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Feinmotorik gehört nicht gerade zu meinen ausgewiesenen Talen­ten. Ich habe mir mit dem Bügeleisen bereits diverse Brand­narben im Bauchbereich zugefügt und verletze mich beim Kartoffelschälen mit einer derartigen Zuverlässigkeit, dass mein Liebster bestimmte haushaltsnahe Tätigkeiten freiwillig übernimmt. Deshalb überlasse ich Felix auch am ­Wickeltisch sicherheitshalber alles, was gefährlich sein könnte: Fiebermessen im Popo, Baby-­Pediküre, Zäpfchen verabreichen.

Meine Tochter blutet am Zeh! Und ich bin schuld!

Letztens musste ich selber ran. Es war auch wirklich nur ein ganz kleiner, eingerissener Zehennagel, den ich bei Merle stutzen wollte. Das, was ich dann allerdings mit der Babynagelschere anrichtete, machte mich fertig: Merles dicker Zeh blutete. Und ich war schuld. Ich ­hatte mein Kind verletzt. In die Haut geschnitten, oben in die Zehen­­kuppe. Mit zitternden Händen untersuchte ich Merles Fuß. Sie amü­sierte sich mit zwei blutbekleckerten Taschen­tüchern. Ich heulte. Da es sich quasi um eine offene Wunde han­delte, hielt ich es für an­gemessen, den Vater des Kindes unverzüglich zu benachrichtigen.

"Felix, ich ­habe ihr in den Zeh geschnitten", schluchzte ich in den Telefon­laut­sprecher, während ich mit zwei Wattepads vorsichtig die blutende Stelle trocken tupfte. "Ähm, ist er ab?", fragte Felix. "Um Gottes willen, nein!", antwortete ich. "Wieso rufst du dann an?", fragte Felix. "Weil es blutet", wimmerte ich. "Dann mach ein Pflaster drauf", entgegnete Felix.

Auf's Bauchgefühl hören? Nein, schnell zum Arzt!

Ein Verband schien mir angebrachter. Ich forschte im Inter­net über Wickeltechniken von Mullbinden und das Für und Wider von alkoholfreiem Desinfektionsmittel. Und landete in einem Eltern­forum, Thema des Threads: Beulen, Schnitt­wunden, ­wunder Po. Teilnehmer: besorgte Mütter wie ich. "Unbedingt dem Arzt vorstellen!", appellierte Opschwes­terinElternzeit an MamaCora1984, die Klein-Noah mit dem Nagelknipser in den Daumen gezwickt hatte. "Das kann sich böse entzünden, wenn Dreck reinkommt", gab Krümmel­mama kund. Ich betrachtete Merles Zeh. Sind Wattefussel Dreck? Ich wählte die Nummer des Kinderarztes.

Wir warteten eine Stunde zwischen zwei fiebernden Kleinkindern und einem Sechsjährigen mit Norovirus, bis wir ins Sprechzimmer durften. "Ja, wo ist denn die Wunde?", fragte der Kinderarzt, während ich peinlich berührt auf den kaum mehr sichtbaren Minischnitt deutete. "Gerade hat’s noch ganz doll geblutet", versicherte ich kleinlaut. Am Ende bekam Merle ein Pflaster mit Pinguinmotiv – und ich den Rat, doch in Zukunft auf mein gesundes mütterliches Bauchgefühl zu hören. Ähm, gesundes Bauchgefühl? Auch das zählt nicht gerade zu meinen Talenten …