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Wenn ich der Lebensmittelhändler unseres Vertrauens ­wäre, hätte ich uns längst des Ladens verwiesen und ein Hausverbot verhängt. Auf unser Supermarkt-Unfall-Konto in diesem Monat gehen sechs Eier aus Freilandhaltung, ein Budapes­ter-Salat im Plastikschälchen, zwei Becher laktose­freier Magerquark und ein Gläschen Bircher Müsli, fein püriert. Unsere Tochter hat in den letzten Wochen Lebensmittel im Wert von 12,43 Euro fallen gelassen, angesabbert oder zusammengequetscht – inklusive Mehrwertsteuer und exklusive irgendeiner Form von Einsicht.

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Das Buch zur Kolumne

Geschichten über Schwangerschaft und Babyzeit – mit Witz und Charme erzählt von einer jungen Mutter zum Artikel

Ein besonderes Einkaufserlebnis

Wer mit Merle freiwillig einkaufen geht, muss entweder selbstquälerische Züge haben oder einfach keine andere Möglichkeit, als sie mitzunehmen. Ich gehöre zur zweiten Kategorie, und das bedeutet: zwei steife Babybeinchen unter großem Protest in die dafür vorgesehenen Babybeinchen-Löcher im Einkaufswagens zu zwängen, sämtliche Regal-Ausräumversuche bereits im Versuchsstadium abzuwenden und abwechselnd "Merleeeeee!", "Nein!", "Upps" und "Entschuldigen Sie, meine Tochter hat gerade, ähm, den Magerquark fallen gelassen" zu sagen.

Hilft das Happy Cabrio?

"Du musst dich in Alltagssituationen besser entspannen", belehrte mich meine Freundin Linda, Erzieherin und unangenehm relaxte Zweifachmutter. "Dein Stress überträgt sich aufs Kind." Und statt meine Tochter in die passive Haltung im Einkaufswagen zu zwängen, solle ich sie doch selbst einen Kindereinkaufswagen schieben lassen. Da ich bereits den ersten durch meine Tochter verursachten Oberschenkelhalsbruch ­einer älteren Mitkundin befürchtete, verzichtete ich auf Merles freie Entfaltung im Supermarkt. Stattdessen entschied ich mich beim letzten Einkauf für – das laut Kennzeichen ausgewiesene – "Happy-Cabrio": ein Einkaufswagen mit vorgebautem Spielauto inklusive Hupe und Lenker.

Niedergang der Eintopf-Pyramide

Ich steuerte das sperrige Schlachtschiff laut ratternd durch die Obst-und-Gemüse-Abteilung und rangierte Richtung Backzutaten, während Merle das Interieur ihres Autos artig inspizierte. Und wirklich, ich war gerade dabei, mich beim Anblick von Vanillezucker und Zartbitterkuvertüre tiefenzuentspannen, als es plötzlich rummste – und ein halbes Dutzend Dosen Hühner-Nudel-Topf der Hausmarke auf die Happy-Cabrio-Kühlerhaube donnerten.

"Merleee!", zischte ich und realisierte erst einige Sekunden später, dass ich mein neues Gefährt höchstpersönlich gegen die Eintopf-Pyramide gefahren hatte. "Entschuldigung, meine Tochter ist gerade, also ähm, gegen die Dosen …", log ich wenige Minuten später mit hochrotem Kopf an der Kasse. Nun ja, ich habe allmählich das Gefühl, Merle und ich werden uns beim Einkaufen schon irgendwie arrangieren.

Trotziges Kind – was tun?