmal durch ­ihre Körperfülle nicht so wendig", sagt der Kinderarzt.

So fördern Eltern das Drehen

Für Eltern, die das erste Herum­kullern sehnlich erwarten, ist es verlockend, ein bisschen nachzuhelfen. "Etwas Anregung ist durchaus angebracht, vor allem wenn das Erfolgserlebnis bisher ausblieb", meint Heike Schwarz. Liegt das ­Kleine auf dem Rücken, können Eltern eine Hand außen an den Oberschenkel des Babys legen, wenn es die ­Beine anwinkelt. Führen Sie das Bein dann mit sanftem Druck über den Körper des Kindes, um eine Drehbewegung anzudeuten. "Kann Ihr Baby in der Seitenlage den Kopf schon leicht anheben, wird es durch Ihre ­Hilfe auf dem Bauch landen. Warten Sie kurz, ob es sein Ärmchen von ­alleine unter dem Bauch hervorzieht." Falls nicht, be­freien Sie den Arm.

Auch ein Spielzeug kann motivieren, sich zu drehen. Erst wird dem Baby die Rassel oder das Kuscheltier gezeigt. Will es danach greifen, platzieren Sie es knapp außerhalb der Reichweite etwas über Kopfhöhe auf dem Boden. Für das Rollen aus der Bauch- in die Rückenlage empfiehlt die Hebamme folgende Übung: Mama oder Papa legen sich auf den Bauch dem Baby gegenüber, sprechen mit ihm und halten Blick­­kontakt. Dann die Arme des Kindes vorsichtig nach vorne in eine ausgestreckte Haltung ziehen, sodass der Kopf sich genau zwischen den ­­Armen befindet. "Nun können Sie das Baby an den ausgestreckten Armen fassen und sanft herum­rollen – und bei Gefallen wieder zurück", so Schwarz.

Nach den ersten eigenen Roll-­Manövern ­legen Babys gerne wieder ­eine ­­Pause ein. Nicht enttäuscht sein! Das Bewegungsmuster muss sich erst durch ständige Wieder­holungen verfestigen, bis es automatisch abläuft.

Viele Kinder bevorzugen eine Körperseite

Außerdem kommt es häufig vor, dass Kinder eine Schokoladenseite haben, sich etwa nur über rechts drehen. "Oft zeigen sich Links- oder Rechtshändigkeit und damit die Vorliebe für eine Körperseite schon früh", bestätigt Klaus Rodens. ­Regen Sie dann das Drehen über die andere Seite umso mehr an, um die Muskulatur beidseitig zu trainieren. Einige wenige Kinder lassen das Drehen als Entwicklungsschritt übrigens komplett aus, sie beginnen gleich zu robben oder zu krabbeln. Und umgekehrt krabbeln manche nicht, sondern rollen durch den Raum, bis sie zu laufen anfangen. "Ist eine medizinische Ursache ausgeschlossen, geht das völlig in Ordnung", so der Kinder­arzt. ­"Jedes Kind folgt einem indivi­duellen Programm. Daran müssen und können Eltern nichts ändern oder beschleunigen."

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