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Seitdem wir im vergangenen Jahr die verschneiten Straßen der ­Sierra Nevada mit einer uralten Klapperkiste ohne Schneeketten und Allradantrieb bezwungen haben, halten Felix und ich uns für erfahrene Abenteuerurlauber. Wir waren daher geradezu tiefen­entspannt, als wir unseren ersten Urlaub mit Baby buchten. Vier ­Tage Madrid, zwei Nonstop-Flüge und Übernachtung mit Frühstück im Hotel mit zimmereigenem Wasserkocher und ­Babybett.

Ich wählte unseren Minitrolley, robust und handgepäcktauglich, als leichtes Reisegepäck. Dann begann ich, Merles Sachen zu packen: alle verfügbaren Bodys in Größe 74, drei Strumpfhosen, zwei Schlafanzüge, vier Leggins, sechs Shirts, Wollmütze, Sonnenhut, zwei Krabbeldecken, Schlafsack, Rasselfrosch und Greifring, je viermal Abend-, Gemüse- und Obstbrei aus dem Gläschen, 43 Windeln in Größe vier und eine Packung Fieberzäpfchen für den Notfall.

Gültige Reisedokumente - auch für Merle?

Da Merles Gepäck das Dreifache ihres derzeitigen Eigengewichts auf die Waage brachte, entschieden wir uns doch dazu, unseren fernreise­erprobten 130-Liter-Hartschalenkoffer aus dem Keller zu wuchten. Ich überprüfte sicherheitshalber noch mal die Freigepäck-Bestimmungen für Kinder auf dem E-Ticket – und traute meinen Augen nicht. "­Alle Reisenden müssen jederzeit im Besitz gültiger Reisedokumente sein", stand dort in fetten Buchstaben. "Babys ­etwa auch?", schoss es mir durch den Kopf. "Feeeeeeelix!"

Wir hatten noch 48 Stunden – abzüglich der Schließzeiten des städtischen Bürgerbüros –, um einen Reisepass für unser Kind zu organi­sieren. Ich kramte panisch nach den erforderlichen Unterlagen, Felix versuchte derweil ein biometrisches Foto von ­Merle zu knipsen. Während ich unsere Tochter dazu animierte, ihren Kopf vor einem Stück neutralfarbener Pappe Richtung Kamera zu drehen, brach sie in großes Geheule aus. Felix schimpfte, ich schwitzte, Merle kam der Mittagsbrei hoch.

Auf nach Madrid! Oder doch nicht?

Die Spuckflecken konnte Felix wegretuschieren. 24 Stunden nach ­unserem Shooting hatten wir tatsächlich einen Pass in der Hand, auf dem unsere Tochter zwar wie ein aufgescheuchtes Reh mit Würgereiz dreinschaute, aber immerhin war sie nun zur Einreise nach Spanien berechtigt. In Madrid waren wir trotzdem nicht.

Stunden vor unserem Abflug hatte Merle nämlich nicht nur ein gültiges Reisedokument, sondern plötzlich auch 39,6 Grad Fieber. Hasta la vista, Madrid! Dich abzusagen hat uns 500 Euro gekostet. Dafür ging es Merle eine halbe Stunde nach ­unserer geplanten Abflugzeit wieder blendend . . .