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Mama, da Metterling!: Die ersten Sprechversuche von Kindern sind noch etwas holprig – und manchmal auch richtig süß. Klar, auch Sprechenlernen braucht Zeit und Übung. „Gerade der frühe Spracherwerb bei Kindern im Alter von zwei bis vier Jahren ist sehr individuell. Unterschiede in der Entwicklung sind da ganz normal“, sagt Dr. Kerstin Nonn, Leiterin der Staatlichen Berufsfach­schule für Logopädie in München.

Doch was ist, wenn man sein Kind partout nicht verstehen kann? Was sind nur niedliche Versprecher und wo beginnen ernstere Pro­bleme? Störungen der Sprachentwicklung sind gar nicht so selten: Sie treten bei fast zehn Prozent aller Kinder auf. Nur ein kleiner Teil von ­ihnen hat aufgrund einer Erkrankung oder ­einer Behinderung Probleme mit dem Sprechenlernen. Die meisten haben eine soge­nannte umschriebene Sprachentwicklungsstörung.

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Das heißt, nur das Sprechen bereitet ihnen Schwierigkeiten – in anderen Bereichen, wie dem Denken oder der Motorik, sind sie nicht eingeschränkt. Bei Jungen kommen die umschriebenen Sprachentwicklungsstörungen ­etwa doppelt so häufig vor wie bei Mädchen. „In den meisten Fällen sind sie genetisch bedingt“, erklärt Logopädin Kerstin Nonn. Gut zu wissen für Eltern: Mehrsprachigkeit erhöht das Risiko für Sprachentwicklungsstörungen nicht.

Ist mein Kind ein „Late Talker“?

Einen Anhaltspunkt, dass es Schwierigkeiten mit dem Spracherwerb geben könnte, liefert der Wortschatz im Alter von zwei Jahren. Kinder sollten dann mindestens etwa 50 Wörter sprechen – dazu zählen auch vereinfachte Wörter wie „Wauwau“ für Hund. Außerdem sollte das Kind Zwei-Wort-Äußerungen (z. B. „Da Ball“) aufbauen können. „Jungen dürfen zu diesem Zeitpunkt auch etwas weniger Wörter sprechen als Mädchen, und auch Kinder, die mehrsprachig aufwachsen, dürfen etwas langsamer sein“, erläutert Professorin Dr. Katrin Neumann.

Prof. Katrin Neumann forscht zu kindlicher Sprachentwicklung

Prof. Katrin Neumann forscht zu kindlicher Sprachentwicklung

Aussprache- und Grammatikfehler können auf Sprachstörung hinweisen

Eine Sprachentwicklungsstörung zeigt sich aber nicht nur in einem eingeschränkten Wortschatz. Auch Grammatik, Aussprache oder das Verständnis von Sprache können auffällig sein. So bauen Kinder mit Sprachentwicklungs­störungen auch im Kindergartenalter Sätze noch oft falsch („Ich heute Garten gehe“), lassen Laute oder Silben aus („Burtstag“ statt „Geburtstag“) oder ersetzen diese („Gose“ statt ­„Dose“). Sie werden kaum von anderen verstanden oder verstehen selbst Gesprochenes nur schlecht.

So können Eltern unterstützen

• Seien Sie aufmerksam für das, was Ihr Kind gerade interessiert, und gehen Sie sprachlich darauf ein.

• Hören Sie Ihrem Kind zu und lassen Sie es aus­sprechen. Fragen Sie nach, aber fragen Sie nicht ab.

• Schauen Sie gemeinsam Bilderbücher an. Lassen Sie Ihr Kind erzählen, was es auf den Bildern sieht, und kommen Sie ins Gespräch.

• Geben Sie bei Fehlern ein sogenanntes korrektives Feedback. Sagt Ihr Kind etwa: „Da, Vodel!“, berich­tigen Sie es nicht einfach, sondern wiederholen das Wort korrekt in einem Satz, zum Beispiel: „Ja, du hast recht. Da sitzt ein schöner blauer Vogel im Baum.“ So können Sie beiläufig die richtige Aus­sprache vermitteln.

• Begleiten Sie Handlungen im Alltag sprachlich. Etwa so: „Jetzt ziehst du deine Regenjacke an, weil es draußen regnet. Wir schließen den Reißverschluss und ziehen die Kapuze über den Kopf.“

Haben Eltern die Sorge, dass ihr Kind sich mit dem Sprechen schwertut, sollten sie dies unbedingt mit Kinderärztin oder -arzt besprechen oder sich an einen Phoniater-Pädaudio­logen wenden. Denn manchmal können auch Pro­bleme mit dem Hören dahinterstecken: „Viele Kleinkinder haben immer mal wieder Flüssigkeit in den Mittelohren – sogenannte Pauken­ergüsse – und hören dadurch schlecht. Diese Hörstörungen bleiben in der Regel nicht lebenslang, doch wenn sie in der Zeit der Sprachentwicklung gehäuft auftreten, können sie diese deutlich beeinträchtigen“, so Professorin Katrin Neumann.

Damit die Kommunikation klappt

Eine möglichst frühe Diagnose und Behandlung von Sprachentwicklungsstörungen ist wichtig, denn betroffenen Kindern fällt es oftmals schwer, sich anderen mitzuteilen. „Das kann emotionale Auswirkungen haben“, erklärt Neumann. „Manche Kinder sind traurig, dass sie sich nicht mit ihren Alters­genossen unterhalten können, und ziehen sich zurück. Andere werden aggressiv und lösen Konflikte schon mal mit Fäusten.“

Helfen kann die Sprachtherapie. Meist kann man damit im Alter von drei Jahren beginnen. „Üblicherweise werden in Deutschland Einzel­therapiestunden verordnet, empfohlen werden aber eigentlich Gruppentherapien“, bemängelt Neumann, die federführend an den aktuellen Leitlinien zu dem Thema mitgewirkt hat. Zusammen mit ihrem Team untersucht sie, wie sich die Versorgung von Kindern mit Sprachentwicklungsstörungen verbessern lässt. „Nach ersten Studienergebnissen scheinen auch Online-Therapien hochwirksam zu sein“, so die Ärztin. Diese verbesserten nicht nur die Therapietreue, sondern binden auch Eltern intensiver in den Therapieprozess ein. Bei Kindern mit sehr schweren Sprachentwicklungsstörungen empfiehlt Neumann eine intensive Behandlung in einer auf Sprachrehabilitation spezialisierten Klinik.

„Late Talker“ können auch von einem Training der Eltern profitieren. Bei solchen Trainings, zum Beispiel dem Heidelberger Elterntraining, werden Eltern in der Kommunikation mit ihrem Kind geschult. Leider werde dies noch nicht von allen Krankenkassen bezahlt, bedauert Neumann: „Das ist ein Ziel unserer Leitlinie, dass die wirksamen Trainings in Zukunft von den Kassen übernommen werden.“

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