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Sie ist unser beliebtestes Verhütungsmittel: die Anti-Baby-Pille. Laut der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung nehmen sie 47 Prozent der Frauen zwischen 18 und 49 Jahren zum Schutz vor einer Schwangerschaft ein. In den meisten Fällen handelt es sich dabei um die sogenannte Mikropille, die eine Kombination aus den Sexualhormonen Östrogen und Gestagen enthält. Seltener verschrieben wird die sogenannte Minipille, die zwei Gestagene und kein Östrogen enthält.

Die Mikro- oder auch Kombipille genannten Präparate mit Östrogen und Gestagen geraten wegen ihrer Nebenwirkungen immer wieder in die Kritik: Bei manchen Frauen verursachen sie eine Gewichtszunahme, anderen schlagen sie auf die Stimmung, wieder anderen spannen die Brüste. Seit 2019 wird vor erhöhtem Depressionsrisiko im Beipackzettel gewarnt. Auch das höhere Risiko für eine Venenthrombose, also die Gefahr eines Blutgerinnsels in den Venen, vor allem den Bein- und Beckenvenen, ist eine bekannte Nebenwirkung. Typische Symptome sind Schmerzen im oder eine Schwellung am Bein. Eine der möglichen Folgen ist eine Lungenembolie. Sie kann mit Atemnot oder Schmerzen in der Brust einhergehen und mitunter tödlich enden.

Pille erhöht das Thrombose-Risiko

Erkranken normalerweise etwa zwei bis vier von 10.000 Frauen pro Jahr an einer Beinvenenthrombose, sind es mit niedrig dosierten Kombinations-Pillen (Mikropillen) etwa dreimal so viele. "Erstanwenderinnen im ersten Anwendungsjahr haben das größte Risiko", sagt Dr. Sabine Segerer, Fachärztin für Frauenheilkunde und Geburtshilfe, Gynäkologische Endokrinologie und Reproduktionsmedizin am Amedes-Zentrum Hamburg. "Im Grunde ist die Thrombose-Gefahr durch die Pille bei jungen Frauen ohne Risikofaktoren aber nicht sehr hoch", so die Expertin. Zum Vergleich: Natürliche Hormonveränderungen lassen das Thrombose-Risiko oft stärker ansteigen. In einer Studie traten in der Schwangerschaft zum Beispiel 29 Fälle pro 10.000 Frauen auf.

Thrombose: Weitere Risikofaktoren kommen hinzu

Trotzdem darf man das Risiko durch die Pille nicht vernachlässigen. Denn bei vielen Frauen kommen noch weitere Faktoren hinzu – und dann steigt die Gefahr für einen Gefäßverschluss weiter an. Zum Beispiel bei Übergewichtigen: Mit zunehmendem Gewicht steigt das Risiko einer Venenthrombose. Bei einem Body-Mass-Index von mehr als 30 um das Doppelte bis Fünffache. Die Einnahme von Kombinationspillen kann das Risiko noch weiter erhöhen.

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Pille

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Ebenfalls eine gefährliche Konstellation: Wenn die Frau bereits eine Thrombose hatte oder in ihrer Familie Thrombosen aufgetreten sind. "Bei familiärer Häufung muss untersucht werden, ob eine sogenannte Faktor-V-Leiden-Mutation oder andere Gerinnungsstörungen vorliegen", sagt Segerer. Manche davon führen in Verbindung mit der Pille zu einem deutlich erhöhten Thromboserisiko. Festgestellt werden sie durch Blutuntersuchungen.

Pille: Auch Schlaganfälle sind häufiger

Aber auch andere Gefäße sind in Gefahr. Gefäßverschlüsse können zum Beispiel zu einem Schlaganfall führen. Als zusätzliche Risikofaktoren dafür gelten unter anderem Rauchen und Bluthochdruck. "Rauchen erhöht das Thrombose-Risiko zum Beispiel um das Achtfache", sagt Segerer.

"Der Arzt klärt all diese Faktoren im Gespräch mit der Patientin ab, bevor er ein bestimmtes Präparat verschreibt", sagt Segerer. Aus den Informationen leitet er ab, welche Pille sich für die Frau eignet. Denn: Das oben genannte Thrombose-Risiko für Frauen, die die Pille nehmen, stellt nur einen Durchschnittswert dar. Die tatsächliche Rate unterscheidet sich von Präparat zu Präparat zum Teil erheblich. "Bei einer überstandenen Thrombose scheiden bestimmte Pillenpräparate zum Beispiel bereits aus", sagt Segerer. "Das gleiche gilt für Frauen, die unter Migräne mit Aura leiden. Diese sollten keine Kombinationspräparate einnehmen. Denn bei diesen Patienten erhöht die Kombinationspille das Risiko um das Sechsfache."

Frauen sollten beim Gespräch mit dem Arzt oder der Ärztin unbedingt auch von sich aus die genannten Punkte ansprechen.

Der Thrombose-Check:

Damit Ihr Frauenarzt oder ihre Frauenärztin die passende Pille für Sie findet, untersucht er Sie gründlich und schätzt Ihr Thrombose-Risiko ab. Dabei fragt er unter anderem:

  • Rauchen Sie? Falls ja, wie viel?
  • Hatten Sie schon einmal eine Thrombose oder Lungenembolie?
  • Gibt es in Ihrer direkten Familie (Eltern, Geschwister) Fälle von Thrombosen, Lungenembolien oder Herzkreislauferkrankungen?
  • Leiden Sie an Bluthochdruck? Nehmen Sie Bluthochdruckmittel?
  • Leiden Sie an einer Gerinnungsstörung?

Pille: Das richtige Präparat

Ob die Pille geeignet ist und welches Präparat infrage kommt, entscheidet der Arzt oder die Ärztin mit Blick auf die individuelle Situation der Patientin. "Es gibt keine Pauschalpille", sagt Segerer. "Man kann von keinem Präparat generell abraten und auch keines für alle empfehlen." Folgende Punkte beeinflussen die Entscheidung des Arztes oder der Ärztin für oder gegen ein bestimmtes Präparat:

  • Östrogene: Ethinylestradiol (EE) ist das am häufigsten verwendete synthetische Östrogen in kombinierten Pillen. Die Deutsche Gesellschaft für Gynäkologie und Geburtshilfe rät zu einem möglichst geringen Ethinylestradiolgehalt, am besten zwischen 20 und 35 Mikrogramm. "Es gibt ohnehin kaum noch Pillen mit höherer Ethinylestradiol-Dosierung", sagt Segerer. Natürliche Östrogene, wie zum Beispiel Estradiol sind seit einigen Jahren in Kombinationspräparaten zugelassen. Kürzlich hat die europäische Arzneimittelbehörde EMA ein weiteres Kombipräparat mit einem natürlichen Östrogen, Estetrol zugelassen. Besonders ist, dass Estetrol im Körper nur während der Schwangerschaft nachgewiesen werden kann. "Präklinische Studien weisen zwar auf eine geringe Beeinflussung der Blutgerinnung hin. Es fehlen jedoch weiterführende Studien, die das Thromboserisiko beobachten. Daher können wir im Moment nicht sagen, ob das Präparat wirklich ein geringeres Thromboserisiko hat als Präparate mit Ethinylestradiol und Levonorgestrel", sagt Segerer. "Daher sollte es nicht bei Hochrisikopatienten eingesetzt werden."
  • Gestagene: Ältere Kombinations-Pillen enthalten Levonorgestrel, Norgestimat oder Norethisteron als Gestagen. "Sie können verschiedene androgene Begleiteffekte haben", sagt Segerer. Das heißt: Bei Frauen mit entsprechender Veranlagung könne sich Akne verstärken, Haarausfall auftreten oder die Körperbehaarung zunehmen. "Diese Nebenwirkungen sollten bei den neueren Präparaten vermieden werden", sagt Segerer.
    Neuere Gestagene – wie zum Beispiel Desogestrel, Gestoden, Dienogest und Drospirenon stehen laut verschiedenen Studien allerdings im Verdacht das Thrombose-Risiko stärker zu erhöhen als ihre Vorgänger. "In der letzten Meta-Analyse zu diesem Thema von 2018 wurde gezeigt, dass Präparate mit den älteren Gestagenen wie Levonorgestrel und Norgestimat hinsichtlich des Thromboserisikos am sichersten sind", sagt Segerer. "Dennoch ist die Wahl des Gestagenanteils einer Pille immer eine individuelle Entscheidung." Es gelte nach den offiziellen Empfehlungen für Ärzte, die Wahl des Präparats auf die Situation und das Risikoprofil der Patientin abzustimmen.

Pille erhöht das Depressionsrisiko

Dass die Hormone in der Antibabypille die Stimmung beeinflussen können, ist ebenfalls schon länger bekannt. Anlässlich der Ergebnisse einer dänischen Studie beschloss das Bundesinstitut für Arzneimittel- und Medizinprodukte jedoch Anfang 2019, dass ein Warnhinweis in den Beipackzetteln aller hormoneller Verhütungsmittel auf ein erhöhtes Depressionsrisiko mit Suizidgefahr aufmerksam machen soll. Der Warnhinweis solle für entsprechende Aufklärung durch Arzt und Apotheker sorgen und Frauen dafür sensibilisieren, bei entsprechenden Symptomen zum Arzt zu gehen, so das Institut. "Da es sich bei der Studie nur um eine Datenbankerhebung handelt, kann kein eindeutiger ursächlicher Zusammenhang hergeleitet werden", sagt Segerer. Dass der Warnhinweis trotzdem aufgenommen wurde, hält sie für sinnvoll. "Wir Ärzte werden von nun ab noch stärker aufklären und bei entsprechenden Symptomen reagieren."

Nebenwirkungen gehen mit der Zeit oft zurück

Im ersten Anwendungsjahr treten die meisten Nebenwirkungen auf. Das betrifft die Thrombosegefahr, das Depressionsrisiko aber auch weitere mögliche Nebenwirkungen wie Gewichtsveränderungen oder Zwischenblutungen. "Große Studien haben gezeigt, dass es unter der Pille zwar zu Gewichtsschwankungen kommt, unter dem Strich aber keine signifikanten Änderungen des Gewichtes auftraten", sagt Segerer. "Individuell kann das aber schon einmal passieren." Ähnliches gelte für andere leichte Nebenwirkungen, zum Beispiel Zwischenblutungen. Im ersten Jahr der Einnahme besteht auch das höchste Risiko für eine Thrombose. Legt man nach dieser Zeit für länger als vier Wochen eine Pillenpause ein, steigt es wieder an. Und zwar so als würde man die Pille zum ersten Mal nehmen. Darauf weist der Berufsverband der Frauenärzte (BVF) hin. "Deshalb lohnt es sich bei leichten Nebenwirkungen, erst einmal abzuwarten und nicht gleich das Präparat zu wechseln", sagt Segerer. Gehen die Probleme nicht zurück, kann die Frau eine andere Pille oder ein anderes Verhütungsmittel ausprobieren.

Diese Grafik wurde von unserem Kooperationspartner nebenwirkungen.de zur Verfügung gestellt (Stand: 14.01.2021)

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