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"Ich habe gestern unseren Hund für etwa vier Sekunden hochgehoben, er wiegt ungefähr 20 Kilo", schreibt Biene82 in einem Online-Forum. Das Tier habe sich mit dem Fuß verfangen, sie habe keine andere Möglichkeit gehabt. "Ich bin in der siebten Woche und hatte letztes Jahr eine Fehlgeburt." Jetzt mache sie sich unendliche Sorgen, ob das Heben ihrem Kind schade. Ähnliche Foreneinträge finden sich viele im Netz: Das Thema Heben beschäftigt die meisten Schwangeren irgendwann. Häufig auch, weil sie schon ein Kind haben, das öfter auf den Arm will. Dem Kleinen das konsequent zu verweigern, ist schwierig. Aber ist Heben denn so schlimm? Und was kann überhaupt passieren?

Zusammenhang zwischen Heben und Frühgeburt unwahrscheinlich

"Es gibt keine wissenschaftlich definierte Grenze, wie viel Schwangere heben dürfen", sagt Professor Dr. med. Frank Nawroth, Frauenarzt aus Hamburg. Die einzige offizielle Angabe dazu steht im Arbeitsschutzgesetz: Regelmäßig Lasten von mehr als fünf Kilogramm Gewicht oder gelegentlich Lasten von mehr als zehn Kilogramm Gewicht heben zu müssen, ist für Schwangere nicht zulässig. "Auch die gesetzliche Regelung ist nicht durch beweisende Studien gestützt", sagt Nawroth. Um Arbeitgeber und Arbeitnehmerin zu schützen, habe man irgendwann diese Grenzen definiert – und das sei richtig so. Ob und welche Folgen drohen, wenn Schwangere trotzdem öfter oder schwerer heben, ist nicht belegt. Studien sind derzeit auch nicht zu erwarten: Aus ethischen Gründen würde eine solche Untersuchung vermutlich nicht zugelassen. "Aber eine Kausalität zwischen Heben und Frühgeburt besteht in der Regel nicht", sagt Nawroth.

Wenn Schwangere heben, dann bitte rückenschonend

Besorgten Frauen rät der Experte deshalb: "Wenn Sie sich beim Heben gut fühlen, machen Sie sich keine Sorgen. Wenn Sie ein schlechtes Gefühl haben, lassen Sie es lieber." Der Körper gebe in der Regel Signale, wenn ihm etwas nicht guttut. Generell scheint zwischen Aktivitäten in der Schwangerschaft und Frühgeburten ein geringerer Zusammenhang zu bestehen, als bisher gedacht. Für vieles, was früher als riskant galt, gibt es mittlerweile Entwarnung. Zum Beispiel konnten Studien zeigen, dass Schwangere, die reiten, kein erhöhtes Frühgeburtsrisiko haben. Lediglich das Unfallrisiko sei höher, weshalb weiterhin vom Reiten eher abgeraten wird.

Muss eine Schwangere etwas Schweres heben, sollte sie sich am besten nicht vorbeugen und aus dem Rücken heben, sondern dazu in die Knie gehen. Außerdem den Gegenstand oder das Kind am besten nahe an den Körper heranziehen und langsam aufstehen. "Diese Tipps sind allerdings eher für den Rücken wichtig – auf den sollten Schwangere auf jeden Fall aufpassen", sagt Nawroth. Auch den Beckenboden kann das Heben belasten. Weil er während der Schwangerschaft ohnehin stärker beansprucht wird, steigt bei zusätzlicher Belastung die Gefahr für eine Beckenbodenschwäche und damit unter anderem für eine Inkontinenz.

Bei Angst oder Symptomen zum Arzt

Extreme körperliche Anstrengung sollten werdende Mütter vermeiden. "Auch dazu gibt es zwar keine Studien", sagt Nawroth. "Aber es ist vorstellbar, dass die körperlichen Reserven angegriffen werden oder die Frau unter starken Stress gerät." Beides könne für Mutter und Kind gefährlich sein. Warnzeichen, bei denen Schwangere unbedingt zum Arzt gehen sollten, sind generell: Rhythmisches Ziehen im Bauch, Schmerzen oder Blutungen.

Wenn eine Frau beruflich schwer heben muss, kann sie ihrem Chef auch schon vor der zwölften Woche von ihrer Schwangerschaft erzählen, am besten so früh wie möglich. Dann greift der Arbeitsschutz. Möchte sie das auf keinen Fall oder hat eine Frau aufgrund einer vorangegangenen Fehlgeburt große Angst, sollte sie sich an ihren Arzt wenden. "Gesunde Schwangere sollten ihrer Arbeit nachgehen", sagt Nawroth. Die Beschäftigung halte den Kopf frei und lenke vom Grübeln ab. Außerdem ist Bewegung für Schwangere gut.

Wie das Gesetz Schwangere schützt