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Gerade noch genießt man seine Schwangerschaft in vollen Zügen, hat lauter Pläne für die letzten Wochen bis zur Geburt. Und dann das: Einen Arztbesuch später reduziert sich der eigene Radius auf zwei Quadratmeter Sofa. Diagnose: vorzeitige Wehen, die Gynäkologin verordnet eine Auszeit im Liegen. Es ist die häufigste Ursache, die Schwangere zur Bettruhe zwingt, glücklicherweise oft nur für kurze Zeit. "Sonst besteht die Gefahr, dass sich der Muttermund öffnet oder sich der Gerbärmutterhals verkürzt", erklärt Dr. med. Christine Schulz-Züllich, Frauenärztin in Hamburg. Meist ist Stress der Auslöser der Wehen. Durch das Liegen soll die Frau zur Ruhe kommen und der Druck auf den Muttermund nachlassen.

Manchmal müssen Betroffene dafür – zumindest einige Tage lang – in die Klinik, weil sie wehenhemmende Mittel oder eine Spritze für die Lungenreife ihres Ungeborenen bekommen. "Wenn es irgendwie möglich ist, sollte die Schwangere zu Hause liegen dürfen", sagt Schulz-Züllich. Denn in der gewohnten Umgebung gelingt es meist besser, die notwendige Ruhe zu finden. Einfach ist die Situation aber auch dann nicht für die Frauen. Sie kämpfen mit Ängsten, Muskelabbau und Langeweile. Das hilft:

Gegen die Angst hilft Reden

Reden, reden, reden. Über die Angst, dass das Ungeborene Schaden genommen hat. Über die Vorwürfe, sich nicht richtig verhalten zu haben. Über die Machtlosigkeit, die Situation auf einmal nicht mehr in der Hand zu haben. Aber auch über die Sorge, wie man nun den Alltag organisiert. "Wer seine Ängste alleine ausbrütet, kommt nicht zur Ruhe, sondern verfällt in Panik oder eine Depression", so die Gynäkologin. Und dies lässt den Druck auf den Muttermund zu- statt abnehmen. Die Ärztin versucht daher immer, zusammen mit ihren Patientinnen herauszufinden, wer sich für ein Gespräch am besten eignet. Nicht immer ist das der Partner, manchmal ist es eine gute Freundin, die Mutter, die Hebamme oder auch ein Psychologe.

Und: Frauen sollten sich bewusst machen, dass sie ihrem Körper vertrauen können. "Der Körper hat vorzeitige Wehen zum Schutz eingesetzt, und die werdende Mutter hat sie richtig gedeutet", sagt Diplom-Psychologin Katrin Jill Hagemeyer aus Popelau. Es ist noch nichts schiefgegangen zu diesem Zeitpunkt. Riskant wird es erst, wenn die Schwangere die Signale missachtet.

Auch eine positive Visualisierung lenkt die Gedanken in die richtige Richtung. "Denken Sie daran, wie es sein wird, wenn das Baby geboren ist. Lassen Sie Bilder im Kopf entstehen, und stellen Sie sich vor, wie das Kleine aussehen wird oder wie es sich anfühlt, das Baby im Arm zu halten", rät Hagemeyer. Auch mit dem Ungeborenen zu sprechen, ihm zu sagen, wie sehr man sich auf es freut, bringt gute Gefühle. Und vielleicht gelingt es auch, der eigenen Hilfsbedürftigkeit etwas Positives abzugewinnen. "Ich habe Frauen erlebt, die es genießen konnten, sich bemuttern zu lassen, bevor sie die Mutterrolle übernehmen", sagt die Psychologin.

Die Muskeln fit halten

Wenn Schwangere nur liegen dürfen, baut der Körper seine Muskeln leider ziemlich schnell ab. "Nach der Liegezeit haben die Frauen dann Probleme beim Stehen und Gehen", erklärt Schulz-Züllich. Hier beugen sogenannte isometrische Übungen vor: Dabei werden einzelne Muskeln gezielt fünf Sekunden lang angespannt, gehalten und anschließend wieder entspannt.­ Eine einfache, aber sehr effektive Methode, um die Muskulatur zu dehnen und zu kräftigen. "Am besten machen Sie einmal am Tag den Körper von oben nach unten durch. Wiederholen Sie jeden Muskel fünfzehn Mal", rät die Ärztin. Die Gesichtsmuskeln lassen sich zum Beispiel durch Grimassenschneiden aktivieren. Fäusteballen beansprucht die Handmuskulatur; wer die flachen Hände vor der Brust zusammenpresst, trainiert auf diese Weise die Brustmuskulatur.

Den Kreislauf bringen ebenfalls sehr einfache Übungen in Schwung. Zum Beispiel das Fußwippen: Bei ausgestreckten Beinen einfach die Zehenspitzen Richtung Kopf anziehen und dann wieder nach unten strecken. Oder die Füße kreisen lassen, erst rechts, dann links herum. Auch Armkreise machen munter: Arme senkrecht in die Luft strecken, nach hinten absenken, knapp über dem Boden wieder nach vorne bringen und in die Luft hochziehen.

Der Langeweile keine Chance geben

Selbst wenn es Frauen gelingt, die vom Arzt verordnete Auszeit positiv zu sehen, fragen sich viele: Wie bringe ich nur die Zeit herum? "Vielleicht hilft ihnen der Gedanke, dass sie sich so noch einmal auf sich und ihre Interessen konzentrieren können, sofern diese im Liegen möglich sind", sagt die Psychologin Katrin Jill Hagemeyer. Wer beispielsweise gerne liest, kann sich jetzt all die dicken Wälzer vornehmen, die ihn schon immer interessiert haben. Oder Sie lassen sich von Profis vorlesen: mit Hörbüchern. Manchen macht es auch Spaß, einmal ganz bewusst Musik zu hören – nicht nur nebenbei, wie so oft im Alltag, sondern sich wirklich einzulassen auf altbekannte oder ganz neue Klänge.

Und wem das Fernsehprogramm zu fade ist, der bittet seinen Partner, Filme auf DVD mitzubringen. Seit Ewigkeiten keine Stricknadel mehr in der Hand gehabt? Dann ist jetzt ein guter Zeitpunkt, wieder damit anzufangen. "Stricken ist meditativ, und es kommt ein schönes Ergebnis heraus, zum Beispiel das erste Mützchen fürs Baby", sagt Frauen­ärztin Schulz-Züllich. Einen ähnlich beruhigenden Effekt hat es, Tagebuch zu schreiben.

Und: nicht in der Wohnung ein­igeln! "Laden Sie Freunde ein", rät Hagemeyer. Wenn Gäste der Schwangeren jedoch Vorwürfe machen, sie verunsichern oder gar Gruselgeschichten über problematische Schwangerschaftsverläufe erzählen, sollte man sie gleich nach Hause schicken. Sie brauchen das Gefühl, sich nützlich zu machen? Mit einem Laptop lassen sich zum Beispiel eine ausstehende Lohnsteuer­erklärung oder der Elterngeldantrag bearbeiten.

Haushaltshilfe von der Krankenkasse?

Verordnet der Arzt ­einer Schwangeren wegen Komplikationen Bettruhe, kommen die gesetzlichen Krankenkassen für eine Haushaltshilfe auf. Immer wieder lehnen Krankenkassen Anfragen jedoch erst einmal ab. "Lassen Sie sich nicht ­abwimmeln, und bitten Sie Ihren Arzt um Hilfe", rät Psychologin Katrin Jill Hagemeyer. Oftmals fällt das Betroffenen jedoch schwer, da sie sich sowieso sehr hilflos fühlen. Tipp der Expertin: den Partner oder die werdenden Großeltern die lästigen Anrufe übernehmen lassen.

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