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Hunde, Katzen, Meerschweinchen und an­dere Kleinsäuger liegen nicht erst seit ­Corona im Trend: Laut Zentralverband Zoologischer Fachbetriebe (ZZF) leben ­etwa 34 Millionen von ihnen in deutschen Haushalten. Und oft treffen sie dort auf Kinder: Einer Studie zufolge, die der Allergieinformationsdienst des Helmholtz Zentrum München (Aid) aufführt, besitzt etwa die ­Hälfte der Haushalte mit Neugeborenen und Kleinkindern ein Haustier.

Dabei steigt die Zahl von Menschen mit Tierhaarallergie seit Jahren. Laut Aid und Ärzteverband deutscher Aller­gologen (AeDA) sind Tierhaare nach Pollen und Hausstaubmilben mitt­lerweile die dritthäu­figste Ur­sache von Atemwegsallergien.

Erhöhen oder senken Haustiere das Risiko?

Wie hoch ist das Risiko für Kinder? Tatsächlich ist es nicht abschließend geklärt, welchen Einfluss Haustiere auf die Allergie­entwicklung haben. "Die bisherigen Untersuchungen erbrachten widersprüchliche Ergeb­nisse", sagt Dr. Katja Nemat, Fac­h­ärztin für Kinderpneumologie und Allergologie und im Vorstand des ­AeDA. Einige Studien hätten gezeigt, dass Kinder, die in den ersten Lebens­jahren mit einem Hund aufwachsen, später ­weniger unter ­­Asthma und anderen allergischen Erkrankungen litten. "In anderen Untersuchungen war die Haltung von felltragenden Tieren wie Katzen oder Hamstern in der Wohnung eher mit einem erhöhten ­Risiko verbunden", sagt Nemat. Auch Studien, die keinen klaren ­Effekt ­zeigen würden, gebe es viele.

Die Allergologin aus Dresden weist dabei auf ein grundsätz­liches Pro­blem bei vielen dieser Unter­such­un­gen hin: "Die indivi­duelle Lebenslage wird häufig nicht berücksichtigt." So lebe eine Familie, die Hunde hält, vielleicht auch eher auf dem Land, wo Kinder mög­licherweise in vielerlei Hinsicht anders aufwachsen als etwa in der Stadt.

Tierhaare sind nicht das eigentliche Problem

Klar ist dagegen, dass das Wort Tierhaarallergie eigentlich falsch ist: Nicht das Fell führt zu den typischen Symptomen, zu denen ein meist plötzlich auftretendes Augen- und Nasenjucken sowie Hustenanfälle und Hautrötungen zählen. Problematisch sind die Eiweißstoffe, die sich im Speichel und Urin oder in den Hautschuppen der Tiere befinden. Diese mikroskopisch kleinen Teilchen verbinden sich mit Staubpartikeln und verteilen sich so im gesamten Wohnraum. 

Reagieren Kinder bereits auf Pollen oder Hausstaubmilben oder leidet ein Kind unter Neurodermitis oder ­Asthma, rät Katja ­Nemat Familien sich vor der Anschaffung eines felltragenden Haustieres gut beraten zu lassen. "Bei Kindern, die etwa an ­einer Hausstaubmilbenallergie leiden, könnten sich die Symptome verstärken, weil die ­Tiere die Milben-­Konzentration im Haushalt erhöhen", erklärt sie. Kinder mit ­einer Gräserpollenallergie reagierten womöglich allergisch auf das Heu im Kaninchenstall. Denkbare Alterna­tiven seien dann Schildkröten oder Fische. Sie gelten als allergie­sicher.

Tierhaarallergie: Abschied vom Haustier

Das Nein der Eltern zur Katze oder zum Hund ist zwar traurig, es verhindert aber die schmerzvolle Situation, ein Tier wieder abgeben zu müssen. Eine Trennung kann zum Beispiel notwendig sein, wenn sich bei einem Kind, das in ­eine Familie mit Haustier geboren wird, eine Allergie entwickelt. "Das ist ein schwerer Schritt. Aber die Gefahren für ein allergisches Kind sind zu groß", ist Nemat überzeugt.

Ausnahme: Tritt ein Asthma nur im Rahmen ­eines Infektes oder einer starken Anstrengung auf, müssen diese Kinder möglicherweise nicht auf ein Tier verzichten. Auch draußen lebende Tiere, etwa Kaninchen im Gartenstall, könnten unter Umständen eine Lösung sein. Beides gilt es, vorher genau mit der Ärztin oder dem Arzt zu besprechen.

Hilfe im Akutfall

Zeigen Kinder Symptome einer Tierhaarallergie, ist die Kinderarztpraxis die erste Anlaufstelle. Dort oder bei einem Allergologen oder einer Allergologin wird dann per Blut- oder Hauttest die genaue Diagnose gestellt.

Müssen sich Familien vom geliebten Haustier trennen, verschwinden die Symptome übrigens nicht sofort. "Es kann Monate dauern, bis die Aller­­genkonzentration in der Raumluft so weit gesunken ist, dass sie keine Probleme mehr bereitet", sagt Nemat. Wichtig sei, dass Beschwerden in dieser Zeit gut behandelt würden – auftretendes Asthma zum Beispiel mit Inhalationssprays.

Eine spezifische Immuntherapie (SIT), die bei Allergien gegen Milben oder Pollen oft Erfolge erzielt, kommt bei Tierhaarallergien selten infrage. Sie wird meist nur bei Personen vorgenommen, die beruflich mit Tieren zu tun haben, "sowie bei Menschen, die so empfindlich sind, dass sie sogar auf Katzenfans in Bus und Bahn reagieren", ergänzt Nemat.