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Freude kitzelt im Bauch, Sorgen oder Ängste können dagegen üble Krämpfe verur­sachen – man könnte sagen, unser Bauch ist ein sehr feinfühliges Organ. Forscher fanden heraus, dass sich in unserem Bauch rund 200 Millionen Nervenzellen befinden. Er meldet sich also nicht nur, wenn wir uns den Magen verdorben oder uns einen Infekt eingefangen haben, sondern auch in vielen Situationen, in denen es um Gefühle geht, ganz gleich ob positiv oder negativ, ob bei einem Erwachsenen oder einem Kind.

Haben Schreibabys Bauchschmerzen?

Schon die Kleinsten können betroffen sein: Die sogenannten Dreimonatskoliken können zu ­schier endlosen Schreiattacken führen, vor allem in den frühen Abendstunden. Die Eltern sind oft völlig verzweifelt, weil das Baby sich nicht beruhigen lässt. Hebamme Jessica Mus­tin versucht ihnen dann zu erklären, dass Schreiphasen bei Säuglingen häufig vorkommen und mit der körperlichen Entwicklung zusammenhängen können. "Man darf nicht vergessen, dass der Fetus im Mutterleib zwar ausführlich seine Blase und die Nieren trainiert, der Darm aber noch nicht aktiv ist", so die Leitende Hebamme in der Kieler Universitätsfrauenklinik. "Das ändert sich erst mit der Geburt – dann scheidet der Darm zunächst das Kindspech und später Stuhlgang aus." Auch die Darmflora muss sich noch entwickeln. Häufig wird die Unruhe der Kleinen mit Koliken erklärt, wissenschaftlich ist allerdings nicht bewiesen, dass Babys tatsächlich daran leiden.

Die gute Nachricht für ­Eltern: Nach drei Monaten lässt die Schreierei in aller Regel deutlich nach. Bei akuten Attacken können dem Kleinen Entschäumer-Tropfen, Bauchmassagen (zum Beispiel mit Kümmelöl), Tee mit Kümmel-Anis-Fenchel sowie der Fliegergriff helfen. Übermäßige Luft kann dann besser aus dem Darm entweichen.

Dass der Speiseplan der Mutter schuld ist, wenn Stillkinder an Koliken oder Verstopfungen leiden, dafür gibt es keine wissenschaftlichen Beweise. "Ich beobachte aber immer wieder, dass scharf gewürztes Essen oder bestimmte Gemüsesorten bei den Kleinen zu Verdauungsproblemen führen", sagt Mustin. Nicht zu unterschätzen sei aber auch Stress durch zu viele Besucher oder Unternehmungen während des Wochenbetts: "Das Kind muss dann zu viele Eindrücke verarbeiten. Und dies tut es häufig über den Bauch."

Bei Kindern oft keine körperlichen Auslöser

Klagen kleine Kinder über Bauchschmerzen – und das tun laut KiGGS-Gesundheitsreport immerhin zwei von drei Kindern im Alter bis zehn Jahren regelmäßig – beginnt für Eltern und Ärzte oft die Suche nach der Nadel im Heuhaufen. Zum Glück steckt selten etwas Bedrohliches dahinter.

Häufig kann der Arzt tatsächlich keine körperliche Ursache feststellen, dann wird er wahrscheinlich "funktionelle ­Bauchschmerzen" diagnostizieren. Das bedeutet, dass der Magen-Darm-Trakt prinzipiell gesund erscheint – auch wenn er Schmerzen ver­ursacht.

Woher die funktionellen Beschwerden kommen, ist bis heute nicht ausreichend erforscht. "Vermutlich steckt eine Überempfindlichkeit der Schmerznerven im Darm dahinter, oft infolge eines Magen-Darm-Infektes. Manchmal kann auch eine Entzündung in der Speiseröhre oder ein Hieb in den Bauch der Aus­löser sein. Es entwickelt sich ein Schmerzgedächtnis. Kommt es erneut zu verstärkten Darmbewegungen, reagiert der Körper mit Bauchschmerzen – wie ein Echo auf den zurück­liegenden Vorfall", erklärt Kinder-Gastro­enterologe Dr. Söhnke Dammann, Leitender Oberarzt am Olgaspital in Stuttgart.

Kummer kann auf den Magen schlagen

Kindergartenkindern schlägt manchmal auch Kummer auf den Magen. Sei es ein Streit mit dem Kita-Kumpel, ein Personalwechsel oder eine Veränderung in der Familie. Das kann zum Beispiel die Geburt eines Geschwisterchens sein, ein Umzug oder Konflikte zwischen den Eltern.

Mediziner schätzen, dass in etwa 90 Prozent der Fälle funktionelle Ursachen der Grund für Bauchschmerzen sind. Ernst nehmen sollten Eltern die Beschwerden trotzdem. "Nur weil kein Infekt sie auslöst, heißt das ja nicht, dass nichts ist. Kleine Kinder simulieren nicht, sie empfinden Schmerzen wirklich", sagt Dammann. Wichtig ist es, einfühlsam auf das Kind einzugehen – eine Kuschelrunde und ein warmer Tee wirken manchmal Wunder. Hilft alles nichts und halten die Beschwerden an, sollten sich Familien mit ihrem Kinderarzt über das weitere Vorgehen besprechen.

Das kann Schmerzen lindern

  • Tee in den Sorten Fenchel oder Anis-Kümmel
  • warmes Kirschkernkissen
  • eine sanfte Bauchmassage
  • Kuscheln und Vorlesen mit Mama oder Papa

Kinder können Schmerzen oft nicht gut lokalisieren

Je jünger die Kinder sind, desto schwieriger lassen sich die Bauchschmerzen einordnen. "Die Kleinen können ihre Schmerzen noch nicht genauer benennen. Das nötige Körpergefühl entwickeln Kinder oft erst im Grundschul­alter", erklärt Dr. Stefan Razeghi, niedergelassener Kinder-Gastroenterologe aus Miesbach. Es kann also sein, dass die kleinen Patienten auch bei Mittelohr-, Hals- oder Blasenentzündung auf ihr Bäuchlein zeigen. Bei einem Magen-Darm-Infekt gesellen sich zu den Bauchschmerzen allerdings meist noch Übelkeit, Erbrechen, Durchfall oder Fieber hinzu.

Kinder-Gastroenterologe Dammann schätzt, dass in 15 bis 20 Prozent der Fälle die Bauchschmerzen organische Ursachen haben. Die Hälfte davon machen banale Magen-Darm-­Infekte aus. "Das trifft häufig Kinder, die neu in die Kita kommen. Dort werden sie mit Erregern bombardiert, die ihr Körper von zu Hause nicht kennt", sagt Dammann. Generell gilt: "Sind Sie unsicher, gehen Sie lieber einmal mehr zum Arzt", rät Razeghi. Vor allem bei Säuglingen: Trinkt das Baby deutlich weniger als üblich, kommt Fieber hinzu oder lässt es sich gar nicht beruhigen, suchen Sie einen Mediziner auf.

Besser zum Arzt

  • Das Kind lässt sich nicht beruhigen.
  • Das Kind wirkt schlapp und abgeschlagen. 
  • Die Bauchdecke fühlt sich hart und angespannt an.
  • Begleiterscheinungen wie Fieber, Erbrechen, Schüttelfrost, Durchfall, Blut im Stuhl oder im Urin treten auf.

Auch Verstopfung kann zu Bauchschmerzen führen

Bei Kindern, die sich allmählich von ihrer Windel verabschieden, führt häufig Verstopfung zu Beschwerden. "Die Kinder können dann den Schließmuskel kontrollieren und verdrücken regelrecht den Stuhlgang, etwa weil es un­angenehm riecht, weil sie weiterspielen möchten oder aus Angst, weil ‚das große Geschäft‘ schon mal weh­getan hat", erklärt Kinderarzt Razeghi.

Verstopfung kann auch eine Folge falscher Ernährung sein – viel Fast Food oder Süßes, zu wenig getrunken, gepaart mit zu wenig Bewegung. Die Bauchschmerzen werden zum Dauer­zustand, treten immer wieder auf. "In diesem Fall könnte eine Ernährungsberatung für die ganze Familie hilfreich sein", so Razeghi.

Klagt ein Kind über einen Zeitraum von zwei, drei Monaten wiederholt über Bauchschmerzen ohne erkennbaren Grund, sprechen Mediziner von chronischen Beschwerden. Der Kinder- und Jugendarzt wird die Familie zur weiteren Abklärung an einen Kinder-Gastro­enterologen oder eine Spezial-­­Sprechstunde in einer Klinik überweisen.

Wenn der Schmerz chronisch ist

Söhnke Dammann stellt bei seinen Pa­tienten im Alter zwischen eineinhalb und vier Jahren auch häufiger die Diagnose Zöliakie. Hierbei handelt es sich um eine Glutenunverträglichkeit, der Dünndarm reagiert mit einer chro­­nischen Entzündung auf ein Getreide-Eiweiß, das sogenannte Klebereiweiß oder Gluten. Die neuesten Zahlen besagen laut Dammann, dass etwa eines von 150 Kindern betroffen ist: "Typischerweise treten mit zwei bis zweieinhalb Jahren plötzlich Symptome wie Misslaunigkeit, Durchfall und Bauchschmerzen auf. Also wenn Kinder in der Regel seit einem oder anderthalb Jahren mit am Familientisch essen und sich ihr Körper gegen das Klebereiweiß in Getreiden wie Weizen, Dinkel, Gerste oder Roggen zu wehren beginnt."

Auch Gedeihstörungen sind ein Hinweis: Das Kind hat kaum Appetit, ist dünn und klein. Bestätigen ein Bluttest und gegebenenfalls eine Magen-Darm-Spiegelung den Verdacht auf  Zöliakie, bedeutet dies eine Ernährungs­umstellung. Das Kind muss auf glutenhaltige Getreide­arten verzichten.

Selten treten bei den Kleinen Probleme wie eine Blinddarm-, Nieren- oder Harnwegsentzündung oder eine Darmeinstülpung auf. In der Regel haben Kinder dann so starke Schmerzen, dass die Eltern gleich zum Arzt oder in die Klinik fahren, wo die Kinder sofort behandelt werden.