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Gemeinsam beim Baby-Schwimmen durchs Wasser pflügen, im Kinderbecken planschen oder mit den Schwimmlehrenden die ersten Schwimmzüge üben: Fehlanzeige während der Corona-Pandemie: Schwimmbäder hatten in den kalten Monaten geschlossen, im Sommer sind viele Kurse für lange Zeit ausgebucht. "Das ist eine Katastrophe", sagt Renaldo Hocher, Schwimmtrainer der Deutschen Lebensrettungsgesellschaft (­DLRG) Mecklenburg-Vorpommern in Rostock. "Bereits vor dem Lockdown waren ungefähr die Hälfte der Kinder ­in Mecklenburg-Vorpommern nicht sicher im Schwimmen. Das ist durch das fehlende Jahr noch schlimmer geworden." Damit steigt die Gefahr, beim Baden zu ertrinken. Ein Ausweg: Eltern bringen ihren Kindern das Schwimmen selbst bei.

Kinderschwimmen: Erstes Üben in der Wanne

Mama und Papa können dafür im heimischen Badezimmer oder im Pool im Garten viel tun. "In der Badewanne fängt es an", sagt Alexander Gallitz vom Deutschen Schwimmlehrerverband in Postbauer-­Heng (Bayern). Denn lange vor dem Schwimmenlernen kommt die Wassergewöhnung. Dabei erfahren die Kinder das Wasser und lernen das unbekannte Element kennen.

Sie spüren, wie sich Spritzer im Gesicht anfühlen, wie das Wasser Druck ausübt, aber auch, wie es sie trägt. Ängste verschwinden langsam oder können gar nicht erst entstehen, wenn man sich im Wasser wohlfühlt. Gallitz rät, in der Wanne ohne Seife oder Schaumbad beim Baden zu üben. Hier können schon die ganz Kleinen mit warmem Wasser begossen werden, erst die Beine, später der Bauch oder die Haare.

Schwimmen lernen mit der Gießkanne?

Anfangs reichen die Tropfen aus ­einem Waschlappen. Etwas ältere Kinder dürfen sich selbst mit einer Gießkanne, einer kleinen Wasserspritze oder einem Becher begießen. Mutprobe: Wer traut sich, das Wasser übers Gesicht zu schütten?

Wichtig: Kinder nähern sich dem Element Wasser sehr unterschiedlich. Manche sind schon mit zwei, drei Jahren richtige Wasserratten, trauen sich zu tauchen und versuchen erste Schwimmbewegungen. Andere sind vielleicht noch im Vorschulalter eher ängstlich und vorsichtig und genießen es, am flachen Ufer zu spielen oder sich gestützt von Papas oder Mamas Hand auf den Rücken zu legen und im Wasser zu schweben. Egal ob Wasserratte oder wasserscheu: "Es geht darum, das Element Wasser wirklich zu erleben", sagt Gallitz. Was hilft: viel Geduld und Übung.

In welchem Alter Schwimmen lernen?

Letztere bekommen Kinder normalerweise vor allem in Schwimmkursen: Ab dem dritten Lebensmonat beim Baby­schwimmen und ab dem zweiten Lebensjahr beim Kleinkinderschwimmen. Hier geht es vor ­allem um Wassergewöhnung und erste Schwimmbewegungen. Den klassischen Seepferdchen-Kurs empfehlen Schwimmlehrende für Kinder ab fünf Jahren. "Manche Kinder lernen schnell, andere langsam. Manche haben mehr Angst, andere weniger. Ein guter Trainer geht auf die Kinder ein und passt die Übungen für sie an", erklärt Gallitz. Eltern sollten das ebenso halten. Wenn das Kleine nicht möchte, Angst zeigt oder mehr Übung braucht, ist eine Pause gut. Beim nächsten Mal geht es weiter. Auch beim klassischen Schwimmkurs haben nur wenige Kinder nach zehn Stunden das Seepferdchen-Abzeichen. Die meisten brauchen länger.

Das Plansch-Programm für Eltern und Kind

Wer sich das Schwimmenlehren nicht alleine zutraut, kann sich an On­line­schwimmschulen wenden. Simone Schridde ist Schwimmlehrerin mit ­eigener Schwimm­schule in Euskirchen. Weil immer wieder Eltern fragten, wie sie die Kinder am besten auf den Schwimmkurs vorbereiten und ob sie ihnen selber schwimmen beibringen könnten, gründete sie eine Onlineschwimmschule. In Videos zeigt sie Schritt für Schritt, wie Kinder sich ans Wasser gewöhnen, im Wasser atmen lernen und die rich­tigen Schwimmbewegungen üben. Ein solcher Onlinekurs kostet weniger als ein normaler Schwimmkurs. "Bisher haben ­alle Kinder, die den Kurs mitgemacht haben, schwimmen gelernt", sagt Schridde. Auch Vereine wie etwa die DLRG bieten im Netz ­Videos mit Elterntipps zu Wassergewöhnung und ersten Schwimmversuchen.

Endlich Seepferdchen: Darauf kommt es an

Das Seepferdchen ist für kleine Schwimmer:innen ein heiß ersehntes Ziel. In der Regel gibt es dafür am ­Ende des Kurses eine Prüfung. Für alle, die mit ihren Eltern schwimmen lernen, bedeutet das nicht, dass sie ohne auskommen müssen. Denn die Prüfung nehmen auch Bade­meis­ter:innen im Freibad oder in der Schwimm­halle ab. Wer das See­pferdchen hat, ist stolz wie Bolle. Der erste Meilenstein ist geschafft. Doch das bedeutet nicht, dass das Kind richtig schwimmen kann. Sondern: Es ist in der Lage, 25 Meter im Wasser zurückzulegen und würde im Notfall nicht gleich ertrinken. Besonders kritisch: "Kinder können noch nicht abschätzen, wie weit ihre Kräfte reichen werden", warnt Gallitz.

Deshalb gilt im Schwimmbad, am See und am Meer: "Lassen Sie Ihre Kinder niemals allein im Wasser", betont Renaldo Hocher. Nicht im flachen Becken, nicht im Spülsaum am Meeresufer, nicht im Planschbecken. Ertrinken ist ein stiller Prozess ohne Hilferufe. Wichtig: "Sprechen Sie mit Ihren Kindern. Sie müssen verstehen, dass sie im Wasser abtreiben oder ertrinken können", rät Hocher. Er empfiehlt, immer eine bewachte Bade­stelle aufzusuchen. Dort ist im Notfall schnell Hilfe zur Stelle.

Schwimmflügel schützen nicht vor Ertrinken

Diese Regeln gelten auch für Kinder, die mit Schwimmhilfen ins Wasser gehen, denn es sind keine Rettungswesten. Sie können sogar schaden. So ­unterstützen Schwimmflügel zwar den Auftrieb, aber die Kinder können ­damit nicht richtig schwimmen. Schwimmgürtel halten den Körper in der Mitte am weitesten nach oben. Da kann schnell der Kopf unter Wasser geraten. Daher beim Schwimmenlernen am besten auf Schwimmhilfen verzichten. Stattdessen bleiben Eltern immer nur eine Armlänge entfernt von ihrem Kind. So können sie bei Problemen sofort zugreifen.

Egal auf welchem Wege Kinder schwimmen lernen und wie gut sie es können: "Ein schlechter Schwimmer ist besser als ein Nichtschwimmer", sagt Hocher. Sein Tipp: "Überfordern Sie Ihr Kind nicht. Mit Geduld schwindet die Angst vor dem Wasser und die Kinder bekommen Freude am Schwimmen."